NAF-Reichweitentest 2025: Lucid Air überragt und ernüchtert

Reichweitentest El Prix von Norwegens Autoclub NAF
Lucid Air ist sowohl Sieger als auch Verlierer

Veröffentlicht am 28.07.2025

Zweimal im Jahr schaut die Elektroauto-Welt gebannt nach Norwegen. Denn wenn der dortige Automobilclub NAF jeweils im Winter und im Sommer jeden Jahres die Ergebnisse seines Reichweitentests "El Prix" veröffentlicht, müssen die Hersteller Farbe bekennen. Die Skandinavier pfeifen nämlich auf Normwerte und WLTP-Angaben, sondern fahren unter Realbedingungen auf öffentlichen Straßen die wahren Reichweiten heraus – und zwar so lange, bis das jeweilige Modell ohne Strom liegenbleibt.

Lucid Air überragt bei der Reichweite

Bei der aktuellen Auflage, dem Sommer-El-Prix 2025, kam der Lucid Air Grand Touring am weitesten. Das überrascht kaum, schließlich kürt sein überragender WLTP-Wert von 960 Kilometern den Kalifornier mit großem Abstand von vornherein zur Messlatte in Sachen Reichweite. Davon konnte der NAF allerdings "nur" 829 Kilometer reproduzieren. Das Minus im Vergleich zur WLTP-Angabe beträgt damit 13,7 Prozent; das ist mit Abstand der schlechteste Wert im 27er-Testfeld. "Aufgrund der längeren Fahrzeit war unser Fahrzeug gegen Ende kälteren Temperaturen und stärkerem Regen ausgesetzt und zusätzlich beeinflusst durch das Höhenprofil der Routenführung", erklärt ein Sprecher den Schatten auf dem ansonsten starken Ergebnis.

Dennoch verwundert die negative Diskrepanz, schließlich stellte der Lucid in just dieser Modellvariante kürzlich einen überragenden, vom Guinness-Komitee verifizierten und ebenfalls auf öffentlichen Straßen herausgefahrenen Reichweiten-Weltrekord auf, der weit über dem WLTP-Normwert lag. Doch die Bedingungen in Skandinavien kamen dem Lucid Air offensichtlich nicht entgegen.

Tesla Model 3 und BMW iX auf dem Podium

Ganz anders bei Tesla. Das Model 3 kam in der Modellversion Long Range mit Hinterradantrieb als Zweitplatzierter 721 Kilometer weit und erreichte ein Plus von 19 Kilometern im Vergleich zur WLTP-Angabe. Der BMW iX xDrive60 belegte den weiteren Podiumsplatz. Er scheiterte zwar knapp an der 700-Kilometer-Marke (siehe Tabelle), machte aber zwischen WLTP-Angabe und realer Weichweite einen Sprung von 23 Kilometern. Es folgen der Polestar 3, der Audi A6 Avant E-Tron und mit dem Tesla Model Y Long Range AWD das E-Modell, das im Test seinen WLTP-Wert am deutlichsten übertrifft (+ 66 km oder 11,3 %).

Das generelle Reichweiten-Niveau verdeutlicht, wie positiv sich die Batterietechnik moderner E-Autos entwickelt hat. Gleich acht getestete Autos schafften mehr als 600 Kilometer; ganze 20 gehören der Ü-500-Kilometer-Fraktion an. Zur Verdeutlichung: Die Reichweiten wurden nicht unter Laborbedingungen, sondern mit richtigen Autos und richtigen Menschen am Steuer auf richtigen Straßen ermittelt. Und keineswegs alle der erfolgreichen Modelle haben Batterien im XXL-Format an Bord.

Exoten am Tabellenende

Am hinteren Ende der Tabelle finden sich vornehmlich Exoten und Nischenmodelle ein. Einem Mercedes G580 mit EQ-Technologie, Lotus Emeya R oder MG Cyberster begegnet man in freier Wildbahn eher selten. Zudem wurden diese Autos sicher nicht mit ganz strengem Reichweiten-Fokus entwickelt. Und der letzte Platz des Skoda Elroq erklärt sich dadurch, dass das 60er-Modell mit vergleichsweise kleinem Akku (59,0 kWh netto) getestet wurde. Immerhin konnte der Tscheche seine WLTP-Angabe weitgehend bestätigen (422 statt 424 km).