MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"21235320","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}

Gastbeitrag von Robin Engelhardt
4 Gründe gegen die Verbrenner-Verbotsdebatte

Robin Engelhardt, Jahrgang 1999, studiert Maschinenbau. Ihn begeistern nur Elektroautos. Verbrenner-Verbote hält er trotzdem für überflüssig.

Gastbeitrag Robin Engelhardt Warum die Debatte um ein Verbrenner-Verbot vollkommen überflüssig ist
Foto: auto-motor-und-sport.de / Robin Engelhardt

Auslöser für diesen Text ist das ProSieben-Interview mit CDU Kanzlerkandidat Armin Laschet, in dem auch das Thema "Verbot des Verbrennungsmotors" wieder hochkam. Das köchelt seit Jahren vor sich hin und wird in Fachkreisen immer wieder kontrovers diskutiert, zuletzt vor allem mit Blick auf synthetische Kraftstoffe. Ich selbst war lange Zeit für ein Verbrenner-Verbot, bin aber mittlerweile dagegen, aus vier zentralen Gründen.

1. Der Bestand ist das Problem, nicht die Neuzulassungen

Ein Detail, das gerne verloren geht: Es geht unter dem Schlagwort "Verbrenner-Verbot" nicht um ein generelles Verbot aller Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, sondern nur um ein Ende der Neuzulassungen. Der Bestand soll also weiter fahren dürfen, was auch rechtlich gute Gründe hat: Die Fahrzeuge wurden in der Vergangenheit zugelassen, da kann man nicht einfach nachträglich entscheiden, dass diese Fahrzeuge nicht mehr genutzt werden dürfen, es gilt der sogenannte Bestandsschutz.

Unsere Highlights

Eben jener geschützte Bestand ist aber das viel größere Klimaproblem, nicht die Neuzulassungen: Pro Jahr werden im Schnitt etwa 3,3 Mio. Fahrzeuge neu zugelassen, aber 48 Mio. Fahrzeuge sind im Bestand. Angenommen, die Fahrzeuge fahren, egal wie alt sie sind, alle gleich viele Kilometer und sind gleich motorisiert (was nicht stimmt, aber für diese kurze Erklärung ausreichend ist), dann sind die Neuzulassungen nur für knapp 7 % der Emissionen verantwortlich, der Bestand aber für mehr als 93 %.

Damit wird klar: Entscheidend ist nicht, zu einem fixen Enddatum die Neuzulassungen zu beenden, sondern schon so früh wie möglich dafür zu sorgen, dass weniger neue Verbrenner in den Bestand kommen. Der BAFA-Umweltbonus und die geringere Besteuerung von Elektro-Dienstwagen sind dafür die richtigen Instrumente, das bringt viel mehr als ein Verbrenner-Enddatum.

Ford Mustang Mach-E BMW iX3 Tesla Model Y Jaguar i-Pace Volvo XC40 Recharge Mercedes EQC
Hans-Dieter Seufert
In wenigen Jahren werden Elektroautos auch in der Anschaffung billiger sein als Verbrenner, weil insbesondere die Preise für Batteriezellen immer weiter sinken.

2. Elektroautos setzen sich sowieso durch

Das wichtigste Argument, das bereits für sich stehend ausreichen würde, um diese Debatte aufzulösen: Elektroautos sind langfristig einfach billiger als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Aktuell gilt das vor allem für den Unterhalt, Strom ist zwar nach Energiegehalt teurer als Benzin oder Diesel, durch die vielfach höhere Effizienz sind die Energiekosten aber dennoch niedriger als beim Verbrenner. Außerdem ist der E-Antriebsstrang im Gegensatz zum Ottomotor weitgehend wartungsfrei, auch das spart massiv Kosten ein.

In der Anschaffung sind viele (nicht alle) Elektroautos noch teurer als vergleichbare Verbrenner und die teils sehr geringen Preisunterschiede kommen natürlich durch die hohe staatliche Förderung. In wenigen Jahren werden Elektroautos jedoch auch in der Anschaffung billiger sein als Verbrenner, weil insbesondere die Preise für Batteriezellen immer weiter sinken und auch für andere Bauteile zunehmend Skaleneffekte greifen.

Experten prognostizieren hier unterschiedliche Zeitpunkte, beispielsweise das Jahr 2025 (Boston Consulting Group, Studie aus 2017) oder 2024 (Bain & Company, Studie aus 2020). Danach sind Elektroautos auf jeden Fall billiger, bis dahin ist die Ladeinfrastruktur noch besser und auch die Reichweiten nähern sich der von Verbrennern immer stärker an.

