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Doppelrotor-Motor von DeepDrive
DeepDrive vor Serienproduktion für Radnabenmotoren

Der extrem effiziente und günstig zu produzierende Doppelrotor-Radnabenmotor von DeepDrive könnte bald erste Großserienmodelle antreiben und sehr niedrige Verbräuche ermöglichen. Mit frischem Kapital bereiten die Münchener jetzt die Serienproduktion vor.

Der vom Münchener Start-up DeepDrive entwickelte Doppel-Rotor-Motor liegt an der Spitze aller E-Motortechnologien. Das behauptet unter anderem eine unabhängige Studie des E-Motor-Experten Shafigh Nategh von der Universität Turin und dem CEO des bei Göteborg/Schweden ansässigen Unternehmens SEDRIVE. Untersucht wurden dafür Effizienz, Kosten, Nachhaltigkeit, Gewicht und Leistung der E-Maschine.

Das Potenzial von DeepDrive haben mittlerweile auch die Automobilhersteller erkannt – mit acht von zehn der weltweit größten arbeiten die Münchener bereits zusammen. Dabei ist das Start-up gerade erst drei Jahre alt. Doch willige Investoren scheint es genug zu geben. Neben BMW und Continental tritt jetzt das neu im Silicon Valley gegründete US-VC Leitmotif als neuer "Lead Investor" auf. Nach der erfolgreich abgeschlossenen, sogenannten Series-B-Finanzierungsrunde darf sich DeepDrive über frisches Kapital von 30 Millionen Euro freuen. Mit diesem Geld wird nun die Serienproduktion am neuen Standort im Norden von München vorbereitet.

Der große E-Ratgeber

"Das Potenzial, die Branche zu transformieren"

Der Co-Founder und Co-CEO von DeepDrive, Felix Poernbacher kommentiert: "Diese Finanzierungsrunde markiert einen bedeutenden Meilenstein, und mit der Unterstützung von Leitmotif und unseren bestehenden Investoren sind wir bereit, die große Nachfrage globaler Automobilhersteller zu erfüllen."

Jens Wiese, Mitbegründer und Managing Partner von Leitmotif, sagt dazu: "In Unternehmen zu investieren, die das Potenzial haben, Kategorien zu definieren und ihre jeweiligen Branchen zu transformieren, steht im Mittelpunkt der Strategie von Leitmotif. Unsere Investition in DeepDrive baut auf dieser Mission auf. Seine innovative Technologie hat bereits das Interesse einiger der weltweit größten Automobilhersteller geweckt und wird ihnen helfen, die effizientesten EVs durch sein kollaboratives Geschäftsmodell zu bauen."

20 Prozent mehr Reichweite beim Tesla Model 3

Beim Doppelrotor-Konzept von DeepDrive treibt der Stator sowohl einen innen- als auch einen außenliegenden Rotor gleichzeitig an. Bei kompakter Bauweise und niedrigem Gewicht schaffen die Motoren eine sehr hohe Drehmomentdichte bei niedrigem Verbrauch. Die Gewichtsersparnis kann dabei laut BMW bis zu 150 Kilogramm betragen. Die Motoren können sowohl an gewohnter Stelle als Zentralantrieb im E-Auto eingesetzt werden, als auch direkt am Rad als Radnabenantrieb.

Solche sogenannten In-Wheel-Antriebe hat DeepDrive bereits ausgiebig an bestehenden Fahrzeugen getestet. Am Beispel eines Tesla Model 3 würde zu einer 20-prozentigen Reichweitensteigerung und einer ebenso hohen Reduzierung der CO2-Emissionen über die Lebensdauer des Fahrzeugs führen. Sowohl die In-Wheel- als auch die Central-Drive-Motoren von DeepDrive sind kostengünstiger und skalierbarer, da sie 50 Prozent weniger kritische Materialien (wie Magnete, Kupfer und laminierten Stahl) beinhalten, was zu Materialkosteneinsparungen von 200 Euro pro Motor führt. Auch durch die einfacheren Herstellungsprozesse sollen Systemkosteneinsparungen von über 1.000 Euro je Antriebseinheit möglich sein.

