Ein weißes Wölkchen beim Kaltstart ist kein Problem. Im Winter darf's auch mal ein bisschen länger uas dem Auspuff dampfen, auch das sind wir gewohnt. Und auch Fahrer von Hybridautos kennen das Hüsterchen, das kurz im Außenspiegel sichtbar wird, wenn sich der Verbrenner im Stadtbetrieb nur manchmal zuschaltet. Insoweit sprechen wir hier über vernachlässigbare Qualmwölkchen, die wohl jeder Autofahrer als ganz normale Beobachtung abstempelt. Doch was, wenn der dichte weiße Nebel aus dem Endrohr nicht verschwindet und selbst an warmen Sommertagen über die Straße wabert? Außenstehende entdecken meist schnell, wenn irgendwo jemand eine sprichwörtliche "Fahne" hinter sich herzieht. Betrifft es das eigene Auto, fällt das Problem meist nur auf, wenn man der guten Verkehrsbeobachtung halber vermehrt in den Rückspiegel schaut. Woran kann das liegen? Was ist zu tun? Ist es sicher, noch bis in die Werkstatt zu fahren? Oder reicht es vielleicht, einfach bei der nächsten Inspektion darauf hinzuweisen? Wir erklären weißen Auspuffqualm.
Zunächst ist es wichtig, zu verstehen, woher der Qualm eigentlich kommt. Jeder Pennäler weiß aus dem Physikunterricht: Wo weißer Qualm entsteht, verdampft Wasser, erst recht, wenn ein ordentlicher Temperaturunterschied mitwirkt. Wenn wir zum Beispiel an einem kühlen Morgen einen Verbrenner starten – egal ob Benziner oder Diesel – bildet sich ein paar Sekunden nach dem Motorstart oft ein weißes Wölkchen ums Endrohr. Warum? Weil die heißen Abgase des Motors die kalte Abgasanlage schnell aufheizen, sodass Kondenswasser entsteht. Nichts anderes passiert z.B. wenn wir eine eiskalte Getränkedose aus dem Kühlschrank nehmen. Ist alles erstmal angewärmt, ist das Kondenswasser verdunstet und die Abgase bleiben in der Regel unsichtbar. Und was, wenn's weiter dampft? Logisch: Dann kommt von irgendwo Wasser her, wo keines hin sollte.
Das Kühlsystem kurz erklärt
Aus dem Kaffeebecher im Cupholder oder der Scheibenreinigungsanlage kann schlecht Wasser in den Motor gelangen, also bleibt das Kühlsystem als Fehlerursache übrig. Hier zirkuliert Kühlmittel, der Volksmund spricht auch vom Kühlwasser, das aus entmineralisiertem Wasser besteht, aber versetzt mit Frostschutzmitteln und allerlei Additiven eine fast ölige Konsistenz hat. Man erkennt es am süßlichen Geruch und an der deutlichen Färbung (z.B. rot, blau, grün, lila, rosa, gelb oder orange), die auf die jeweiligen Eigenschaften des Kühlmittels hinweist – das ist wichtig beim Nachfüllen. Die Sinn dieser speziellen Kühlmittel ist vielseitig. Natürlich geht es darum, dass die Flüssigkeit im Winter nicht gefriert und außerdem einen höheren Siedepunkt hat als reines Wasser. Zusätzlich besteht die Aufgabe darin, Verkalkungen zu vermeiden und außerdem als Korrosionsschutz zu dienen, damit sich im Motor nirgends Rost bilden kann. Ob all dies einwandfrei funktioniert, erkennt man schlicht daran, dass die Flüssigkeit nicht milchig oder schmutzig aussieht, sondern klar in ihrer jeweiligen Farbe strahlt.
Die Funktion des Kühlsystems ist simpel. Vom unteren Ausgang des Kühlers aus wird das Kühlmittel zur Wasserpumpe geleitet, die vom Motor selbst angetrieben wird. Die Wasserpumpe (ein kleines Turbinenrädchen) drückt die Flüssigkeit dann (abhängig von der Motordrehzahl unterschiedlich stark) durch die Kühlkanäle im Motorblock. Die umgeben die Zylinder so ähnlich wie die Luft in einer Thermoskanne. Danach geht's zum heißesten Punkt im Kühlsystem: zum Zylinderkopf, wo der Ventiltrieb von den extrem hohen Temperaturen der Abgaskanäle förmlich abgeschirmt wird. Am oberen Kühlmittelflansch verlässt das Kühlmittel den Motor. Über Umwege geht's dann zurück in den Kühler, der durch den Fahrtwind bzw. den Kühlerlüfter die Hitze abführt wie der Heizkörper zuhause im Wohnzimmer. Die Zirkulation beginnt aufs Neue.
Welche Umwege nimmt das Kühlwasser?
