Im Februar haben wir BMW als Sieger der Antriebswende ausgerufen – weil die Bayern nicht das Ende des Verbrenners propagiert haben, sondern einfach zusätzlich in nahezu jeder Baureihe Elektroversionen anbieten. Man bietet den Kunden eine weitere Wahlmöglichkeit, anstatt auf dem Ende einer anderen rumzureiten. Dass der E-Auto-Absatz von BMW grade beginnt, nachzulassen, dürfte eher darin begründet sein, dass der iX3 im volumenstarken SUV-Segment gerade Pause macht und im Herbst in neuer Generation und als erster Vertreter der Neuen Klasse auf den Markt kommen soll.
Mit der treibt BMW auf die Spitze, was schon länger Strategie ist: E-Autos sehen aus wie die parallel (auf dem gleichen Band) gebauten Verbrenner. Angefangen hat diese Taktik mit dem i4, der dem 4er wie aus dem Gesicht geschnitten scheint, obwohl die E-Version 5 Zentimeter höher ist. Weiter gings mit dem i7 und dem 7er; ok, den finden viele Betrachter unabhängig vom Antrieb alles andere als formschön. Der neue 5er/i5 wirkt gefälliger, auch wenn jetzt die gesamte Baureihe 3,6 Zentimeter höher ist als der Vorgänger (und 10 Zentimeter länger). Dafür unterscheiden sich i5 und 5er im Wesentlichen durch den Modellschriftzug – und selbst hier ist der Unterschied überschaubar.
Gekauft werden Marken, nicht Antriebe
Die Kunden kaufen Autos einer Marke und nicht Antriebe – das scheint die Blech gewordene Erkenntnis hinter dieser Taktik, der sich andere deutsche Hersteller ebenfalls anzunähern scheinen. VW nähert die ID.-Modelle namenstechnisch wieder den erfolgreichen Verbrennermodellen an: Die elektrischen Pendants von T-Roc und Golf werden künftig (2028/2029) auch wieder so heißen, evtl. mit der Zusatzbezeichnung ID. davor. Auch optisch soll die rundliche ID.-Linie schon bei einem neuerlichen ID.3-Facelift weitgehend ausgemerzt werden. Bei Mercedes fielen die technisch hervorragend gemachten, aber optisch erkennbar aerodynamisch optimierten EQE und EQS bislang bei den meisten Kunden durch, weit zurückrudern ist allerdings mitten im Modellzyklus schwierig.
Man wird sich allerdings erinnern, wie BMWs E-Auto-Start ausfiel: Beim i3 war neben der Carbon-Karosse und dem Heckmotor mit der Batterie davor nicht nur das Design ein kompletter Bruch zu Bestandsmodellen. Dass die Optik so extrem polarisierte, dürfte auch damals schon an der offensiven Zurschaustellung des neuen Antriebs gelegen haben – so sieht‘s zumindest der während der Entstehung der E-Erstlings verantwortliche Chef-Designer, Adrian van Hooydonk: "Vor 15 Jahren sollte ein E-Auto anders aussehen, um zu zeigen, aus dem neuen Antrieb kann etwas sehr Gutes entstehen, wenn man es proaktiv angeht. Heute wollen wir dem Kunden den Einstieg in die Elektromobilität möglichst einfach machen. Die Neue Klasse wird sehr modern, aber einen Unterschied wird es nicht mehr geben – von unserer Seite soll kein Druck in die eine oder andere Richtung ausgehen", so Hooydonk in der 200. Folge unseres Moove-Podcasts (hier anhören). Tatsächlich kommt mit der Neuen Klasse auch ein neuer i3 (siehe Bildergalerie), der optisch (und auch sonst) nichts mit dem Erstling zu tun hat, dafür aber aussehen wird, wie der neue 3er mit Verbrenner. Damit hebt BMW die Taktik der Nicht-Differenzierung aufs nächste Level.
Spezifisches E-Auto-Design – schlecht für den Absatz?
Die bescheidenen Verkaufszahlen des i3 hingen schon damals eher an der überschaubaren Reichweite und dem hohen Preis – inzwischen hat der kleine BMW-Stromer eine wachsende Zahl an Fans und ist als Gebrauchter gesucht.
BMW hat das Konzept mit proprietärer E-Auto-Technik und – sagen wir – speziellem Design auch nicht ganz aufgegeben: Ende 2021 kam der iX auf den Markt, der zumindest teilweise aus Carbon besteht und dessen Design durchaus Ähnlichkeiten mit dem des i3 aufweist. In 4,5 Jahren Bauzeit produzierte BMW übrigens rund 130.000 iX; vom i3 verkauften die Münchner 250.000 – in neun Jahren. Auch wenn Preis und Segment nicht vergleichbar sind, geht das also in eine ähnliche Richtung.