BMW lobt hohen Reifegrad und Skalierungspotenzial

Auch BMW hat das Potenzial von DeepDrive früh erkannt, rechtzeitig investiert und will nun sogar erste Autos mit der Doppelrotor-Technologie auf die Straße bringen. Nach den ersten umfangreichen Testrunden und vielversprechenden Prüfstandergebnissen planen BMW und DeepDrive die Integration des E-Antriebs in unterschiedlichste BMW-Modelle. Dabei werden die Fahreigenschaften verschiedener Varianten des Antriebs auf der Straße getestet – sowohl als Radnabenantrieb als auch als klassischer Zentralantrieb.

Für beide Unternehmen scheint die Zusammenarbeit sehr fruchtbar zu sein und viele Vorteile zu bieten. DeepDrive wird so schnell in die große Industrie integriert, BMW profitiert dagegen von den schnellen Entscheidungsketten und der hohen Innovationskraft des Start-ups. Dabei ist BMW voll des Lobes: "Die Musterteile von DeepDrive haben die angekündigten Eigenschaften meistens übertroffen", sagt Karol Virsik, Head of Research Vehicle Concepts and Technologies bei der BMW Group. "Das ist in so einer frühen Phase mit einer komplett neuen Technologie schon ungewöhnlich."

BMW Start-up Garage macht es möglich

Auf der anderen Seite DeepDrive: "Die Zusammenarbeit mit BMW war für uns ein ganz frühes Sprungbrett", sagt Felix Pörnbacher, Mitgründer und Co-CEO von DeepDrive. "Das hat uns geholfen, uns in der komplexen Konzernwelt zurechtzufinden und die hohen Standards der Automobilindustrie zu erfüllen und zu übertreffen. Jetzt ist es unser nächstes Ziel, dass wir es in ein Serienmodell schaffen." Längst arbeitet das ebenfalls in München ansässige Start-up aber auch mit anderen großen Herstellern und Zulieferern wie Continental zusammen (siehe unten). Nach eigenen Angaben ist DeepDrive bereits mit acht der zehn größten Automobilherstellern der Welt in Kontakt.

Die technische Zusammenarbeit von DeepDrive und BMW wird innerhalb der BMW Start-up Garage realisiert. Seit 2015 existiert diese sogenannte "Venture Client Einheit" der BMW Group, die vor allem den frühen Zugang zu Start-up-Innovationen sichern soll. Ziel des Programms ist es, Start-ups zu evaluieren und als langfristige Partner für die BMW Group zu befähigen, und so am Ende beide Unternehmen zu stärken.

Deutscher Innovationspreis 2024

Am 19. April 2024 wurde DeepDrive dafür mit dem deutschen Innovationspreis geehrt. Der Preis wird einmal im Jahr von der WirtschaftsWoche und den Partnern Accenture, EnBW und O2 Telefónica an Unternehmen verliehen, die mit bahnbrechenden Produkten, Technologien oder Geschäftsideen aufwarten. Und auch die anfangs erwähnte Studie betont die Vorteile der von DeepDrive genutzten Doppelrotor-Konfiguration. "Sie hob sich als herausragend hervor und demonstrierte eine einzigartige Kombination aus Innovation und Effizienz", heißt es in der Studie.

Vier Dinge seien demnach beim Münchener Konzept außergewöhnlich im Vergleich zu anderen: Herstellungskosten, Effizienz, Gewicht und CO₂-Emissionen. In internen Tests hat DeepDrive bereits Verbrauchsdaten mit diesen Antriebssträngen erhoben. Mit gemessenen WLTP-Fahrzyklusverlusten von 2,2 kWh/100 km sei der In-Wheel-Motor der effizienteste Antriebsstrang auf dem Markt. Dazu liegt das Potenzial zur Reduzierung sogar bei unter 1,3 kWh/100 km. Im Vergleich zum aktuellen Stand der Technik würde dies eine Reichweitensteigerung von gut 20 Prozent ermöglichen.

Zusammenarbeit mit Continental

Continental hat sich als einer der größten Automobilzulieferer der Welt die erste strategische Partnerschaft mit DeepDrive gesichert. Dabei geht es um die Entwicklung eines Radnaben-Elektromotors mit integrierter hydraulischer Bremse hin zur Serienreife. Bei der Antriebseinheit handelt es sich um den von DeepDrive patentierten Doppelrotor-Radialfluss-Motor.

