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Langstreckentauglichkeit von Elektroautos
Kann ein E-Auto auch Langstrecke?

Unser Redakteur Luca Leicht kennt die Reichweitenangst, ist sich aber sicher, dass Elektroautos und Langstrecke sich nicht ausschließen müssen. Deshalb hat er es im Selbstversuch ausprobiert.

BMW i3s
Foto: Achim Hartmann

Es ist eine Angst, die wohl jeder Autofahrer kennt: Der letzte Tropfen Sprit ist verbrannt, und der Motor quittiert den Dienst. In meiner Kindheit in den 1990ern gab es von Aral einen Werbespot, den ich damals nicht verstanden habe und bis heute fragwürdig finde. Darin blieb ein Mann mit seinem BMW liegen, weil ihm der Sprit ausgegangen war. Als er feststellte, dass auch der Reservekanister leer war, zuckte er mit den Schultern, lächelte und streifte – akustisch untermalt von Fats Dominos Rock-’n’-Roll-Hymne „I’m Walking“ – vergnügt durch schöne Landschaften, um eine Tankstelle zu suchen und den Kanister aufzufüllen.

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Wie man in solch einer Situation ruhig bleiben soll, ist mir ein Rätsel. Und wenn ich mir vorstelle, wie es ist, mit einem Elektroauto in einer solchen Situation zu stecken – oder besser: zu stehen –, wird mir ganz anders. Denn da hilft weder ein Benzinkanister noch die Powerbank, mit der ich sonst den Akku-Engpass meines Smartphones überbrücke. Aber haben Sie schon mal versucht, den Stromer zur nächsten Ladesäule zu schieben? Schließlich wiegt Audis brandneuer Elektro-SUV E-tron wegen der schweren Batterien kolossale 2,6 Tonnen, und selbst der unten gezeigte BMW i3s kommt trotz Karbon-Karosse auf 1.320 Kilo. Die ließen sich beim Selbstversuch fürs Foto im „Schiebebetrieb“ nur sehr gemächlich in Bewegung setzen. Das ist also keine Option.

Ob ich deshalb weniger gern Elektroauto fahre? Keineswegs, das Reisen ist einfach nur anders als mit einem Verbrenner. Und das sage ich, obwohl ich mit unterschiedlichen Stromern schon mehrfach sehr nah an die magische Marke von null Kilometern Restreichweite kam.

Die Restreichweiten-Lüge

Erst kürzlich war ich mit besagtem i3s aus unserem Dauertest-Fuhrpark unterwegs. Zunächst in der Stuttgarter City, dann 55 Kilometer zu den Schwiegereltern nach Pforzheim und von dort über die Schwäbische Alb ins 135 Kilometer entfernte Ulm, um Freunde aus Studienzeiten zu besuchen. Dort sollte der i3s mit 22 kWh am Ladekabel nuckeln und damit den Heimweg nach Stuttgart sichern. So der Plan für das Wochenende und eigentlich kein Problem.

BMW i3s
www.achim-hartmann.com
Auch wenn der i3s dank Karbon-Karosse nur 1.320 Kilo wiegt, ist Schieben keine alternative Antriebsart.

Bei unserer Reichweitenmessung kam der i3s auf maximal 235 Kilometer, BMW selbst gibt bis zu 285 Kilometer an. Als ich aber nach etwa 140 defensiv gefahrenen Kilometern versuchte, den Drackensteiner Hang mit dem Karbon-Stromer zu erklimmen, sank die prophezeite Restreichweite von 45 auf 11 Kilometer.

Das Ergebnis: feuchte Hände. Der Wechsel von Fahrmodus Eco auf Eco Pro (ohne Heizung und mit reduzierter Leistung) und die Tempomat-Justierung auf 92 km/h brachten was – am Ende standen wir mit 65 km Restreichweite an einer Ladesäule, die ein Toyota Prius blockierte. So ändern sich plötzlich Prioritäten und Nöte: Es war nicht mehr die Frage, ob ich die Ladesäule erreiche, sondern ob das Ladekabel auch lang genug ist.

Es geht aber auch anders. Damit es gar nicht so weit kommen würde, dass nachgeladen werden musste, versuchte ich, mit dem VW e-Golf möglichst stromsparend zu meiner Cousine zu kommen, die mich um Unterstützung bei ihrem Umzug gebeten hatte. Da es dort weit und breit keine Lademöglichkeit gab, drehte ich die Heizung vorsorglich schon bei der Abfahrt herunter und fror bei 3 Grad trotz Schal und Mütze dem Ziel entgegen.

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Da das nichts half, reduzierte ich das Tempo auf 100 km/h, später auf 90 km/h und auf den letzten Kilometern auf 80 km/h – und kam mit ausreichend Restreichweite für den Heimweg, aber aufgrund meines ohnehin knapp bemessenen Zeitplans gut 40 Minuten zu spät zum Möbeltragen. Meinen Rücken hat das erfreut, die stärker strapazierte Verwandtschaft weniger.

Da derartige Unpünktlichkeiten im Arbeitsalltag aber noch schlechter zu verschmerzen sind, planten Kollege Busse und ich für die Fahrt nach Coburg im Hyundai Kona Elektro etwas mehr Zeit ein. Nicht für geringeres Tempo, sondern für einen Zwischenstopp an der Schnellladestation – auf dem Hinweg mit 50 kW und auf dem Rückweg an der 100-kW-Säule, jeweils mit einem Snack und einem kleinen Spaziergang. Plant man von Anfang an diese Zwischenstopps oder eben ein touristischeres Reisetempo ein, ist das kein Problem – Wohnmobilisten oder Caravan-Fahrer wissen, was ich meine. Denn beim Elektroauto heißt es vor allem: In der Ruhe liegt die Kraft.

Fazit

Der Fehler ist die Annahme, dass Reisen im Elektroauto genauso funktionieren wie mit dem Verbrennerwagen. Stattdessen sollte man das E-Auto einfach als eigenes Verkehrsmittel wahrnehmen – wie etwa das Flugzeug oder den Zug. Dort passen sich ja auch alle an die jeweiligen Eigenheiten an, etwa an die halbe Stunde Wartezeit am Flughafen-Gate.

Technische Daten
BMW i3s (33kWh) s
Grundpreis41.150 €
Außenmaße4006 x 1791 x 1590 mm
Kofferraumvolumen260 bis 1100 l
Leistung135 kW / 184 PS bei 4800 U/min
Höchstgeschwindigkeit160 km/h
0-100 km/h7,5 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten