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Nathalie-Erfinder Roland Gumpert im Interview
Wasserstoff ist ein totaler Wahnsinn!

Warum Wasserstoff tiefe Löcher reißen kann und Methanol viel besser als Treibstoff der Zukunft geeignet ist, verrät uns Roland Gumpert im Interview. Schließlich fährt sein neuer Supersportwagen RG Nathalie mit einer Methanol-Brennstoffzelle. Und die Kunden bekommen den Treibstoff im ersten Jahr sogar geschenkt. Wo bekommt der Fahrer sein Methanol? Auch dafür hat Roland Gumpert ein ungewöhnliches Konzept entwickelt.

Roland Gumpert
Foto: Roland Gumpert
Wie viele Prototypen existieren von der RG Nathalie?

Roland Gumpert: Wir haben jetzt zehn Autos gebaut.

Gehen die später auch in den Verkauf, oder sind das reine Entwicklungsfahrzeuge?

Gumpert: Das zuletzt gebaute ist bereits so ausgereift, das ist unser erstes Serienauto.

Was fehlt noch?

Gumpert: Das Auto ist fertig entwickelt – mit der Brennstoffzelle sind wir bereits 100.000 Kilometer gefahren.

Was war bei der Entwicklung das Schwierigste?

Gumpert: Dass das Getriebe mehr als 1.000 Newtonmeter Drehmoment aushält, war die größte Herausforderung. Das haben wir beispielsweise mit speziellen Gelenkwellen hinbekommen, die dieses Drehmoment aushalten.

Unsere Highlights
Wie arbeitet die in der Nathalie verbaute Methanol-Brennstoffzelle?

Gumpert: Die Methanol-Brennstoffzelle leistet 15 Kilowatt. Sie lädt die Batterie immer, wenn diese zu 95 Prozent entladen ist. Das Aufladen findet immer statt, auch wenn die Nathalie gerade geparkt ist.

Wo bekommen die Nathalie-Fahrer das nötige Methanol her?

Gumpert: Jeder Kunde, der in einer Großstadt mit mindestens 100.000 Einwohnern lebt, kann an einer Methanol-Tankstelle tanken. Dafür mieten wir an einer Tankstelle eine Diesel-Zapfsäule, die wir auf Methanol umstellen. Die Umstellung kostet 1.500 Euro, die Zapfsäule 3.000 Euro Miete im Monat. Wer auf dem Land lebt, bekommt von uns das Methanol frei Haus geliefert. In beiden Fällen ist das erste Jahr Tanken im Kaufpreis der Nathalie inbegriffen. Wir erwarten übrigens eine Schneeball-Reaktion: Immer mehr Tankstellen werden Methanol anbieten. In der Schweiz haben wir 2021 bereits ein komplettes Methanol-Tankstellennetz.

Warum haben Sie sich für Methanol und gegen Wasserstoff entschieden?

Gumpert: Wasserstoff ist ein totaler Wahnsinn. Man entwickelt schon seit 30 Jahren an Wasserstoff-Technologien und kann noch 30 Jahre weiterentwickeln und zu keinem Ergebnis kommen. Warum? Wasserstoff ist hochexplosiv. Um genügend Wasserstoff in einem Auto mitführen zu können, muss er im Tank unter einem Druck von 700 bis 800 bar sein. Damit fährt der Kunde auf einer 800-bar-Bombe rum. Wenn die bei einem Unfall explodiert, entsteht ein zehn Meter großes Loch in der Straße und alles ringsherum ist tot. Außerdem kostet eine Wasserstofftankstelle zwischen einer und drei Millionen Euro und aus Sicherheitsgründen darf in einem Umkreis von 300 Meter keine weitere Tankstelle stehen. Und um den 800-bar-Tank zu füllen, braucht man einen Kompressor, der mindestens 1.000 bar Druck erzeugt. Mit dem Energieaufwand für das Tanken von drei Liter Wasserstoff könnte man in einem Diesel-Pkw 200 Kilometer weit fahren.

Wie funktioniert ein Tankvorgang mit Methanol?

Gumpert: Methanol ist flüssig wie Benzin und Diesel – es hat ein etwas geringere Energiedichte. Es hat aber auch den Vorteil, dass es biologisch abbaubar ist – mit einer Bodenverseuchung gäbe es keine Probleme. Außerdem ist es deutlich weniger gefährlich als Benzin: Beim Rennen Indianapolis 500 fuhren die Rennwagen früher mit Benzin – da kam es beim Tanken zu fürchterlichen Explosionen. Dann hat man auf Methanol umgestellt, weil Methanol deutlich weniger explosiv ist. Man hat damals in Amerika ausgerechnet, dass bei 100 Rennunfällen mit einem gerissenen Benzintank, 97 Fahrer sterben würden – bei Unfällen mit einem beschädigten Methanol-Tank kämen drei oder vier Fahrer ums Leben. Methanol ist also deutlich weniger gefährlich als Benzin.

