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Daimler-Boss Ola Källenius im Interview
„Wir bauen den EQC in zwei Werken“

Interview

Der neue Daimler-Vorstandschef Ola Källenius über die ersten Monate im neuen Job, den Elektro-Luxusliner EQS, die generelle Kritik am Auto – und wo er bei Mercedes die größten Einsparmöglichkeiten sieht.

Ola Källenius
Foto: Daimler
Sie haben auf der IAA die Elektroauto-Studie EQS vorgestellt. Stimmt es, dass sie dieses Auto vorziehen werden und schon im Jahr 2020 bringen?

Nein das stimmt nicht. Wir sind gerade mitten in der Serienentwicklung, Prototypen fahren im Moment. Aber der Serientermin ist nicht allzu weit weg. Mit dieser Studie wollten wir jetzt sozusagen einen Gruß aus der Küche bieten – gerade auch, was das Design bei dieser großen Luxuslimousine der Zukunft betrifft.

IAA 2023
Die ersten Monate ihre Amtszeit sind vorbei: mit Gewinnwarnungen und anderen Problemen – und mit der generellen Kritik am Auto. War alles schwieriger, als Sie erwartet hätten?

Ich finde, wir erleben gerade die spannendste Zeit in der gesamten Automobilhistorie. Schon seit Jahren sehen wir die großen Trends, die die Branche verändern werden. Das größte Thema, auch auf der IAA, ist die Elektrifizierung. Und die verändert alles. Jetzt muss man das bereits Erarbeitete implementieren und die Entscheidungen für die nächste Generation von Fahrzeug-Architekturen treffen, mit denen wir ab 2025 arbeiten wollen. Das alles ist extrem Investitions-intensiv. Wir müssen parallel einen Fuß auf dem Gaspedal haben und einen auf der Bremse.

Was meinen Sie damit?

Wir müssen bei allen Kostenarten und Prozessen effizienter sein und bei den Investitionen sehr präzise in der Frage, wo wir später am meisten zurückbekommen.

Ola Källenius
Daimler
Der Mercedes-Star auf der IAA: die Studie des EQS, der den Luxus der Zukunft mit 700 Kilometern Reichweite und 485 PS kombiniert.
Und die Faszination des Autos, was passiert mit der?

Die geht nie weg, das hat man auch auf der IAA gesehen.

Geht dafür die Zeit der breiten Zustimmung fürs Auto langsam zu Ende?

Individuelle Freiheit und Mobilität sind ein extrem wertvolles Gut. Und wir sehen eindeutig, dass die Leute mobil sein wollen. Und durch das Bevölkerungswachstum weltweit gibt es einen Mehrbedarf an individueller Mobilität. Das Thema ist: Wir wollen das so organisieren, dass unser Fußabdruck auf dieser langen Reise CO2-neutral wird.

Wie?

Sehr viel können wir über Technologie leisten. Durch die Vernetzung der Fahrzeuge sind wichtige Informationen für alle verfügbar, was sich nicht nur auf die Sicherheit sehr positiv auswirkt. Die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen wird sehr wichtig sein, als ein Baustein. Aber dass wir auf individuelle Mobilität verzichten werden, kann ich mir nicht vorstellen

Es gibt gerade heftige Diskussionen um SUV. Wie stehen Sie dazu?

Ich glaube, die Diskussion um die Karosserieform ist die falsche Diskussion. Mit unserem Vorhaben, bis 2039 CO2-neutral zu werden, muss aus dieser schönen Maschine namens Auto eine schöne nachhaltige Maschine werden, unabhängig von der Form des Aufbaus. Und SUV sind nun mal weltweit sehr populär, unter anderem, weil sie ein Gefühl von Sicherheit und Komfort bieten. In den großen Städten in China zum Beispiel verkaufen wir sehr viele siebensitzige SUV. Warum? Chinesen nutzen das Auto für viele verschiedene Zwecke, und am Wochenende sitzen dann auch mal drei Generationen im Auto. Egal, welche Art von Auto wir wählen: Der CO2-Wert muss runter.

Sie müssen sparen. Bauen Sie Stellen ab? Streichen Sie Modelle aus Ihrem Portfolio?

Wir müssen an alle Einsparmöglichkeiten heran. Bei den Modellen schauen wir uns Varianten an und hinterfragen, ob sie wirklich nötig sind und genügend Geld verdienen. Da müssen wir querbeet durch das große Ganze gehen. Materialkosten sind immer der größte Kostenblock, aber auch an die Personalkosten müssen wir ran. Generell ist es wichtig, effizienter zu werden.

Wie sehr tut es Ihnen bei den Kosten weh, dass jetzt Tausende von GLS- und GLE-Modellen aus dem US-Werk auf einem Flughafen bei Bremen stehen und nachgebessert werden müssen?

Die Zwischenlagerung von Fahrzeugen ist im Automobilbereich ein ganz normaler Vorgang. Wir verkaufen um die 200.000 Autos pro Monat. Wir haben uns in den USA sehr ehrgeizige Produktionsziele gesetzt. Und nicht alle Zulieferer konnten da am Anfang mithalten.

Ola Källenius
Picture Alliance
SUV aus den USA, die auf einem Flugplatz bei Bremen zwischengelagert wurden.
Sie hatten insgesamt Produktionsprobleme bei rund 40.000 Fahrzeugen, stimmt das?

Nein, diese Zahl stimmt nicht.

Wann werden Sie das Problem gelöst haben?

Das Problem ist gelöst. Nun ist unser größte Ziel, unsere Fahrzeuge in gewohnter Top-Qualität schnellstmöglich unseren Kunden zur Verfügung stellen zu können.

Immer wieder kommen Vorwürfe des Kraftfahrtbundesamtes an Sie – wegen Dieselmanipulationen. Wann wird das Thema endlich geklärt sein?

Es gilt nach wie vor: Wir arbeiten mit den Behörden konstruktiv zusammen, und zwar von Anfang an, um die Themen abzuschließen.

Was können Mercedes-Fans von Ola Källenius erwarten? Wo setzen Sie ihre Schwerpunkte?

Es geht mir um die individuelle Mobilität von A nach B in einer besonders schönen Form. Was der Mercedes-Fan gewohnt ist, wird noch besser. Wir werden unsere Möglichkeiten nutzen, um das Mercedes-Erlebnis maximal weiter zu entwickeln. Auch bei unseren Elektroautos wie dem EQC ist das Überraschende, dass es keine Überraschung gibt. Ein Mercedes bleibt immer ein Mercedes. Und die beste Zeit fängt jetzt erst an.

Sie haben einige Kooperationen mit BMW. Hätten Sie Audi da auch gerne dabei?

Das muss man von Einzelfall zu Einzelfall prüfen. Grundsätzlich sind Kooperationen sinnvoll, wenn alle Beteiligten davon profitieren.. Das muss man sich aber auch kartellrechtlich anschauen.

Sie stehen ja jetzt vor dem großen Showroom-Launch des Elektroautos EQC. Schaffen Sie die erste Stufe der CO2-Ziele ab 2021?

2020 und 2021 sind sicherlich zwei Jahre, die sehr herausfordernd werden. Wir werden sehen, wo wir landen. Aber wir haben durch die zahlreichen Plug-In-Hybride und 48-Volt-Fahrzeuge im Programm viele Möglichkeiten, die CO2-Ziele zu schaffen. Jetzt kommt es darauf an, was der Kunde kauft. Man kann da zwar Anreize schaffen, aber man kann diesen Faktor nicht kontrollieren. Mittelfristig bin ich aber sehr zuversichtlich.

Ola Källenius
Daimler
"Für den EQC bauen wir eine zweite Produktionslinie in China auf, können also 2020 in zwei Werken produzieren." – Ola Källenius
Es gibt enorme Lieferzeiten bei den Elektroautos wie dem EQC. Was tun Sie dagegen?

Man könnte sich ja auch einfach freuen, dass man von der Nachfrage überrannt wird. Wir waren sicher nicht schüchtern mit unseren Planungen. Aber die Nachfrage auch bei unseren Hybrid-Modellen ist unglaublich. Vielleicht hätten wir noch offensiver in der Planung sein sollen. Für den EQC bauen wir eine zweite Produktionslinie in China auf, können also 2020 in zwei Werken produzieren. Auch bei den Plug-in-Hybriden haben wir die Kapazität jetzt verdoppelt.

Wir haben einen großen Händler-Test zu Elektroautos gemacht, und die Ergebnisse waren verheerend. Die Händler, auch die von Mercedes, scheinen lieber Benziner und Diesel verkaufen zu wollen als E-Autos. Ist das für Sie ernüchternd?

Wir haben alle Händler geschult. Aber vermutlich liegt es auch in der Natur eines Verkäufers, dass er, wenn er noch kein E Auto verfügbar hat, dann aktuell lieber Benziner und Diesel verkaufen möchte. Sobald die Fahrzeuge im Showroom stehen, wird sich dieses Bild sehr rasch ändern, da bin ich mir sicher.

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