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Lamborghini-Technikvorstand im Interview
Wir beachten die Regeln – bleiben aber emotional!

Lamborghini-Technikvorstand Maurizio Reggiani verspricht, die Marken-DNA konsequent in die Zukunft zu transferieren. Mit eigenständigen Lösungen und klarem Fokus.

Lamborghini-Technikvorstand Maurizio Reggiani
Foto: Lamborghini
Wie kann Lamborghini das typische Markenfeeling, seine DNA in die Zukunft retten?

Der Sian ist unser erster Schritt in die Hybridisierung. Nicht auf konventionelle Art mit einer Batterie und den daraus resultierenden Problemen mit Packaging und Gewicht. Außerdem wollten wir auf Hochvolt-Technik verzichten, da dies großen Einfluss auf das Auto hat. Hybridisierung und Elektrifizierung sind unsere Zukunft, jedoch bei Supersportwagen nicht immer leicht umzusetzen. Unsere Autos müssen extrem sein, mit Saugmotoren als essenziellem Markenbestandteil. Wir sind überzeugt, sie durch Elektrifizierung zukünftig noch stärker zu machen. Aber: Gewicht ist unser Feind. Wir müssen es mit technischen Lösungen kompensieren. Beim Urus ist das dieses Thema etwas einfacher, schon wegen der Konzern-Plattform. Hier bewegen wir uns im Mainstream. Bei Supersportler müssen wir uns dagegen differenzieren, unsere eigene Handschrift behalten.

Unsere Highlights
Wie sieht die aus?

Mit dem Sian beweisen wir der Welt, dass eine kleine Marke wie Lamborghini innovative Lösungen realisieren kann. Mit einem System, dass es so noch nicht gab. Ein 48 Volt-System, das mechanische Energie zurückgewinnt, es in einem Supercapacitor statt einer Batterie speichert und ohne den Umweg wieder ins INTERNAL Getriebe speist. Der Superkondensator spielt dabei seine Vorteile bei Gewicht, Leistung und dem hocheffizienten, symmetrischen Laden und Abgeben von Energie voll aus. Dieser Supercap speichert dreimal so viel Power wie herkömmliche Systeme – ideal für Supersportler. Mag sein, dass Superkondensatoren für andere Anwendungen weniger geeignet sind, zum Beispiel rein elektrisches Fahren. Für den schnellen Wechsel von Laden und Entladen ist es perfekt, denken sie nur an eine kurvige Landstraße mit ständigem Wechsel zwischen Bremsen und Beschleunigen. So ein Supercap ist leicht und kommt ohne Hochvolt-Technik aus, damit auch ohne die aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen. Mit dem Sian beweist Lamborghini, dass es möglich ist einen eigenen Weg zu gehen, ohne Kompromisse bei Gewicht und Package einzugehen.

sport auto Award 2021, Lamborghini Sián FKP37, Serie, Supersportler
Hersteller
Der Sián mit V12-Hybrid ist der leistungsstärkste Lamborghini aller Zeiten.
Was für Kompromisse sind das?

Nun, wer einen 200 Kilo-Akku ins Auto packt, muss alles ändern. Das Chassis versteifen, die Crashvorsorge verändern. Deshalb haben wir gerade einmal 34 Kilo extra in den Sian gepackt. 34 Kilo und 34 PS: das bedeutet ein Kilo pro PS. Sowas schafft kein System mit konventioneller Batterie plus E-Maschine. Im Strada-Modus nutzen wir das System zur Komfortsteigerung, etwa um die Schaltpausen zu füllen. In Sport und Corsa bringt der Supercap es ein blitzschnelles Leistungsplus bis zu Tempo 130 km/h. Beides Vorteile, die unsere Kunden spüren. Diese fahren einerseits durch die Stadt, wollen andererseits in "Corsa" den hammerartigen Schlag beim Schalten spüren. Diese Varianz unterstützen wir mit dem Supercap-System.

Die Kunden stehen auf harte Schläge?

Sie stehen auf schnelles Schalten. Als wir die ISR-Schaltung des Aventador das erste Mal in der Konzern-Gruppe präsentierten, da gab es Verwunderung. Normalerweise schaltet man so sanft und so schnell wie möglich, doch wir wollen etwas Besonderes bieten. Schalten in nur 70 Millisekunden – und das mit einem richtigen Kick. Unsere Kunden lieben das. Fast wie beim Rennwagen mit einem geradeverzahnten Getriebe: Du haust den nächsten Gang rein und – tschack ist der drin.

Und wie stehen die Chancen für Lamborghini, diesen starken Charakter in die Zukunft zu retten trotz immer strengeren Co2- und Geräuschvorschriften?

Es ist klar, dass wir nach den Regeln spielen, alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Aber: Innerhalb dieses Rahmens bleiben wir emotional. Die Hybridisierung bietet die Chance, sowohl umweltfreundlich als auch andererseits aggressiv-sportlich zu sein. Knackpunkt bleibt das Gewicht. Unsere Fahrwerks-Entwickler müssen mit Torque Vectoring, Allradlenkung und Aktivdämpfung das Mehrgewicht kaschieren. Trotzdem: Gewicht ist Physik. Wenn Du leichter bist, bist Du schneller. Daher werden Chassis-Kontrolle und Regelsysteme immer wichtiger, um Supersportler voneinander zu differenzieren. Längsdynamik wird sich dramatisch steigern, wie die aktuelle PS-Inflation zeigt. Am Ende sind das jedoch nur Zahlen, entscheidend bleibt die Querdynamik. Und diese ist ein Sklave des Gewichts. Letztlich geht’s darum, die Dynamik auf den Asphalt zu bringen, dem Fahrer das Gefühl eines leichten Autos zu vermitteln.

