Noch in diesem Jahr tritt AMG in eine neue Ära ein. Die Sportdivision von Mercedes stellt ihr erstes komplett selbst entwickeltes, reines Elektroauto vor (siehe Fotoshow). Doch die Affalterbacher wollen eine Falle meiden, in die einige andere Hersteller von Elektro-Sportwagen bereits getappt sind. Ein AMG-Modell müsse "die emotionale Seite des Fahrers ansprechen. Wenn das nicht der Fall ist, erfüllt es seine Aufgabe nicht", sagte Mercedes-Technikchef Markus Schäfer dem britischen Magazin "Autocar" zufolge am Rande der Vorstellung der heißen Elektroauto-Studie Concept AMG GT XX (siehe Video weiter unten im Artikel).
Geräusche machen AMG-Autos aus
Wie sich das in etwa anfühlen und anhören könnte, verriet Mercedes-AMG fast zeitgleich auf seinen Social-Media-Kanälen. In einem Video (nach diesem Absatz) untermalt beim bisher namenlosen Taycan-Rivalen, der als erstes Auto die neue AMG.EA-Plattform ("AMG Electric Architecture") nutzen wird, ein künstlich erzeugter V8-Sound die Beschleunigung. Zudem sind simulierte Schaltvorgänge akustisch wahrnehmbar. Dass das erste AMG-Modell derartige Technologien an Bord haben wird, bestätigte Schäfer im "Autocar"-Gespräch indirekt: "Wie fühlt sich das Auto an, was die Lautstärke, den Geräuschpegel, die Vibrationen und die Schaltvorgänge angeht?" Solche Sachen seien es, die seiner Ansicht nach AMG-Autos ausmachen.
Was das Getriebe angeht, muss der erste Elektro-AMG, dessen Axialflussmotoren in Kombination mindestens 972 PS und ein Drehmoment-Maximum von 1.600 Newtonmetern entwickeln, eigentlich gar nichts simulieren. Dass er ein Zweigang-Getriebe erhält, ist ein offenes Geheimnis: Der erste Gang ist für eine bessere Beschleunigung kürzer übersetzt, während der zweite Gang einen hohen Topspeed sowie einen niedrigen Energieverbrauch bei Reisetempo ermöglicht. Auch der zum Hauptkonkurrenten auserkorene Porsche Taycan, der mit diesem technisch eng verwandte Audi E-Tron GT und der neue Mercedes CLA treten mit Zweigang-Getriebe an.
Mit Schaltwippen am Lenkrad
Der Mercedes Concept AMG GT XX ist ebenfalls mit einem zweistufigen Getriebe sowie mit Schaltwippen am eckigen "Lenkrad" ausgerüstet. Aber allein damit wäre nur ein Schaltvorgang während der Beschleunigungsphase möglich. Im Social-Media-Video sind jedoch deren zwei zu vernehmen, obwohl das Auto darin nicht auf ein hohes Tempo beschleunigt.
Das heißt: Der elektrisch angetriebene Gran Turismo simuliert diese Schaltvorgänge. Wie genau die AMG-Ingenieure das technisch bewerkstelligen, ist bisher nicht ganz klar. Vorbilder für solche Fake-Getriebe bei Elektroautos gibt es inzwischen allerdings genug. Ferrari hatte erst kürzlich ein entsprechendes Patent eingereicht; auch Toyota und Ford scheinen derartige Systeme für künftige E-Modelle einzuplanen. Vorreiter auf diesem Gebiet sind die koreanischen Schwestermarken Hyundai und Kia, die bei ihren sportlichen Elektroautos ein achtstufiges Doppelkupplungsgetriebe nachahmen.
"Echter" V8-Sound auf künstlichem Wege?
Künstlich erzeugte Motorengeräusche wie bei einem Auto mit Verbrennungsmotor sind ein weiteres heißes Thema bei einigen Elektroauto-Herstellern. So hat Dodge bei seinem elektrischen Muscle Car Charger Daytona EV das "Fratzonic"-Abgassystem implementiert, das mit Resonanzkörpern im Heckbereich arbeitet und so einen authentischen Motor-Sound imitieren will, der zum Beschleunigungsverhalten des Autos passt. Wie ein US-V8 klang der E-Charger auf ersten, noch vor Markteinführung veröffentlichten Aufnahmen allerdings nicht.
Dieses typische Klangbild scheint AMG bei seinem neuen Elektromodell besser getroffen zu haben. Dem Vernehmen nach sollen die diesen Sound erzeugenden Lautsprecher im Bereich der Frontscheinwerfer untergebracht sein.