Kupferspulen sind ein zentrales Bauteil in Elektromotoren – bis jetzt. Ein Durchbruch aus Südkorea könnte die Art und Weise, wie Elektromotoren gebaut werden, grundlegend verändern – und damit auch die Zukunft der Elektromobilität. Forscher um Dr. Dae-Yoon Kim vom Korea Institute of Science and Technology (KIST) haben es geschafft, eine Spule für Elektromotoren komplett ohne Metall zu entwickeln. Stattdessen setzen sie auf ein besonderes Hightech-Material: Kohlenstoff-Nanoröhren (Carbon Nanotubes, kurz CNTs).
Carbon statt Kupfer für die Spulen
Im Herzen eines Elektromotors liegen sogenannte Statoren und Rotoren. Die Kupferspulen sind meist Teil des Stators, also des feststehenden Teils des Motors. Wenn Strom durch die Spulen fließt, entsteht ein magnetisches Feld. Dieses Feld wechselwirkt mit dem Rotor (dem drehbaren Teil des Motors), was eine rotierende Bewegung erzeugt – genau das, was gebraucht wird, um Räder anzutreiben oder Maschinen in Bewegung zu setzen. Kupfer wird dabei bevorzugt, weil es eine sehr hohe elektrische Leitfähigkeit besitzt. Dadurch lassen sich Verluste durch Wärme minimieren und der Motor arbeitet effizient. Außerdem lässt sich Kupfer gut formen, wickeln und verarbeiten – ideal für Spulen. Die neue CNT-Spule bietet hier gleich mehrere Vorteile: Sie ist deutlich leichter als Metall, leitet Strom sehr gut, ist mechanisch extrem stabil und leitet Wärme effizient ab.
Das macht sie zu einem perfekten Kandidaten für den Einsatz in modernen Elektromotoren. Carbon-Nanoröhren gelten in der Forschung zwar schon länger als vielversprechendes Zukunftsmaterial für diesen Einsatz. Bisher bestanden aber Probleme, weil bei ihrer Herstellung meist winzige Metallpartikel auf der Oberfläche zurückbleiben, die die Leitfähigkeit und damit die Leistung beeinträchtigen. Die Forscher am KIST haben nun einen neuen Reinigungsprozess entwickelt, der dieses Problem löst.
Dabei nutzen sie die besonderen Eigenschaften von Flüssigkristallen – eine Art "Zwischenzustand" zwischen Flüssigkeit und Feststoff. Diese Technologie ermöglicht es, die CNTs perfekt auszurichten und gleichzeitig störende Metallrückstände zu entfernen – ohne die empfindliche Struktur der Nanoröhren zu beschädigen. Das Ergebnis: CNTs mit deutlich verbesserter elektrischer Leitfähigkeit, die sich erstmals zuverlässig in Elektromotoren einsetzen lassen.
Leichtere Elektromotoren
In E-Autos macht das Gewicht einen entscheidenden Unterschied: Je leichter das Fahrzeug, desto effizienter der Energieverbrauch und desto größer die Reichweite. Ein wesentlicher Bestandteil des Motorengewichts liegt in den schweren Kupferspulen. Kupfer ist außerdem teuer und die Produktion nicht gerade umweltfreundlich. Die koreanischen Forscher haben ihre neue Entwicklung in einem Modellauto getestet und mit einem konventionellen Elektromotor mit Kupferspulen verglichen. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
In dem Praxistest erreichte der Kupfermotor eine Drehzahl von 18.120 U/min und eine Fahrgeschwindigkeit von 1,35 m/s (4,86 km/h), während der CNT-Motor bei 3.420 U/min und 0,52 m/s (1,87 km/h) lag. Doch entscheidend ist das Verhältnis zur Masse: Die CNT-Spule wog nur 78 mg gegenüber 379 mg bei Kupfer. Zwar ist die elektrische Leitfähigkeit von CNTs derzeit noch etwa 7,4-mal geringer als die von Kupfer, doch durch gezielte Materialreinigung und bessere Ausrichtung konnte die Effizienz bereits deutlich gesteigert werden. Zusätzlich punkten CNTs mit hoher Formbarkeit und einem nachhaltigeren Herstellungsprozess.