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Porsche forscht zu synthetischen Kraftstoffen
E-Fuels-Pilotanlage in Chile offiziell eröffnet

Porsche setzt verstärkt auf synthetische Kraftstoffe. Zusammen mit seinen Partnern hat der Nobelhersteller nun mit der industriellen Produktion von E-Fuels begonnen.

Porsche E-Fuels Pilotanlage Haru Oni Punta Arenas Chile
Foto: Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG

Porsche will bis 2030 bilanziell CO2-neutral sein und bis dahin 80 Prozent seiner Autos mit E-Antrieb ausrüsten. Doch für Michael Steiner müssen schon vorher andere wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen werden, damit Autos weniger CO2 ausstoßen. Es werde viel zu lange dauern, bis Elektroautos sich so stark durchgesetzt haben, dass sie wesentlich die Emissionen aus dem Verkehr senken können, sagte der Porsche-Entwicklungsvorstand im Oktober 2021 auf dem digitalen auto-motor-und-sport-Kongress in Stuttgart. "Deshalb sind E-Fuels unverzichtbar, wenn man rasche Erfolge bei der CO2-Reduzierung des Verkehrs erreichen will."

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"Wir glauben weiter an den Dreiklang aus klassischen Verbrennern, Plug-in-Hybriden und reinen Elektroautos wie dem Taycan", sagte Steiner bereits einige Monate zuvor. Die Technologie, an der Porsche inzwischen intensiv forscht, sei vor allem deshalb wichtig, weil der Verbrennungsmotor die Autowelt noch viele Jahre dominieren werde. Allein deshalb, weil die Bestandsflotte fast ausschließlich Autos mit Verbrennungsmotoren enthält. "Wir müssen uns damit beschäftigen, wie wir bei diesen Autos den CO2-Fußabdruck besser machen", sagte Steiner beim auto-motor-und-sport-Kongress.

E-Fuels für Bestandsmotoren

Eigene Motoren wolle man für die synthetischen Kraftstoffe nicht entwickeln, auch Anpassungen bei älteren Triebwerken sollen möglichst ausbleiben. "E-Fuels müssen aus unserer Sicht mit bestehenden Motoren funktionieren, weil unsere Fahrzeuge sehr lange gefahren werden", so der Manager. Plug-in-Hybride wiederum könnten dank E-Fuels nicht nur beim elektrischen Betrieb in der Stadt, sondern auch auf der Langstrecke CO2-reduziert fahren.

Für die Herstellung von E-Fuels, die sowohl synthetischer Diesel als auch Benzin oder Gas sein können, ist regenerativer Strom die Grundvoraussetzung. Idealerweise handelt es sich dabei um überschüssigen Wind- oder Solarstrom, den das Netz nicht aufnehmen kann. Mit diesem Strom wird Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff (O₂) und Wasserstoff (H₂) gespalten. Letzterer wird mit Kohlendioxid (CO₂) verbunden, das zum Beispiel als Abfallprodukt aus anderen industriellen Prozessen anfällt und sich auch aus der Umgebungsluft extrahieren lässt.

Vorteile beim Abgasverhalten

Am Ende der Kette stehen Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren, die sich in ihren Grundeigenschaften nicht von erdölbasiertem Sprit unterscheiden, aber CO2-neutral produziert werden. Auch bei den Emissionen, die am Auspuff entstehen, erkennt Porsche bereits nach einer kurzen Forschungs-Phase Vorteile: "Wir sehen weniger Partikel, weniger NOx (Stickstoffoxide; d. Red.) – es geht in die richtige Richtung", sagt Frank Walliser, der bei Porsche die Sportwagen-Projekte leitet, in einem Interview mit der britischen Fachzeitschrift "Autocar".

09/2020, Porsche 356, Ur-911 und 992
Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
Vom alten 356er bis zum neuen 911: Jedes dieser Porsche-Modelle soll perspektivisch mit E-Fuels betrieben werden können.

Porsche will sich vor allem in technischer Hinsicht einbringen. "Wir wollen die E-Fuels im ersten Schritt den konventionellen Kraftstoffen beimischen", sagt Michael Steiner. Gleichzeitig sollen sie im Motorsport, in den Autos der Porsche Experience Center sowie bei der Erstbetankung im Werk verwendet werden. Später will Porsche die Kraftstoffe aber auch selbst designen, damit sie als einziger Sprit verwendet werden können. Denn eins ist klar: Die E-Fuels müssen auch mit Porsches Hochleistungs-Motoren sowie den Triebwerken in Oldtimern funktionieren. Nachteile gegenüber herkömmlichen Kraftstoffen dürfe es nicht geben; als warnendes Beispiel führt Steiner die E10-Einführung an.

Pilotanlage "Haru Oni" offiziell eröffnet

Wie die Produktion der Kraftstoffe funktionieren könnte, testet Porsche im Süden Chiles. In der Stadt Punta Arenas, gelegen in der Region Patagonien, hat der ortsansässige Energiekonzern Andes Mining & Energy (AME) zusammen mit dem Autohersteller sowie Siemens Energy und dem italienischen Stromversorger Enel die Pilotanlage "Haru Oni" aufgebaut. Die internationalen Partner haben die Anlage nun offiziell in Betrieb genommen. Mit dem ersten vor Ort erzeugten synthetischen Kraftstoff betankten die Porsche-Vorstände Barbara Frenkel (Beschaffung) und Steiner einen 911.