Um die Fehlerquelle für unseren weißen Auspuffqualm zu finden, sollten wir neben der Grundfunktion auch den Rest des Kühlsystems verstehen. Im Pkw nutzen wir die Hitze im Kühlsystem nämlich auch zum Heizen. Damit es im Winter schnell mollig im Innenraum wird, ist es wichtig, dass der Motor rasch auf Betriebstemperatur kommt. Dafür ist das Thermostat da. Ein simples Bimetall-Ventil leitet das Kühlmittel im kalten Zustand direkt zur Wasserpumpe zurück und umgeht somit den Kühler. Hier spricht man vom "kleinen Kühlkreislauf". Ist die Flüssigkeit heiß genug, schaltet das Thermostat auf den oben beschriebenen vollständigen Kühlkreislauf um. Dieser Vorgang bewirkt übrigens auch, dass ein Motor seine Betriebstemperatur ohne allzu große Schwankungen halten kann.

Damit das entlüftete Kühlsystem Raum zur Ausdehnung hat, gibt es einen Ausgleichsbehälter. Hier lässt sich neben dem Kühlmittelstand auch Farbe und Optik der Flüssigkeit kontrollieren.
Doch die Umwege gehen noch weiter. Der Wärmetauscher für die Heizung ist prinzipiell nichts anderes als ein weiterer Kühler, der seine Hitze an die Innenraumluft abgibt, statt an den Fahrtwind. Als "Radiator" wird also auch hier Motorhitze abgestrahlt (das wird später nochmal wichtig). Früher wären damit alle Wege des Kühlsystems bereits erklärt. Doch viele moderne Fahrzeuge nutzen einen weiteren Kühler, um das Abgas für die Rückführung in die Brennräume zu kühlen und somit die Stickoxydwerte zu senken. Und es geht noch weiter: Viele Turbomotoren nutzen wiederum einen separaten Kühler, um die Ansaugluft des Motors zu kühlen, die sich ansonsten im heißen Turbolader schnell aufheizt. Kältere Luft ist dichter als warme, entwickelt also in der Verbrennung mehr Leistung. Einige Fahrzeuge, vorwiegend aus dem Premiumsektor besitzen sogar eine Wassgekühlte Lichtmaschine, die ebenfalls an den Kühlkreislauf angeschlossen wird.
Moderne Fehlerquelle: Abgaskühler
Erst qualmte nur der Auspuff, jetzt raucht Ihnen auch noch der Kopf. Wenn das Kühlwasser in einem modernen Durchschnitts-Pkw gleich vier Kühler bzw. Wärmetauscher durchlaufen muss (ist eine Mehrzonen-Klimaanlage an Bord noch einen mehr), könnte man meinen, es gäbe zahlreiche Fehlerquellen. Tatsächlich hat sich aber nur eine darin versteckt, die den weißen Auspuffqualm verschulden kann: der Kühler der Abgasrückführung. Dieser AGR-Kühler – meist etwa im Telefonbuchformat – birgt einige Tücken. Es sind nur feine Alu-Wände und etwas Kunststoff, die die bis zu 1000 Grad heißen Abgase vom Kühlmittel trennen. Undichtigkeiten sind ein Problem. Speziell bei BMW gab es in den letzten Jahren Rückrufe, weil mögliche Leckagen im Extremfall die Kühlmittel-Additive in Brand geraten konnten. Mechaniker anderer Marken wie Mercedes oder aus dem VW-Konzern wissen: Wenn Kühlwasser spurlos verschwindet, ist irgendwo der AGR-Kühler undicht – immerhin ohne Brandgefahr. Genau hier schlummert also das Potenzial, dass Kühlmittel ins Abgas gerät und verdampft. Wegen der oft nur kleinen Leckmengen ist das jedoch nur selten noch am Endrohr sichtbar.
Meistens das Kernproblem: Die Zylinderkopfdichtung
Zieht ein Auto dichte weiße Qualmwolken hinter sich her, weiß jeder Schrauber: Die Zylinderkopfdichtung ist schuld. Und in 99 Prozent der Fälle dürften sie recht haben. Auch der Zylinderkopfdichtung sind wir auf dem Weg durchs Kühlsystem bereits begegnet. Sie sitzt flächig zwischen Motorblock und Zylinderkopf. Ihr Zweck ist es, weder den Druck aus dem Brennraum, noch das Kühlmittel aus seinen Kanälen entweichen zu lassen. Und weil beides nebeneinanderliegt, muss eine einzelne großflächige Dichtung her, die in der Regel aus Metall und Verbundmaterialien besteht. Wie wir bereits gelernt haben, sitzt sie an einer der heißesten Stellen des Motors, verrichtet also Schwerstarbeit. Kommt es nun z.B. durch einen Materialfehler, durch Überhitzung, oder durch kleinsten Verzug des Zylinderkopfs dazu, dass die Dichtung, deren Flächen teils gerade mal einen Millimeter breit sein können, versagt, sind Brennräume und Kühlsystem nicht mehr sauber voneinander getrennt.