Ist die in der Nathalie eingesetzte Methanol-Brennstoffzelle wegen eines hohen Platin-Gehalts sehr teuer?

Gumpert: In jedem bei Benzinfahrzeugen eingesetzten Katalysator kommt Platin zum Einsatz. In der Brennstoffzelle der Nathalie kommt eins zu ein genauso viel Platin zum Einsatz.

Ein Verbrennungsmotor als Range Extender kam für Sie nicht in Frage?

Gumpert: Nein, das ist eine falsche Vorstellung. Wir haben ein reines Wasserstoffauto. Wir sind nur so schlau, dass wir das Methanol als Wasserstoffträger benutzen. Methanol ist flüssig, es ist transportabel, es kann durch Pipelines laufen und die Herstellung erfolgt aus Wasser ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe. Bevor das Methanol in die Brennstoffzelle gelangt, trennen wir über einen Katalysator den Sauerstoff und den Kohlenstoff heraus, zurück bleibt reiner Wasserstoff. Der Wasserstoff erzeugt Elektrizität und auf der anderen Seite kommt Wasserdampf heraus. Den Sauerstoff und den Kohlenstoff, den wir im Katalysator heraustrennen, haben wir vorher, bei der Methanolproduktion aus der Luft entnommen. Das ist also vollkommen umweltneutral.

Wie schwer ist die Nathalie mit Batterie, Brennstoffzelle und Tank?

Gumpert: Unsere Nathalie wiegt ungefähr 1.800 Kilogramm.

Wie viele Motoren sitzen in der Nathalie?

Gumpert: Die Nathalie hat Allradantrieb – für jedes Rad ist ein Motor mit einer Leistung von 100 Kilowatt (136 PS) zuständig. Die Motoren sind über kurze Gelenkwellen mit den Rädern verbunden. Von Radnaben-Motoren halte ich nichts: Da hängt ein 400-Volt-Kabel direkt am Rad – das ist zu gefährlich. Bei der Nathalie sind die Vorder- und die Hinterachse gleich aufgebaut: Wir haben zwischen dem linken und dem rechten Motor ein Zweigang-Getriebe, dass eine Geschwindigkeit von 300 km/h und eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in 2,5 Sekunden ermöglicht.

Wer liefert die Nathalie-Motoren?

Gumpert: Die kommen von Bosch.

Was kostet die Nathalie?

Gumpert: Die Nathalie kostet 484.330 Euro.

Für wann sind die ersten Auslieferungen geplant?

Gumpert: Die ersten Kunden-Auslieferungen finden im ersten Halbjahr 2021 statt.

Wie viele Nathalies möchten Sie pro Jahr ausliefern?

Gumpert: Wir werden über die nächsten fünf Jahre verteilt 500 Autos bauen. Die meisten Verkäufe werden natürlich in den ersten beiden Jahren stattfinden.

Der Sportwagen ist nach Ihrer ältesten Tochter Nathalie benannt – ist Ihre Tochter mit dieser Namensgebung einverstanden?

Gumpert: Mein älteste Tochter studiert gerade Medizin – und sie war mit dem Namen des Autos zunächst gar nicht einverstanden. Aber die Idee kam auch nicht von mir. Wir arbeiten ja mit dem chinesischen Hersteller Aiways zusammen. Mein Freund und ehemaliger Arbeitskollege Fu Qiang, mit dem ich vor Jahren das Audi-Netz in China aufgebaut habe, ist einer der Gründer von Aiways. Mit ihm habe ich oft über den Namen für unseren Sportwagen gesprochen. Da meinte Qiang, dass meine Tochter ja oft auf seinem Schoß gesessen hätte, und wir deshalb das Auto Nathalie nennen sollten.

Was ist Ihnen am Projekt Nathalie am wichtigsten?

Gumpert: Das ganze Konzept ist in meinen Augen das Zukunftskonzept für die Mobilität unter anderem mit Zug, Schiff und Lastwagen. Die Idee ist, dass Lieschen-Müller-Auto mit 50 PS damit auszustatten. Dann hätten wir weltweit Elektrofahrzeuge, die ihre Elektrizität selbst erzeugen. Zudem lässt sich Methanol sehr einfach herstellen. Dafür kaufen wir CO2. Man muss also für CO2 keine Strafe mehr zahlen, sondern man wird in Zukunft CO2 kaufen müssen. Das dann produzierte Methanol kann man durch Pipelines pumpen und mit Schiffen transportieren und somit weltweit ausliefern. Fossile Rohstoffe sind dann nicht mehr zum Verbrennen da.

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