Hanke-Rauschenbach ist an der Uni Hannover und arbeitet dort an Themen wie Wasserstoffelektrolyse, Energiespeichersysteme sowie Dekarbonisierung. Er hat in Leipzig Energie-Technik studiert und über die Brennstoffzelle promoviert.
Den Wasserstoff-Hype der letzten Jahre hält er für übertrieben und irreführend – die nationale Wasserstoffstrategie nicht. Die legt im Wesentlichen dreierlei fest:
- Wofür wir den Wasserstoff in der Zukunft überhaupt benutzen sollen, wie er unserem Energiesystem helfen soll.
- Wie die Infrastruktur dafür aussehen soll.
- Woher der Wasserstoff kommen soll.
Der erste Punkt ist naturgemäß besonders wichtig. Wasserstoff ist keine Energiequelle, sondern ein Energieträger. Heißt: Letzten Endes entsteht er aus erneuerbarem Strom, (aus Sonne, Wind). Deshalb ist für den Professor klar: Spätestens, wenn aus Wasserstoff am Ende einer Anwendung wieder Strom werden soll, ist der direkte Weg (Nutzung des Stroms) der bessere. Laut Hanke-Rauschenbach ist das Auto das beste Beispiel: Bei batterieelektrischer Mobilität gelangt der Strom via Ladeinfrastruktur direkt ins Fahrzeug, das damit fahren kann und den Umweg über den Wasserstoff vermeidet.
Wenn es mit Strom geht, Finger weg von Wasserstoff
Fürs Wasserstoffauto muss aus dem Strom erst Wasserstoff werden, zu dessen Distribution eine andere Infrastruktur nötig ist, und eine Tankstelle für die Autos, in dem der Wasserstoff zurück in Strom verwandelt wird – erst dann kann der das (ebenfalls elektrische) Auto antreiben.
Das klingt banal und ist nicht neu, aber entscheidend, weil mit Kettenwirkungsgradverlusten verbunden. Selbst Hanke-Rauschenbach veranschlagt fürs Wasserstoffauto die doppelte Energiemenge, um die gleiche Mobilitätsleistung zu erzeugen (andere Experten nennen Faktoren über drei). Aber auch so macht der Professor klar: Wenn es batterieelektrisch machbar ist, macht man es auch. Erst wenn ein Vorgang elektrisch nicht darstellbar ist, kann man über Wasserstoff nachdenken oder über synthetische Kraftstoffe.
Wann wir Wasserstoff wirklich brauchen
Das ist in der Mobilität der Fall, wenn große Strecken und große Nutzlasten gefragt sind. Also im Fernlastbereich, im Flugverkehr, im Schiffsverkehr und ggf. beim Bahnverkehr, weil die limitierte Energiedichte den Batterieantrieb zu groß und zu schwer macht. "Teurer wird es dabei aber immer", urteilt der Experte – der Wasserstoffantrieb ist wegen des schlechteren Kettenwirkungsgrades immer die teurere Mobilitätsoption.
So funktionieren grundsätzliche Überlegungen für den Flugverkehr: Kann ein Verkehrsflugzeug batterieelektrisch fliegen? Nein. Allein schon, weil dessen Abfluggewicht erheblich größer ist als das Landegewicht. Ein Airbus verbrennt auf einem Langstreckenflug etwa 35 Tonnen Sprit. Mit einer Batterie landete er genauso schwer, wie er gestartet ist. Man müsste das Fahrwerk, das ganze Konzept völlig ändern. Darum ist sich Hanke-Rauschenbach umgekehrt wie beim Pkw sicher: Batterieelektrische Flugzeuge "werden wir nicht sehen".
Die Wärmepumpe ist das E-Auto des Heizens
Noch deutlicher wird der Wasserstoffexperte übrigens beim Thema Heizen: Das Pendant zum batterieelektrischen Auto im Wärmekontext ist für ihn die Wärmepumpe, die noch effizienter arbeitet als das E-Auto. Laut Hanke-Rauschenbach macht sie aus einer Energieeinheit Strom drei Energieeinheiten Wärme, weil sie Umgebungswärme nutzt. Heizen mit Wärmepumpe ist um den Faktor vier bis fünf effizienter als Heizen mit Wasserstoff. Daher ist sich der Professor auch als Wasserstoff-Experte sicher: Heizen mit Wasserstoff ist so unökonomisch, dass es niemand bezahlen kann.
Dennoch dürfte Wasserstoff für manche Anwendung unumgänglich sein – immer dann, wenn sehr hohe Temperaturen (etwa 1.000 Grad) notwendig sind, die mit der Wärmepumpe nicht darstellbar sind. Also in der Industrie, bei der Glasschmelze und der Stahlerzeugung.
Wenn Sie wissen wollen, an welcher Stelle Wasserstoff die günstigere Variante ist und wo, dann hören Sie sich unseren Podcast mit Prof. Hanke-Rauschenbach an! Da erläutert der Experte auch die Punkte zwei und drei der nationalen Wasserstoffstrategie.