Der ist extrem kompakt, hocheffizient und obendrein noch günstiger zu produzieren als ein vergleichbarer Zentralantrieb. Dank seiner enormen Drehmomentdichte kann er auf ein Getriebe und dessen Reibungsverluste verzichten. Schon 2025 will der Zulieferer damit erste Fahrzeuge aus Volumensegmenten ausrüsten. Denn Continental will nicht nur Bremskomponenten beisteuern, sondern sich ebenso bei Industrialisierung und Serienentwicklung einbringen. Continental war schon Anfang des Jahres über seine Corporate Venture Einheit (co-pace) neben BMW (BMW i Ventures) an der Start-up-Finanzierung beteiligt.

Trommelbremse und Scheibe möglich

Bisher scheiterten Radnaben-Konzepte oft an der mangelnden Integrationsmöglichkeit für konventionelle Aufhängungs- oder Bremskomponenten. Im hier vorgestellten Beispiel ist die konventionelle, hydraulische Bremse gleich in das Motorgehäuse integriert. Für Hinterachsantriebe reicht dafür – wie bei vielen VW ID-Modellen auf MEB-Plattform üblich – eine Trommelbremse. Die ist wartungsfrei und verzögert im Notfall stark genug. Übrigens sollen Radwechsel trotz Radnabenmotor wie gewohnt möglich sein.

"Wir haben sogar schon eine geschlossene Scheibenbremse in unseren Doppelrotor integriert", sagt der promovierte Elektro-Ingenieur und Mitgründer des Start-ups DeepDrive, Alexander Rosen. Damit wäre also ebenfalls der Einsatz an der Vorderachse denkbar. "Auch Allradantrieb ist mit vier Motoren problemlos realisierbar", betont Rosen. Langfristig würden ohnehin trockene Bremssysteme ohne hydraulische Komponenten in die Fahrzeuge wandern.

Vollintegriertes Corner Modul ersetzt Aufhängung

Die Entwicklungs-Zusammenarbeit mit Continental spielt dem Start-up dabei in die Hände, schließlich verfügt Conti in Hannover über Expertise in nahezu allen Fahrzeugkomponenten, ist in der Großserien-Industrie zu Hause und verfügt über engste Kontakte zu den Fahrzeugherstellern. Doch auch für Continental ergeben sich mit der platzsparenden Doppelrotor-Technik von DeepDrive neue Möglichkeiten. "Mit DeepDrive haben wir einen perfekten Partner gewonnen, mit dem wir gemeinsam und nachhaltig die Marktdurchdringung der Elektromobilität vorantreiben können", sagt der Leiter des Geschäftsfelds Safety and Motion bei Continental, Matthias Matic.

3/2023, DeepDrive
BMW I Ventures

Die neue Continental_PP_Drive-Brake-Unit ist eine Kombination aus Elektroantrieb und hydraulischer Bremse in einem geschlossenen Gehäuse, das in eine 19-Zoll-Felge passt.

"Die von DeepDrive entwickelten Elektromotoren sorgen für eine höhere Reichweite in Elektrofahrzeugen. Sie sind leichter, kostengünstiger und ressourcenschonender." Nicht zuletzt träumen einige Entwickler in Hannover schon vom sogenannten Corner Modul – einer vollintegrierten Einheit im Rad, die weitere Fahrwerkskomponenten, wie Luftfedersysteme von Continental beinhaltet. Eine solche Anordnung würde im Fahrzeug selbst mehr Bauraum für Batterien oder Platz im Innenraum freimachen.

Anfahrdrehmoment von 1.500 Newtonmetern

Schon jetzt nimmt der eigentliche Motor mit einer Tiefe von nur 130 Millimetern nur wenig Bauraum ein. Mit 430 Millimetern Durchmessern passt er sogar in eine handelsübliche 19-Zoll-Felge. "Für unsere Technik müssen Autohersteller nicht unbedingt neue Plattformen entwickeln", erklärt uns einer der Mitgründer von DeepDrive, Felix Poernbacher im Gespräch. "Die Radnabentechnik lässt sich prima in bestehende Fahrzeuge integrieren." Schon heute haben die Münchener drei unterschiedlich große Radnabenmotoren im Sortiment. Der kleinste mit 300 Nm und 18 kW Spitzenleistung (RM 300) eignet sich dabei besonders für Micro-Mobilität oder Fahrzeuge mit einer Gesamtmasse von höchstens 1.200 Kilogramm.

