Mercedes-AMG: 4-Zylinder fliegt raus, mehr 6- und 8-Zylinder kommen

AMG setzt verstärkt auf R6- und V8-Motoren
4-Zylinder im 63er-AMG vor dem Aus - folgt ein R6?

Veröffentlicht am 30.06.2025

Als Mercedes im Dezember 2022 den neuen AMG C 63 S E Performance (siehe Fotoshow) vorstellte, waren nur besonders bedeutungsschwere Worte für das Auto und seinen Antrieb groß genug. "Der Gamechanger" sollten das sportliche Mittelklassemodell und sein Plug-in-Hybrid-Layout mit Zweiliter-Vierzylinder-Turbomotor sein. Im Sommer 2023 kam das Modell auf den Markt. Seitdem ist Ernüchterung in Stuttgart und Affalterbach eingekehrt. Kaum jemand kaufte in den seither vergangenen zwei Jahren das Modell und kommt damit in den Genuss des seinerzeit versprochenen "völlig neuen Fahrerlebnisses".

"Kein Anklang bei traditionellen Kunden"

Da es dem Mercedes-AMG GLC 63 S E Performance mit identischem Antrieb (siehe Video) und den deutlich zahmeren, weil im geringeren Umfang elektrisch gepushten Sportwagenmodellen Mercedes-AMG SL 43 und GT 43 ähnlich ergeht, scheint die Sportabteilung des schwäbischen Traditionsherstellers einen drastischen Schritt ins Auge zu fassen. Wie das britische Magazin "Autocar" mit Berufung auf einen "hochrangigen Insider" berichtet, steht der Vierzylinder nämlich kurz vor der Ablösung. Demnach habe der Antrieb "bei unseren traditionellen Kunden keinen Anklang gefunden. Das haben wir erkannt", so die namentlich nicht genannte Quelle.

Eine offizielle Bestätigung gibt es von AMG trotz Nachfrage zwar bislang nicht ("keine Äußerung zu Spekulationen"), doch plausibel erscheint die Meldung durchaus. Das hat mehrere Gründe, die über die Ignoranz der potenziellen Kundschaft hinausgehen. Da fällt der Blick beispielsweise auf die Luxusstrategie des Mercedes-Konzerns, wegen der kleinere Baureihen wie die A- und GLA-Klasse bald der Vergangenheit angehören. Und mit ihr die heißen 45er-AMG-Versionen, die ebenfalls den Vierzylinder-Benziner mit der Werkskennung M 139 nutzen.

Vierzylinder-Perspektive in den 43er-Modellen

Ohne diese Modelle wäre es schwer, den Motor in Stückzahlen zu fertigen, die für dessen Rentabilität nötig wären. Zumal – wie erwähnt – die größeren und teureren Vierzylinder-AMGs von der Zielgruppe weitgehend verschmäht werden. Wie auto motor und sport aus Mercedes-Kreisen erfahren hat, soll der Vierzylinder dennoch weiterleben. Allerdings nur auf Sparflamme, und zwar in den 43er-Varianten, die es ja auch bei der C-Klasse gibt. Derartige Einstiegs-Sportmodelle dürften für so manchen stark leistungs- und emissionsbeschränkten Markt weiterhin wichtig bleiben.

Doch in den 63er-Modellen droht dem AMG-Vierzylinder der Garaus – auch wegen der Abgasgesetzgebung der EU. Der "Autocar"-Quelle zufolge würde es nämlich hohe Kosten verursachen, den in den besonders leistungsstarken AMG-Varianten der C- und GLC-Klasse 500 kW (680 PS) sowie maximal 1.020 Newtonmeter starken Antrieb für die künftige Euro-7-Emissionsnorm zu ertüchtigen. "Es besteht kein Zweifel an seinem Potenzial – dies ist einer der anspruchsvollsten Motoren, die wir je gebaut haben", sagt der Insider. "Aber die Investitionen, um ihn EU7-konform zu machen, sind sehr hoch." Wobei ein AMG-Sprecher einschränkt, dass die EU7-Anpassung "grundsätzlich mit technischem Aufwand verbunden" sei, "unabhängig von der Zylinderzahl".

Kein V8 im C 63 – aber ein R6?

Doch wenn AMG seinen Hightech-Vierzylinder ausrangiert – wie will man diesen Verlust auffangen? Wie die Affalterbacher inzwischen offiziell bestätigt haben, entwickeln sie einen völlig neuen V8-Motor, der dem Vernehmen nach eine Flatplane-Kurbelwelle erhält und deshalb sehr hohe Drehzahlen ermöglichen dürfte. Mit Leistungswerten von 585 PS aufwärts könnte das ein emotionales Triebwerk werden, das beispielsweise einem Mercedes-AMG C 63 gut zu Gesicht stehen würde. Allerdings hat AMG-Chef Michael Schiebe der Kombination aus C-Klasse und dem neuen V8-Motor im auto motor und sport-Interview unlängst erst eine klare Absage erteilt.

So führt die Spur zum Dreiliter-Reihensechszylinder-Turbobenziner M 256, wie er samt üppiger Elektrounterstützung aktuell in diversen 53er-AMG-Derivaten zum Einsatz kommt. Im Mercedes-AMG E 53 Hybrid 4-Matic liefert das Gesamtsystem beispielsweise 430 kW (585 PS) und ein höchstmögliches Drehmoment von 750 Newtonmetern. Das sind zwar fast 100 PS weniger als im aktuellen Vierzylinder-PHEV des AMG C 63 S E Performance, doch ein gewisses Tuning-Potenzial birgt der Antrieb sicher – im Zweifel über eine stärkere Elektrifizierung. Möglicherweise lässt sich der Sechszylinder auch einfacher für die Euro-7-Anforderungen ertüchtigen.

Neuer Motor beim Facelift?

Bleibt noch die Frage nach dem Zeitrahmen, die weder der "Autocar"-Insider noch die angefragte AMG-Presseabteilung beantworten wollen. Klar ist: Ein Facelift der aktuellen C-Klasse-Generation (W 206) steht kurz bevor. Die Mittelklasse-Baureihe wird spätestens 2026 aufgefrischt und hat dann natürlich einen überarbeiteten AMG C 63 im Schlepptau. Einen V8-Motor wird dieser – siehe Schiebe-Zitat – nicht unter der Haube haben. Doch betreibt AMG tatsächlich den Aufwand und ersetzt den Vier- durch einen Sechszylinder? Oder kommt der Motortausch erst beim Wechsel zum W 207 zustande? Das werden wir abwarten müssen und weiter mit Spannung verfolgen.