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Forschungs-Institut warnt vor Wasserstoff-Euphorie
E-Fuels verursachen 4-fache CO2-Emissionen

Das Potsdam-Institut für Klimafolgen-Forschung hält den Einsatz von Wasserstoff an vielen Stellen für wenig sinnvoll – dazu zählen auch E-Fuels für Pkw.

Mercedes B-Klasse F-Cell, H2O Hydrogen
Foto: Jacek Bilski

Durch den Einsatz von Ökostrom produzierter Wasserstoff soll ein wichtiger Teil der Energiewende sein. Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgen-Forschung (PIK) weisen jetzt aber in einer im Magazin nature climate change veröffentlichten Studie darauf hin, dass der Einsatz von Wasserstoff als Ersatz für fossile Energieträger teilweise kontraproduktiv ist. Falko Ueckerdt, Leitautor der Studie, betont, dass Wasserstoff zwar ein beeindruckend vielseitiger Energieträger sei, beeindruckend seien aber auch die Kosten und die damit verbundenen Risiken.

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Eine der Schlussfolgerungen der Studie lautet, dass wasserstoffbasierte Energieträger nur dort zum Einsatz kommen sollen, wo eine Elektrifizierung kaum möglich ist. Ueckerdt nennt in diesem Zusammenhang Langstrecken-Flüge, Teile von chemischen Produktionen, die Stahlindustrie und, möglicherweise, auch einige weitere industrielle Hochtemperatur-Prozesse.

Delta Airlines Flugzeug Boeing 767-300
Wo st 01/Wikipedia
Die Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung haben in ihrer Studie ermittel, dass wasserstoffbasierte Treibstoffe nur dort sinnvoll sind, wo keine direkte Elektrifizierung umsetzbar ist - beispielsweise bei Langstreckenflügen.

Drei- bis viermal höherer Treibhausgas-Ausstoß

Bei E-Fuels, also Kraftstoffen, die unter Verwendung von Wasserstoff entstehen, sehen die Potsdamer Wissenschaftler zwar die Vorteile einer besseren Speicherbarkeit als Strom und einer besseren Transportierbarkeit als bei reinem Wasserstoff – aber für die Herstellung des Wasserstoffs sind immense Mengen an Strom nötig, der noch lange nicht als 100-prozentiger Ökostrom zur Verfügung steht. Die Forscher machen in diesem Zusammenhang eine ernüchternde Beispiel-Rechnung auf: Auf Grundlage des Strommixes von 2018 hätte eine Verwendung von wasserstoffbasierten Energieträgern bei Autos, Lkw und Flugzeugen zu einem um drei- bis viermal höheren Treibhausgas-Ausstoß geführt als unter dem Einsatz fossiler Brennstoffe.

Hyundai Tucson Fuel Cell, Wasserstoff, Weltrekord, World Record
Hyundai USA
Wasserstoff gilt als sauber - für seine Erzeugung sind allerdings viel Energie und hochreines Wasser notwendig.

Fünfmal höherer Energieverbrauch

Außerdem weisen die Studien-Autoren darauf hin, dass mit E-Fuels betriebene Autos fünfmal mehr Energie verbrauchen als reine Elektrofahrzeuge. Zum einen verschlinge die Produktion der E-Fuels viel Energie, zum anderen sind die Wirkungsrade von Verbrennungsmotoren erheblich schlechter als die von Elektromotoren.

Hyundai Tucson Fuel Cell, Wasserstoff, Weltrekord, World Record
Hyundai USA
Für die Verwendung im Pkw-Bereich gilt Wasserstoff als zu ineffizient.

1.000 Euro CO2-Vermeidungskosten pro Tonne

Die Forscher rechnen vor, dass aktuell, selbst bei Einsatz von 100 Prozent Ökostrom, die Kosten für die Vermeidung einer Tonne CO2 durch wasserstoffbasierte Kraftstoffe 800 Euro für flüssige und 1.200 Euro für gasförmige Brennstoffe betragen. Im europäischen Emissionshandel kostet eine Tonne CO2 aktuell aber gerade mal 50 Euro. Die Ersteller der Studie gehen davon aus, dass die Vermeidungskosten pro Tonne aufgrund von technologischem Fortschritt, der wiederum von einer steigenden CO2-Bepreisung, massiven Subventionen und Investitionen in die Wasserstoff-Industrie getrieben ist, im Jahr 2050 auf 20 Euro für flüssige und 270 Euro für gasförmige Brennstoffe sinken. Aus diesem Grunde könnten wasserstoffbasierte Brennstoffe bis 2040 kostenmäßig wettbewerbsfähig sein. Dieser Zeitraum sei aber angesichts der Dringlichkeit zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen für Sektoren, in denen eine direkte Elektrifizierung möglich ist, viel zu lang.

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Fazit

Das Ergebnis der Studie der Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgen-Forschung ist klar: Für die meisten Sektoren ist eine direkte Nutzung von elektrischer Energie aus Effizienz- und Kostengründen am sinnvollsten. Dies gilt auch für den Transportsektor – nur bei Langstreckenflügen sehen die Forscher Probleme bei der Umsetzung einer reinen Elektromobilität. Sollte die Politik eher auf wasserstoffbasierte E-Fuels setzen, bedeutet dies eine Verlängerung von Verbrennungs-Technologien, die wiederum in einer verlängerten Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und somit in einem verlängerten Ausstoß von Treibhausgasen münden könnte.

Der Leitautor der Studie zu Wasserstoff-Brennstoffen Falko Ueckerdt betont deshalb: "Solche Brennstoffe als universelle Klimalösung sind ein bisschen ein falsches Versprechen."

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