Im chilenischen Windpark erzeugt man Porsche zufolge viermal so viel Strom wie in der Nordsee. Dort weht an rund 270 Tagen im Jahr der Wind so stark, dass die Windräder unter Volllast laufen können. Und das sogar günstiger: Nur 15 Euro kostet hier eine Megawattstunde Strom statt 34 Euro in der Nordsee. Das anfangs kleine Volumen der Anlage von jährlich 130.000 Litern soll "bis Mitte des Jahrzehnts" so weit hochgefahren werden, dass bis dahin pro Jahr etwa 55 Millionen Liter synthetischen Kraftstoffs produziert werden. Zwei Jahre später wollen die Partner gar ungefähr die zehnfache Menge herstellen. Logistischer Pluspunkt: Punta Arenas und der nahegelegene Hafen Cabo Negro liegen direkt an der Magellanstraße. Von dort lässt sich der synthetische Kraftstoff in alle Welt transportieren und über die bestehende Infrastruktur verteilen.

Sollte man gut vorankommen mit der Forschung, könnten schon ab 2024 alle weltweit neu verkauften 911 Carrera mit 100 Prozent E-Fuels versorgt werden, so Steiner dem Fachblatt "Automobilwoche" zufolge. Und das, ohne den Verbrennungsmotor per Modifikationen an den neuen Kraftstoff anpassen zu müssen. "Der 911 eignet sich besonders für den Einsatz der E-Fuels", sagt der Entwicklungsvorstand. Legt man den 911-Jahresabsatz 2019 zugrunde, müsste der Sprit für 34.800 Autos reichen.

Investment in E-Fuel-Anlagen-Bauer

Nachdem die ersten Erfahrungen mit Pilotanlagen wie in Chile gesammelt wurden, will Porsche helfen, dass die Kraftstoffe irgendwann auf Industrieniveau produziert werden können. Und ist deshalb im Rahmen einer größeren Finanzierungsrunde bei der Holding Highly Innovative Fuels (HIF) Global LLC eingestiegen, an der die Marke nun etwa 12,5 Prozent der Anteile hält. Das Investment in den Projektentwickler von E-Fuels-Produktionsanlagen, der auch Haru Oni aufgebaut hat und betreibt, kostete 75 Millionen Dollar (aktuell umgerechnet knapp 69 Millionen Euro).

Porsche E-Fuels Pilotanlage Haru Oni Punta Arenas Chile
Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
So sieht Porsches E-Fuel-Pilotanlage im Süden Chiles anfangs aus. Sie soll jedoch schnell wachsen.

Nach der Anlage in Chile sollen in den USA (ab 2023) und in Australien weitere Pendants errichtet werden. An diesen Standorten ist Porsche zufolge ein großes Angebot erneuerbarer Energien vorhanden. In Sachen Australien ist HIF bereits vorangekommen: Auf der vor dem südöstlichen Festland gelegenen Insel Tasmanien soll einer der nächsten Standorte errichtet werden. Mit der dortigen Umweltbehörde hat das Unternehmen eine Absichtserklärung geschlossen, nahe der Stadt Burnie von 2024 an eine weitere E-Fuels-Anlage zu errichten. Sobald sie auf voller Kapazität läuft, sollen dort 100 Millionen Liter E-Fuels pro Jahr entstehen.

Zwei Euro pro E-Fuel-Liter

Noch sei der CO2-neutrale Sprit zwar deutlich zu teuer. "Aber wenn man das skaliert, sehen wir schon eine Chance, dass die Kraftstoffe irgendwann preislich wettbewerbsfähig sind", sagt Steiner. Ab 2026 will Porsche den Sprit für zwei Euro vor Steuern pro Liter anbieten können. Wenn es um den Gesamtpreis geht, fordert der Autohersteller eine faire CO2-Besteuerung für die unterschiedlichen Kraftstoffarten. Im großen Maßstab müsse in dieser Hinsicht politisch und regulatorisch viel passieren.

Weiterer Vorteil synthetischer Kraftstoffe: Für die Lagerung und den Transport kann dieselbe Infrastruktur wie für fossile Kraftstoffe genutzt werden. E-Fuels im Tanker, Bahnwaggon oder Lastwagen, mit dem heute Benzin und Diesel transportiert werden? Kein Problem, sagt Michael Steiner. Und E-Fuels böten eine weitere Perspektive, die für einen Hersteller wie Porsche sehr wichtig ist: einen Einsatz im Motorsport. "Den ersten Kraftstoff aus Chile werden wir unter anderem in unseren Rennwagen des Porsche Mobil 1 Supercup einsetzen", sagt Steiner. In Bezug auf E-Fuels gibt es für den Entwicklungsvorstand "für hochwertigen und nachhaltigen Motorsport keine Alternative".

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Fazit

Ein CO2-neutraler flüssiger Kraftstoff, mit dem Bestandsmotoren betrieben werden können? Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Und Porsche gibt Gas: Schon in wenigen Jahren sollen E-Fuels an der Tankstelle zu vertretbaren Preisen verfügbar sein. Angesichts des enormen globalen Energiehungers sei es wichtig, schnell möglichst viele fossile Kraftstoffe zu ersetzen. "Das ist der entscheidende Punkt", so der Porsche-Entwicklungschef beim auto-motor-und-sport-Kongress 2021.

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