Kurzum: In wenigen Jahren werden Elektroautos fast alles mindestens genauso gut können wie Verbrenner, aber deutlich günstiger sein. Ab diesem Moment gibt es keinen rationalen Grund mehr, sich ein Auto mit Verbrennungsmotor zu kaufen, dann werden deren Neuzulassungen zügig zurückgehen. Ganz von alleine, ohne ein Verbot.

3. Kein Autobauer wird mehr Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren bauen

Immer mehr Hersteller haben Ihren eigenen Ausstieg aus fossilen Antrieben bereits angekündigt, Volkswagen ist unter Herbert Diess wohl das prominenteste Beispiel, aber auch Daimler, BMW, Volvo, Jaguar Land Rover, Ford oder GM setzen alles auf die Batterie und lassen Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe links liegen.

Diese Entscheidungen sind die logische Folge von Punkt 2: Wenn niemand mehr einen Diesel oder Benziner kaufen will, wird sie auch niemand mehr bauen. Und wenn diese Fahrzeuge nicht mehr gebaut werden, muss man sie auch nicht verbieten. Es ist ja auch nicht verboten, auf Einhörnern zu reiten, trotzdem macht das keiner.

Wasserstoffproduktion
Getty Images
Wer eine schnelle CO2-Reduktion erreichen will, widmet seine Kraft lieber dem Ausbau erneuerbarer Energien und nicht Selbstläufern wie dem Elektroauto.

4. Es gibt andere Punkte, die viel wichtiger sind

Es ist nun klar geworden, dass Elektroautos sich von alleine durchsetzen werden, für andere Themen gilt das nicht: So wird beispielsweise der Ausbau der erneuerbaren Energien massiv behindert (ein schönes Beispiel sind Abstandsregeln für Windräder auf Basis fehlerhafter Infraschall-Daten), das wird sich nicht von alleine lösen. Wer eine schnelle CO2-Reduktion erreichen will, widmet seine Kraft lieber solchen Punkten und nicht Selbstläufern wie dem Elektroauto.

Fazit

Die Konfliktlinie verläuft vor allem zwischen FDP und Grünen, während die Union sich nicht so ganz einig ist (in weiten Teilen auch gegen ein Verbrenner-Verbot, Markus Söder hingegen hat sich bereits zweimal (2007 und 2020) dafür ausgesprochen. Mit Blick auf die kommende Bundesregierung, der ziemlich sicher FDP und Grüne angehören werden, sage ich provokant: Grüne, lasst doch dem Lindner seinen Porsche! Der batterieelektrische Antrieb wird sich im PKW in wenigen Jahren durchsetzen, ein Enddatum für den Verbrennungsmotor braucht es dafür nicht, dieses weiter zu fordern, ist nur Populismus.

Genauso populistisch ist aber auch eine FDP, die den Leuten immer wieder erzählt, synthetische Kraftstoffe seien das Allheilmittel, die dem Verbrenner neues Leben einhauchen würden. Das darf, bei fünf Euro pro Liter, stark bezweifelt werden. Gerade die oft bemühte Argumentation, finanziell Schwache können sich kein Elektroauto leisten und müssten deshalb einen Verbrenner fahren, zieht so nicht.

Es wird eher das Gegenteil eintreten: Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor werden durch synthetische Kraftstoffe den gleichen Weg nehmen wie vor 100 Jahren das Pferd: Einst Massenverkehrsmittel sind sie heute nur noch ein Spielzeug für Reiche. Wer es sich leisten kann und Spaß daran hat, soll ruhig weiter mit einem Verbrenner fahren dürfen, aber wer günstig von A nach B kommen will, wird sich bald freiwillig für ein Elektroauto entscheiden, ohne irgendwelche Verbote.

Die Neuzulassungen werden sich in 20 Jahren in einem so homöopathischen Bereich bewegen, dass das dem Weltklima herzlich egal ist.

Robin Engelhardt, Jahrgang 1999, studiert an der TU München Maschinenbau und war nie ein klassischer "Car guy", ihn begeistern nur Elektroautos. Neben seinem Studium testet er als freier Autor jedes neue Elektroauto, das er in die Finger bekommt und legt dabei Wert auf einen möglichst detaillierten und praxisnahen Bericht.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten