Die Lieferkette vom Versandlager bis zur Haustür des Kunden ist ein zentraler Bestandteil des Geschäftsmodells von Online-Händlern. Vor allem der weltweite Platzhirsch Amazon überlässt hier kaum etwas dem Zufall. Neben externen Dienstleistern wie DHL und Hermes setzt das Unternehmen in vielen Märkten auch einen eigenen Lieferdienst ein, der Subunternehmer beschäftigt.
Es ist kaum verwunderlich, dass Amazon auch die Entwicklungen auf dem Gebiet des autonomen Fahrens genau beobachtet. Denn hier gilt, wie auch im Fernverkehr: Mit selbstfahrenden Transportfahrzeugen könnten die Fahrer unterwegs andere Logistikaufgaben übernehmen. Die besser genutzte Zeit führt zu schnelleren Prozessen und Kosteneinsparungen.
Nicht das erste Investment
Vor der Erreichung eines Profits muss investiert werden. Die alte Anlegerweisheit gilt auch für Tech-Firmen. Amazon hat jetzt ein solches Investment mit dem Kauf des Startups Zoox getätigt. Das 2014 in den USA gegründete Unternehmen hat sich auf die Entwicklung elektrisch angetriebener Autos mit autonomer Fahrfunktion spezialisiert. Jetzt hat Zoox sein erstes autonom fahrendes Robo-Taxi präsentiert.
Mobilitäts-Würfel hat 16 Stunden Ausdauer
Das sieht aus, wie man sich ein Robo-Taxi vorstellt. Der 3,63 Meter lange und 1,94 Meter hohe Quader rückt die Räder extrem in die Ecken, setzt auf viele Glasflächen und wenig Design. Im Innenraum stehen sich zwei Zweier-Sitzbänke gegenüber. Ein vorne oder hinten gibt es nicht, denn das Zoox-Robo-Taxi fährt in beide Richtungen. Für Wendigkeit sorgen vier lenkbare Räder. Der Wendekreis soll nur 8,6 Meter betragen. Für ordentlich Reichweite sorgt eine 133 kWh große Batterie. Damit soll das Robo-Taxi bis zu 16 Stunden in Bewegung bleiben und bis zu 120 km/h schnell fahren können. Eine maximale Reichweite oder Ladezeiten werden nicht genannt.
Autonom nach Level 5
Per Lidar, Radar- und Kamerasystemen überwacht der Zoox seine komplette Umgebung über eine Distanz von 150 Meter in alle Richtungen während der Fahrt. Der mehrfach redundant ausgelegte Bordrechner steuert die vollautomatische Fahrt nach dem autonomen Level 5. Die Passagiere werden mit speziellen Airbagsystemen geschützt – egal wo sie sitzen und in welche Richtung sie fahren. Das Robo-Taxi selbst warnt seine Umgebung mit Blinkleuchten an jeder Ecke des Dachs. Für weitere Sichtbarkeit sorgen LED-Lichtelemente rundum. Zustieg erlauben automatische Schiebetüren auf beiden Fahrzeugseiten. Passagiere können ihre mobilen Endgeräte an Bord laden, sich mit dem Taxi vernetzen und Annehmlichkeiten wie Lichtstimmung oder Musik selbst konfigurieren.
Wann die Zoox-Robo-Taxis tatsächlich in den Serienbetrieb gehen, teilt der Hersteller nicht mit. Derzeit testet Zoox in den US-Städten Las Vegas, San Francisco und Foster City. Auch ist nicht bekannt, wann Zoox-Eigentümer Amazon die Robo-Taxis zur Paketauslieferung heranzieht.
Der Online-Händler stellt sich aber, wie bei der Auswahl seiner Kurier- und Paketdienste, auch hier auf mehrere Standbeine. Seit 2019 ist Amazon auch am Zoox-Mitbewerber Aurora beteiligt; außerdem werden Anteile am Elektroautohersteller Rivian gehalten, wo der Versandriese 100.000 Elektrotransporter bestellt hat.
Fazit
Selbstfahrende Transportfahrzeuge dürften in Zukunft die Lieferketten im Fern- und Verteilerverkehr für Online-Händler unterstützen. Der Job der Fahrer wird sich wandeln, sie können unterwegs weitere Aufgaben in der Verwaltung und Planung von Touren übernehmen. Ob es damit für sie weniger stressig wird, bleibt abzuwarten