Durchbruch bei Akkutechnologie: E-Autos mit 5.000 km Reichweite?

Koreanische Forscher mit Batterie-Durchbruch
Kommen bald E-Autos mit 5.000 km Reichweite?

Veröffentlicht am 22.06.2025

Diese Übersicht der reichweitenstärksten Elektroautos auf dem deutschen Markt (siehe Fotoshow) zeigt es: Noch ist es den Herstellern nicht gelungen, E-Fahrzeuge mit vierstelligen Kilometer-Reichweiten in ihr Angebot aufzunehmen. Selbst der aktuelle Spitzenreiter Lucid Air Grand Touring kommt "nur" höchstens 960 Kilometer weit, und das ermittelt nach der alltagsfernen WLTP-Norm. Und dabei handelt es sich um eine 129.900 Euro teure Oberklasse-Limousine, die sich kaum jemand leisten kann. Wer ein bezahlbares E-Auto der Mittelklasse fährt, muss in der Wirklichkeit mit Reichweiten zwischen 400 und 500 Kilometern vorliebnehmen.

Angesichts dessen erscheint es aus heutiger Sicht extrem unrealistisch, dass Elektroautos in nicht allzu ferner Zukunft sogar bis zu 5.000 Kilometer mit einer Akkuladung schaffen sollen. Und doch kündigen Forscher genau das an.

Zu schön, um wahr zu sein?

Es liegt wohl an der unwahrscheinlich anmutenden Ankündigung, dass die Nachricht etwa zwei Jahre gebraucht hat, um aus den Wissenschafts- und Fachmedien heraus in die umfassendere Medienberichterstattung hineinzusickern. Denn erste Ankündigungen der Forscher von den südkoreanischen Universitäten Pohang University of Science and Technology (Postech) und Sogang University, dass ihnen da ein Durchbruch gelungen sei, gab es schon im Frühjahr 2023. Im März 2024 veröffentlichten die Forscher dann eine umfassendere Abhandlung, wie genau die Reichweiten von E-Autos bald exponentiell steigen könnten. Und die klingen zu schön, um wahr zu sein.

Das Geheimnis liegt dem Team um die Professoren Soojin Park (Chemie), Youn Soo Kim (Materialwissenschaft und -technik) und Jaegeon Ryu (Chemie- und Biomolekulartechnik) zufolge in einem geladenen polymeren Bindemittel für das Anodenmaterial. Demnach wird der bisher übliche Stoff Graphit durch eine Siliziumanode in Kombination mit schichtgeladenen Polymeren ersetzt. Das soll "eine mindestens zehnmal höhere Kapazität als herkömmliche Graphitanoden" bieten und gleichzeitig sowohl stabil als auch zuverlässig sein.

Berlin – Kairo mit einer Akkuladung

Dadurch soll sich die Kapazität eines E-Auto-Akkus um denselben Faktor erhöhen. Und damit auch die Reichweite, die demnach locker 5.000 Kilometer in der realen Welt abbilden soll. Zur Veranschaulichung: Damit ließe sich die Strecke von Berlin nach Kairo auf dem Landweg mit nur einer Batterieladung zurücklegen. Und nicht nur das: Gäbe es ein derart reichweitenstarkes Elektroauto tatsächlich, würde es selbst jene Verbrenner- und Hybridmodelle mit dem größten Aktionsradius, die bei der Reichweite pro Tankfüllung knapp über der 1.000-Kilometer-Marke landen, deutlich abhängen.

Folgt man der Argumentation der koreanischen Wissenschaftler, sind aktuelle E-Autos deshalb in ihrer Reichweite limitiert, weil Graphit als Anodenmaterial verwendet werden muss. Silizium könnte mit seiner höheren Kapazität zwar mehr Energie speichern, fällt nach aktuellem Stand dennoch als Alternative aus. Denn dieser Stoff würde sich während der Reaktion mit Lithium (derzeit sind Lithium-Ionen-Batterien am stärksten verbreitet) in seinem Volumen ausdehnen. Das kann eine Gefahr für die Leistung und Stabilität der Batterien und damit ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Hier kommen die erwähnten polymeren Bindemittel ins Spiel, denn sie sollen diese Volumenausdehnung wirksam kontrollieren. Für Chemie-Freaks, die genau wissen wollen, wie das funktionieren soll, hier ein Auszug aus der Veröffentlichung der koreanischen Batterieforscher:

So funktioniert's "Das neue Polymer nutzt nicht nur die Wasserstoffbrückenbindung, sondern auch die Coulombschen Kräfte (Anziehung zwischen positiven und negativen Ladungen). Diese Kräfte sind mit einer Stärke von 250 kJ/mol wesentlich stärker als Wasserstoffbrückenbindungen und dennoch reversibel, sodass sich die Volumenausdehnung leicht steuern lässt. Die Oberfläche von Anodenmaterialien mit hoher Kapazität ist größtenteils negativ geladen, und die schichtweise geladenen Polymere sind abwechselnd mit positiven und negativen Ladungen angeordnet, um sich effektiv mit der Anode zu verbinden. Darüber hinaus führt das Team Polyethylenglykol ein, um die physikalischen Eigenschaften zu regulieren und die Li-Ionen-Diffusion zu erleichtern, was zu einer dicken Elektrode mit hoher Kapazität und maximaler Energiedichte in Li-Ionen-Batterien führt."

"Unsere Forschung birgt das Potenzial, die Energiedichte von Lithium-Ionen-Batterien durch den Einsatz von Anodenmaterialien mit hoher Kapazität deutlich zu erhöhen", sagt Professor Soojin Park von der Postech University. Siliziumbasierte Anodenmaterialien könne seiner Ansicht nach tatsächlich die Reichweite eines Elektroautos mindestens verzehnfachen. Wann das Material serienreif sein könnte und ob es sich in für industrielle Anwendungen nötigen Größenordnungen zu vertretbaren Preisen skalieren lässt, lassen die Wissenschaftler bislang allerdings offen.