Für E-Fahrzeuge in den Volumensegmenten ist allerdings besagte RM 1500 vorgesehen, die sich in 19-Zöllern verstecken lässt. Die liefert direkt am Rad bis zu 1.500 Newtonmeter und eine Spitzenleistung von 150 kW (204 PS). Dauerhaft bringt es die Maschine auf 80 kW. Zusammen mit dem E-Motor im gegenüberliegenden Rad käme das Fahrzeug also auf eine mehr als alltagstaugliche Gesamt-Dauerleistung von 160 kW (218 PS) – die kurzzeitige Maximalpower läge sogar bei über 400 PS.

Eine der im Rad versteckten Antriebseinheiten (RM1500) kommt auf Antriebsdrehmomente von 1.500 Newtonmetern und Dauerleistungen von 80 kW (109 PS).

Effizienz-Vorteil des Radnabenmotors

Der große Vorteil der Motorposition in der Radnabe ist seine Effizienz. Getriebe, Differenziale, Antriebswellen oder eine Untersetzung sind wegen des Direktantriebs nicht notwendig. Dadurch minimieren sich Verlustleistung und Gewicht – der Gesamt-Wirkungsgrad des Antriebs steigt. Am Ende sprechen die DeepDriver von 20 Prozent, die sich direkt in der Reichweite auswirken. Käme das zentral angetriebene E-Auto also 500 Kilometer weit, legt das identische Fahrzeug mit Radnabentechnik und der gleichen Menge Strom 600 Kilometer zurück. Schnell genug wäre ein Radnaben-Auto ohnehin. Rotiert die Maschine im Rad beispielsweise mit nur 1.600 Umdrehungen pro Minute, läge das Tempo schon bei 200 km/h.

Hinzu kommen enorme Vorteile bei der Verkabelung. Weil zudem die Leistungselektronik im Motorgehäuse unterkommt, müssen nur Gleichstromkabel von der Batterie zum Rad geführt werden. Die können vom Kabelquerschnitt deutlich kleiner sein, als die bekannten, orange-ummantelten Pendants von klassischen Zentralantrieben. "Trotz 300 bis 450 Ampere kommen wir mit 25 mm2 bis 35 mm2 aus", versichert uns Alexander Rosen. Neben den Kabeln müssen dafür allerdings Kühlschläuche und konventionelle Hydraulik-Leitungen zum Rad geführt werden. Die Kühlung der Konverter passiert über eine fahrzeugseitige Platte, die die Antriebseinheit zudem vor Staub, Wasser oder mechanischen Einflüssen schützen soll.

Nicht zuletzt bietet die DeepDrive-Doppelrotor-Radialflussmaschine einige Produktionsvorteile. Sie braucht 80 Prozent weniger Eisen, 50 Prozent weniger Magnetmaterial und verursacht 30 Prozent niedrigere Kosten (pro Nm) in der Herstellung als leistungsmäßig vergleichbare herkömmliche Aggregate. Vor allem kann der Doppelrotor-Motor auf die erwähnten schweren seltenen Erden verzichten.

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Fazit

In einer sogenannten Series-B-Finanzierungsrunde hat das Münchener Startup DeepDrive frisches Geld eingesammelt. Neben BMW und Continental brachte sich dabei der US-Investor Leitmotif ein. Insgesamt kann DeepDrive nun mit 30 Millionen Euro die Serienproduktion seiner Doppelrotor-Motoren beginnen. Mittlerweile arbeiten die Münchener mit acht der zehn größten Autohersteller zusammen.

BMW wird dabei wohl als erster Hersteller echte Autos mit DeepDrive-Motoren auf die Straße bringen. Dabei werden sowohl Radnabenantriebe als auch Antriebe an klassisch zentraler Position getestet. Beide Unternehmen versprechen sich davon sehr effiziente, kompakte und kostengünstige Elektromobilität. Realisiert wird das Projekt durch die Zusammenarbeit innerhalb der sogenannten BMW Start-up Garage.

Zuvor hatten Continental und DeepDrive eine strategische Partnerschaft zur Entwicklung eines extrem effizienten Radnaben-E-Motors samt integrierter hydraulischer Bremse vereinbart. Die kombinierte Antriebs-Bremseinheit könnte schon bald in ersten Volumenmodellen zu finden sein und diesen große Reichweitenfortschritte bescheren. Eine unabhängige Studie und der deutsche Innovationspreis würdigten die Technik bereits als herausragend.

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