Das große dunkle Teil ist die Kopfdichtung. Hier fällt auf, dass nicht nur die vier Brennräume ausgespart sind, sondern auch die Durchführung für die Steuerkette (rechts im Bild). Durch die kleineren Löcher wird Kühlmittel geleitet. Alle restlichen Dichtungen (z.B. Auspuff- bzw. Ansaugkrümmer) müssen beim Wiedereinbau eines Zylinderkopfes ebenfalls erneuert werden.
Weil im Zylinder ja abwechselnd hoher Druck und starker Sog produziert wird, entsteht in Windeseile eine Art Pumpeffekt. Im Verdichtungs- und Verbrennungstakt wird jeweils ein hoher Luftdruck, oft mit kleinen Motorölresten ins Kühlsystem geleitet. Als Folge entstehen Verunreinigungen im Kühlmittel und ein viel zu hoher Druck für Kühler und Schläuche. Die Wassertemperatur schnellt nach oben, und das System kann unter Umständen "Überkochen", wenn dieser Druck entweicht. Im Ansaugtakt geschieht das Gegenteil. Kühlmittel wird wie durch einen Strohhalm in die Brennräume gezogen. Dort hindert es die Verbrennung und wird in sichtbaren Mengen mit dem Abgas ausgestoßen. Hier kommt unsere weiße Fahne her.
Was ist jetzt zu tun?
Sowohl der Überdruck im Kühlsystem, als auch die Feuchtigkeit im Brennraum mögen Motoren gar nicht. Das Risiko der Überhitzung ist hoch. Entsteht also plötzlich und unvorhergesehen eines der hier erklärten Anzeichen, heißt es: Rechts ranfahren, Motor aus! Mit Glück und einem genauen Blick auf die Temperaturanzeige können Sie z.B. auf der Autobahn noch die Fahrt bis zur nächsten Abfahrt riskieren. Auf die Schnelle ist hier nichts mehr zu machen, außer dass Sie vielleicht nach der Abkühlzeit noch aus eigener Kraft auf den Abschleppwagen fahren können. Vorsicht beim Öffnen der Motorhaube, falls der Überdruck zusammen mit kochend heißem Kühlmittel schlagartig entweicht.
So ein Spontanversagen ist zum Glück eher die Ausnahme als die Regel. Häufiger verläuft so ein Fall schleppend und über längere Zeit, z.B. weil die Undichtigkeit nur winzig klein und mit bloßem Auge auch nach der Demontage kaum zu erkennen ist. Dann kann es durchaus einige Monate dauern, bis sich das Phänomen durch Auspuffqualm bemerkbar macht. Früher dürften Sie allerdings auf bräunliche Sprenkel auf der Unterseite der Motorhaube treffen, wenn irgendwo Druck entweicht ist. Das geht damit einher, dass auf dem Kühlwasser im Ausgleichsbehälter ein öliger Film schwimmt, und dass das Motoröl selbst eine schaumig-braune Konsistenz (vgl. Schoko-Milchshake) besitzt, weil durch die Bewegungen im Motor eine Emulsion entsteht. Auch dieser Betriebszustand ist alles andere als ideal, jedoch zumindest noch unproblematisch genug, um bei nächster Gelegenheit die Werkstatt anzusteuern. Übersteigt die Kühlmitteltemperatur den Normalbereich, wird es jedoch auch hier kritisch.
Reparaturkosten für die Zylinderkopfdichtung
In der Werkstatt angekommen, muss das Kühlsystem gespült werden, das Motoröl gewechselt, aber vor allem die Zylinderkopfdichtung getauscht werden. Um den Zylinderkopf demontieren zu können, muss der Ventiltrieb (Steuerkette bzw. Zahnriemen) unterbrochen werden, sodass auch hier in der Regel Neuteile verbaut werden. Auch das geht ins Geld. Die Demontage ist aufwendig und erfordert in aller Regel auch einen Satz neuer Zylinderkopfschrauben, weil es sich dabei um sog. Dehnschrauben handelt, die durch Eigendehnung eine noch höhere Montagefestigkeit gewährleisten. Sie können nur einmalig verwendet werden. Mit großer Sorgfalt, dass kein Schmutz in den Brennräumen landet, müssen dann die Dichtflächen von Motorblock und Zylinderkopf gereinigt werden, bevor die neue Dichtung aufgelegt werden kann. So entstehen unterm Strich meist Kosten von 1.000 bis 1.500 Euro (je nach Fall mit Abweichungen in beide Richtungen). Wichtig ist auch, dass die Reparatur nicht hinausgezögert wird. Manchmal genügt schon eine einzelne kurzzeitige Überhitzung, um den Zylinderkopf zu verformen. Dieses Risiko wächst mit der Länge des Zylinderkopfs, sodass speziell Reihensechszylinder hier noch eine Idee empfindlicher sind. In solchen Fällen muss der Kopf vom Motorenbauer geplant, oder am Ende sogar ein Ersatzteil verbaut werden, was die Werkstattkosten annähernd verdoppeln kann.