Was halten sie von rein elektrischen Autos? Machen die den Verbrennern nicht auch fahrdynamisch das Leben schwer. Schon wegen des sofort anliegenden Drehmoments?

Meine Erfahrung mit schnellen E-Autos ist, dass man mit ihnen zwar objektiv schnell unterwegs ist, es aber kaum spürt. Der Elektromotor täuscht über die wahre Geschwindigkeit hinweg. Beim Verbrenner spürst du die ganze Zeit etwas. Beim Raufschalten, beim Runterschalten. Beim E-Sportler spürt man kaum was.

Gefährlich, oder?

Das hängt vom Fahrer ab. Fakt ist: hier besteht der große Unterschied zwischen konventionellen und elektrischen Autos. Deshalb wird Marken-DNA immer wichtiger. Was erwartet man, wenn man sich ins Auto setzt? Nehmen wir den Audi Q8 und den Urus. Man schleißt die Augen und spürt den Unterschied. Beide sind vergleichbar und doch speziell. In Zukunft wird das immer schwieriger. Stellen wir uns 2030 vor, man sitzt in einem vollelektrischen Lamborghini und in einem Mitbewerber. Wie können wir uns unterscheiden? Wir kosten deutlich mehr, also müssen wir mehr bieten. DNA bedeutet Marke und Gegenwert. Das wird eine der härtesten Aufgaben für uns sein. Die DNA von technischer Seite aus weiterzuentwickeln, zu erhalten, authentisch zu bleiben. Egal, ob Aventador, Huracán, Urus oder ein zukünftiger Hybrid. Wir müssen garantieren, dass Kunden, Journalisten und alle anderen spüren: Lamborghini ist bleibt etwas Besonderes. Wir müssen uns von den Mitbewerbern unterscheiden, den externen und den internen im Konzern. Der Kunde zahlt mehr und er muss auch mehr bekommen.

sport auto Award 2021, Lamborghini Urus, Serie, SUV
Dino Eisele
Lamborghini Urus: Auch als SUV ein echter Lamborghini.
Sie haben zwei Spielplätze: die exklusiven Supersportler und den Urus, der auf einer Konzernplattform basiert. Genügt bei dem nicht nur etwas Feintuning?

Ganz im Gegenteil. Es ist manchmal anstrengender, die Gruppe von unseren Wünschen für den Urus zu überzeugen, an die Plattform ranzugehen, als unsere beiden Sportler hier in Sant’Agata weiterzuentwickeln. Hier sind wir klein und unter uns. Kurze Wege, schnelle Entscheidungen. Bei einer konzernweiten Plattform sieht das schon anders aus. Da musst Du mehr Überzeugungsarbeit leisten. Am Ende geht es um Physik. Diese bietet immer die besten Argumente. Das ist das Schöne am Job.

Hilft das auch beim kommenden Huracán?

Was können wir da erwarten? Audi ist unsere Muttermarke. Die wissen genau, was sie tun. Auch in Zukunft. Wir zeigen im Moment mit dem STO, wie wir uns einen Supersportler vorstellen. Alle, die ihn fuhren waren begeistert. Ohne Diskussionen über irgendwelche Details. Ich bin sicher, der STO setzt neue Maßstäbe bei Performance und Fahrspaß. Was auch am V10-Saugmotor liegt.

Und wenn der mal am Ende ist?

Die Politiker haben über das "Game Over" zu entscheiden. Ich glaube nicht, dass es dazu in naher Zukunft kommt. Dennoch gibt es einen Trend und wir gehen mit. Es geht gar nicht anders, wenn etwa Städte Einfahrtbeschränkungen erlassen. Wir haben eine klare Strategie für das nächste Jahrzehnte.

Sind reine Rennstrecken-Autos eine Möglichkeit, supersportliche Saugmotoren am Leben zu erhalten?

Lamborghini wurde mit V12-Motoren geboren. Sie werden solange bleiben, bis jemand bestimmt, dass man Autos überhaupt nicht mehr hören darf, man ansonsten ins Gefängnis kommt. Bestes Beispiel ist der Essenza SCV12. Unsere Kunden verlangen nach so einem emotionalen Biest. Viel Emotion, keine Bevormundung. Und sie verlangen nach einer Handschaltung. Wenn man damit geboren ist, liebt man die Beschäftigung damit. Sie gibt einem das Gefühl des perfekten Schaltvorgangs, die Bestätigung ein guter Fahrer zu sein. Wer am Kurveneingang gefühllos runterschaltet, verliert das Auto. Das macht den Unterschied. Wer heute einen Huracán mit der Lauch Control beschleunigt, kann dabei eine Zigarette rauchen, sich mit dem Radio beschäftigen oder die Landschaft anschauen. Mit einer Handschaltung bist Du beschäftigt, musst dich mit dem Auto synchronisieren. Es hören, riechen, fühlen. Darum geht es bei Lamborghini!

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten