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Die Wahrheit über die Schwedenstudie
Emittieren E-Autos mehr CO2 als Verbrenner?

E-Autos schleppen einen dicken CO2-Rucksack aus der Akku-Produktion mit sich herum. Deshalb fahren Verbrenner CO2-ärmer als Batteriefahrzeuge, folgerte das eigentlich renommierte Ifo-Institut. Jetzt gibt es aber neue Berechnungen.

Mercedes EQS
Foto: Daimler AG

2017 erregte eine Studie des schwedischen Umweltforschungsinstituts IVL zur CO2-Bilanz der Batterieproduktion großes Aufsehen und wurde vielfach zitiert – vor allem von Kritikern des E-Autos. Kernaussage der Studie: Die CO2-Emissionen bei der Batterieproduktion, die mit 150 bis 200 kg CO2 pro kWh veranschlagt wurden. Die Forscher wiesen in der Studie mehrfach daraufhin, dass der Wert allenfalls den Ist-Zustand sich sehr schnell verbessernder Produktionsbedingungen reflektiere. Die Empfehlungen: Die Batterieproduktion soll möglichst weitgehend CO2-neutral werden, für E-Autos sollen Akkus mit nicht mehr Kapazität als nötig verwendet werden.

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Batterie als CO2-Rucksack fürs E-Auto

Dennoch fand vor allem der Wert 145 bis 195 kg CO2 pro kWh Batterie vielfach Verwendung in Berechnungen, die zum Schluss kamen, E-Autos hätten eine schlechtere CO2-Bilanz als Verbrenner – beispielsweise in der des Münchner Ifo-Instituts von August 2019 unter Beteiligung von dessen Leiter Hans-Werner Sinn. Die Werte der Schweden entfalten in den Berechnungen des Ifo-Instituts eine besonders ungünstige Wirkung, weil mit einer Haltbarkeit des E-Autos (Tesla Model 3 und des zum Vergleich herangezogenen Mercedes C220 CDI) von nur zehn Jahren bei einer Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometern gerechnet wurde. Zur Erinnerung: das Durchschnittsalter der Autos (nicht das Alter zum Zeitpunkt der Außerbetriebnahme) auf deutschen Straßen liegt bei 9,4 Jahren. E-Autos (inklusive Batterie) dürften in Zukunft nach ersten Erfahrungen eher haltbarer sein als Verbrenner.

Tesla Model 3, Exterieur
Tyson Jopson
Teslas Model 3 gibt es mit 75-kWh-Batterie

Im Ifo-Beitrag verteilt sich die CO2-Menge, die bei der Produktion der 75-kWh-Tesla-Batterie laut Schweden-Studie anfallen (10.875 kg bis 14.625 kg CO2) auf lediglich 150.000 Kilometer. Das Institut formuliert entsprechend vorsichtig, diese Angabe impliziere, „dass für die Produktion und das Recycling der Batterie pro Kilometer Fahrstrecke zwischen 73 Gramm und 98 Gramm an CO2 -Ausstoß anzusetzen sind“. Zusammen mit dem CO2-Ausstoß für die Erzeugung des Fahrstroms (von der Ifo verwendeter Wert: 0,55 kg/kWh; heute vom Umweltbundesamt angegeben: 0,476 kg/kWh) für 15 kWh pro 100 km käme das Tesla Model 3 auf 83 Gramm pro Kilometer. „Rechnet man für die Batterien die erwähnten Zusatzmengen von 73 Gramm bis 98 Gramm hinzu, kommt man auf Werte von 156 Gramm bis 181 Gramm. Daher kommen die Autoren zu dem Schluss, dieser Elektromotor verursache “im günstigen Fall 11% mehr Emissionen als der betrachtete Dieselmotor (141 Gramm), im ungünstigen Fall liegt der Ausstoß jedoch um mehr als ein Viertel (28%) darüber.„

Update für die Schweden-Studie

Am 4. Dezember 2019 veröffentlichten die Forscherinnen des schwedischen Umweltforschungsinstituts IVL ein Update der Berechnungen. Wie schon 2017 angedeutet, kalkulieren die Forscherinnen jetzt mit einem CO2-Eintrag der Auto-Akkus von nur mehr 61 bis 106 Kilogramm pro kWh. Den gesunkenen Wert erklärt die Studie damit, dass die Batteriefabriken jetzt besser ausgelastet sind, dadurch effizienter arbeiten und dass der benötigte Strom zunehmend “grün„ entsteht. Damit ist klar, dass die Folge-Berechnungen des Ifo-Instituts auf Basis der 2017er Werte überholt sind.

VW ID.3 (2020), 1st-Serie
VW
Den ID.3 gibt es auf Wunsch sogar mit 77-kWh-Batterie. Ihn will VW bald 100.000-fach verkaufen.

Unter Einbeziehung der neuen Zahlen dreht sich die Aussage der Ifo-Studie. Denn der CO2-Aufwand für die 75 kWh Batterie sinkt auf 4.575 bis 7.950 kg, bzw. auf 10.950 kg wenn die Forscher die Schwankungsbreite des CO2-Werts auf 146 kg/kWh erhöhen, sobald beispielsweise unsichere Quellen zu CO2-Emissionen von Batteriefabriken in China einfließen. Ein Hinweis, dass auch die Herkunft der Batterien eine große Rolle spielt. Die deutschen Hersteller bemühen sich intensiv um eine CO2-neutrale Herstellung der Akkus für ihre Modelle; VW soll sogar LG Chem dazu verpflichtet haben, für die Batterien des ID.3 grünen Strom zu verwenden, der Gigafactory in Nevada hat Tesla eine riesige Photovoltaik-Anlage an die Seite gestellt.

Was ändert das Update an den Ifo-Berechnungen?

Umgesetzt auf den Ifo-Artikel bringt die Batterieproduktion einen CO2-Eintrag von 30,5 bis 53 g/km. Zusammen mit den 83 Gramm CO2-Emission für den Fahrstrom nach deutschem Mix (laut Ifo) ergeben sich nun 113,5 bzw. 136 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer im Tesla Model 3 gegenüber 141 Gramm für den Diesel-Mercedes. Der aktuell vom Umweltbundesamt angegebenen Wert von 476 Gramm CO2 pro kWh Strom senkt den Ausstoß des Tesla beim Fahren auf 71,4 Gramm. Das macht dann 101,9 bzw. 124,4 Gramm insgesamt pro Kilometer.

Man darf aber auf keinen Fall verschweigen, dass der ungünstigste Fall aus der Schweden-Studie (Batterien unbekannter Herkunft) dem E-Auto nach der Rechnungsweise des Ifo-Instituts 73 Gramm aufbürden würde und das E-Auto damit minimal schlechter (144,4 Gramm) als der Diesel wäre. Aber erstens sind Tesla-Batterien nicht aus unbekannter Herkunft und zweitens könnte man berechtigterweise mit 200.000 statt mit 150.000 Kilometer pro Batterie rechnen. Damit würde der CO2-Beitrag der Batterieproduktion auf rund 55 Gramm CO2 pro Kilometer gesunken. Das Rechenspiel zeigt, welch großen Einfluss Schätzungen und Annahmen auf das Endergebnis haben.

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Hyundai Nexo, Toyota Mirai, Exterieur
Elektroautos sind nur was für den Übergang. Aber ihre Technologie brauchen wir teils auch für Brennstoffzellen-Autos - Wasserstoff ist die Zukunft!

Batterien halten länger als gedacht

Wie lange die Batterie eines Tesla Model 3 wirklich hält, ist schwer abzusehen. Dass es mehr als die vom Ifo-Institut angenommen 150.000 Kilometer sind, darauf gibt die Garantie von Tesla für die 75-kWh-Batterie einen deutlichen Hinweis: Auf seiner deutschen Website verspricht der Hersteller 192.000 km bei Aufrechterhaltung von mindestens 70% der Batteriekapazität über die Garantielaufzeit (von 8 Jahren).

  • Den größten Einfluss auf die CO2-Bilanz alternativer Antriebe hat aber der Strommix:
  • weil “grüner„ Strom auch in anderen Bereichen als dem Verkehr CO2 vermeidet
  • weil er die Akku-Produktion CO2-ärmer macht (und die des Rests vom Auto auch)
  • und weil er die CO2-Emissionen beim Betrieb von E-Autos senkt.

Der Ifo-Artikel nutzt auch diese Erkenntnis zu der Schlussfolgerung, E-Autos emittierten in Summe mehr CO2 als Verbrenner. Man könnte daraus aber genauso gut ableiten, wie wichtig regenerativ erzeugter Strom ist.

Fazit

E-Autos sind nur lokal emissionsfrei. Bei der Gesamtbilanz müssen die CO2-Emissionen, die bei der Produktion der Batterien und der Erzeugung der elektrischen Energie anfallen, unbedingt berücksichtigt werden. Dazu sind viele Schätzungen und Annahmen nötig, die großen Einfluss aufs Ergebnis haben – und sich gut eignen, um ein Wunschergebnis herbeizuführen. Daher ist es ratsam, bei der Auswertung von Studien, Autor und Auftraggeber im Kopf zu haben.

Die so genannte Schwedenstudie fällt nach einem Update (Dezember 2019) erheblich günstiger fürs E-Auto aus. Ein Artikel des Ifo-Instituts vom April 2019 verwendet Zahlen der Schwedenstudie von 2017 und schreibt dem E-Auto eine ungünstigere CO2-Bilanz zu als einem Diesel. Wendet man die Daten aus dem Update der Schwedenstudie auf den Ifo-Beitrag an, dreht sich dessen Aussage um, das E-Auto fährt CO2-ärmer.

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