Im Streben, sich technisch immer weiterzuentwickeln, stellen Firmen manchmal quasi im Vorbeigehen neue Rekorde auf. So scheint es auch bei Yasa gewesen zu sein. Die britische Firma, eine hundertprozentige Tochter der Mercedes-Benz AG, entwickelt derzeit einen neuen Motor für Elektroautos. Die E-Maschine befindet sich noch im Status eines Prototyps, hat aber laut Firmengründer und Technikchef Tim Woolmer einen neuen Weltrekord in Sachen Leistungsdichte aufgestellt.
13,1-kg-Motor leistet 550 kW
Wie Woolmer in einem Post beim sozialen Netzwerk Linked-in schreibt, habe Yasa "letzte Woche inoffiziell (und ein wenig versehentlich!) die höchste Leistungsdichte erreicht, die jemals für einen Elektromotor in seiner Klasse erfasst wurde". Dem Yasa-CTO zufolge leistet der Motor 550 kW (748 PS) und wiegt dabei nur 13,1 Kilogramm. Das ergibt rechnerisch eine – wie Woolmer es nennt – "Leistungsdichte" von 42 kW (57,1 PS) pro Kilogramm.
Damit übertreffe Yasa die bisherigen Benchmarks in dieser Kategorie deutlich: Einerseits einen Motor des Herstellers Helix (650 kW bei 28 Kilogramm ergibt 23,2 kW/kg), zum anderen das Modell HPM-400 von Equipmake (400 kW bei 30 Kilogramm ergibt 13,3 kW/kg). "Es braucht ein erstaunliches Team, um dies zu ermöglichen", so der Oxford-Absolvent weiter.
Das Besondere an den E-Maschinen von Yasa: Es handelt sich um Axialflussmotoren. Diese permanent erregten Synchronmaschinen (PSM) zeichnen sich durch ihre scheibenförmige Bauform und einige weitere technische Besonderheiten aus. Anders als bei den aktuell in E-Autos gebräuchlichen Radialfluss-PSM sitzt der Stator beim Axialflussmotor nicht wie ein Ring außen und der Rotor coaxial darin. Vielmehr bestehen sie aus mehreren Rotor- und Stator-Scheiben bzw. -Ringen, die nebeneinander im Wechsel auf einer Achse sitzen. Der magnetische Fluss verläuft dabei parallel zur Drehachse – daher die Bezeichnung Axialflussmotor. Bei herkömmlichen Synchronmaschinen verläuft der magnetische Fluss eben radial um die Drehachse.
Kleiner, leichter, teurer
Die spezielle Bauart bietet mehrere Vorteile: Axialflussmotoren sind deutlich kleiner und leichter als ihre konventionellen PSM-Pendants und bieten – wie von YASA nun vorexerziert – eine deutlich bessere Leistungsdichte. Gleichzeitig lassen sie sich leichter kühlen, denn die Teile, die am heißesten werden können (die stromdurchflossenen Spulen aus Kupferdraht), sitzen weiter außen und nutzen so eine größere Oberfläche. Andererseits sind Axialflussmotoren noch recht komplex in der Herstellung und damit sehr teuer.
Folgerichtig kommen sie noch nicht für preissensible elektrische Massenautos infrage. Bei einem entsprechend bepreisten Elektro-Edelmodell wie dem künftigen stromernden AMG GT 4-Türer, dessen Vorbote der jüngst von uns ausprobierte Concept GT XX ist, sind sie dagegen an Bord. Für seine neue Sportlimousine peilt Mercedes-AMG eine Leistung von 1.000 kW (1.360 PS) an, die aus drei Yasa-Motoren kommen. Übrigens: Lamborghini verwendet für den Elektro-Part seiner neuen Hybrid-Sportler Temerario und Revuelto ebenfalls Axialflussmotoren von Yasa.
Yasa hat noch mehr vor
Besonders stolz ist Woolmer übrigens auf die Tatsache, dass Yasa für seinen Rekordmotor "keine exotischen Materialien" wie Kobalt-Eisen-Lamellen oder Litzendraht verwendet hat. Zudem sei er nicht im 3D-Druck entstanden, was ihn auf eine Massenproduktion skalierbar machen soll – zu "vertretbaren Kosten" bei typischen Sportwagenvolumina von 10.000 bis 50.000 Einheiten. Zudem kündigt Woolmer an, dass seine Firma "noch nicht fertig" sei: "Wir werden diesen Sommer auf den 'großen Prüfstand' gehen." Und wer weiß, vielleicht folgt dann ja ein "echter", von offizieller Seite bestätigter Weltrekord.