Kein eigenes Auto? Für viele kaum vorstellbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine groß angelegte Bosch-Studie mit mehr als 2600 Teilnehmern aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien, die auto motor und sport exklusiv vorliegt. Mehr als 60 Prozent sprechen sich demnach gegen einen Autoverzicht aus. Bei der ländlicheren Bevölkerung fällt das Ergebnis mit 77 Prozent erwartungsgemäß noch deutlicher aus.
In Zeiten von Corona, in denen das Auto mehr denn je die Funktion eines sicheren Rückzugsorts vor Ansteckung einnimmt, gewinnt der Pkw an Zuspruch. Doch Pandemie hin oder her: Covid-19 ist nicht der ausschlaggebende Punkt, warum das eigene Auto für viele Menschen nach wie vor so wichtig ist. Während in Deutschland (61 Prozent) und Großbritannien (47 Prozent) die hohe Flexibilität der Vierräder als wichtigster Grund angeführt wird, benötigen es die Franzosen primär für die Arbeit (41 Prozent). Italiener (55 Prozent) ziehen derweil das Auto anderen Mobilitätsformen vor, da letztere für sie noch immer zu umständlich seien. Am Stellenwert des Pkw wird sich somit auch künftig nicht so schnell etwas ändern.
Gefragt wurde auch nach weiteren Aspekten rund ums Thema Automobil. Dabei liefert die Studie Antworten, die durchaus überraschen.

Die Coronahilfen der Bundesregierung zeigen Wirkung: Mit der Aufstockung der Kaufprämie für E-Autos werden Stromer immer attraktiver. Passend zum Angebot der Hersteller steigt auch allmählich das Interesse an Elektrofahrzeugen in der Bevölkerung. Dass die Autofirmen dabei den richtigen Weg eingeschlagen haben, sieht auch die Mehrheit der Befragten so.
E-Autos sind unsexy – noch
Zwar scheinen Elektroautos trotz erwähnter Kaufprämien in allen vier Ländern noch nicht die erste Wahl zu sein – wenn sich die Befragten morgen für ein neues Auto entscheiden müssten, fiele die Wahl bei rund der Hälfte beim Erst- und auch noch bei rund einem Drittel beim Zweitwagenkauf auf einen reinen Verbrenner. Der Blick in die Zukunft zeigt jedoch ein anderes Bild: 68 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass sich 2030 der Elektromotor als meistgenutzte Antriebstechnologie durchgesetzt hat. Der aktuell noch so beliebte Verbrenner folgt mit 33 Prozent der Stimmen hinter den Hybridmodellen auf Platz drei.
Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig sein Ende. In Deutschland sehen 2030 immerhin noch 39 Prozent den Ottomotor im Einsatz, etwa 20 Prozent den Selbstzünder. Alle Antriebsarten bleiben somit also auch in den nächsten Jahren relevant.

Erstaunlich: Die Befragten glauben besonders an das enorme Potenzial beim elektrischen Fahren in Kombination mit der Brennstoffzelle. Jeder Dritte sieht darin die Technik, die die Mobilität zukünftig nachhaltig bestimmen wird. In Italien sind es sogar 41 Prozent – und das, obwohl die wenigsten der Teilnehmer mit der Technologie bereits Erfahrung gesammelt haben dürften. Die Zahlen verdeutlichen gleich drei Aspekte: Zum einen scheinen die Europäer die Notwendigkeit einer Mobilitätswende erkannt zu haben, gleichzeitig möchte man sich offensichtlich nur ungern von den Vorzügen der Verbrennungsmotoren – kurze Tankstopps, lange Reichweiten – verabschieden. Die Brennstoffzelle verspricht die ideale Lösung zu sein. Und das zu nahezu CO2-neutralen Bedingungen.
Untermauert wird diese Hypothese beim Blick auf die Angaben zu den Kauffaktoren: Preis und Sicherheit sind zwar die wichtigsten Aspekte bei der Anschaffung eines Neuwagens. Auf Rang drei und vier folgen dicht dahinter aber bereits die Punkte Reichweite und Infrastruktur. Themen, bei denen Elektroautos bekanntermaßen noch Nachholbedarf haben.

Vielleicht fordert auch deshalb eine Mehrheit von 70 Prozent der Befragten neben staatlichen Zuschüssen für E-Autos und Plug-in-Hybride zusätzliche Kaufprämien für reine Verbrenner. In Italien lag der Wert mit 83 Prozent gar noch einmal darüber, in Deutschland mit 62 Prozent etwas darunter. Dabei sollte der Anreiz laut den Befragten nicht zu knapp ausfallen: Jeder dritte Europäer wünscht sich einen Zuschuss von mindestens 9000 Euro. Das entspricht der derzeitigen maximalen E-Auto-Förderung in Deutschland.
Junge für Verbrennerprämie
Dabei dürfen zwei Erkenntnisse nicht unerwähnt bleiben: Entgegen der gängigen Meinung halten laut den Umfrageergebnissen auch Bewohner einer Stadt (72 Prozent) – urbaner Raum mit mehr als 19 999 Einwohnern – den Verbrennungsmotor für förderungswürdig. Auch die Altersklasse der 18- bis 29-Jährigen spricht sich mehrheitlich (80 Prozent) für solch einen Bonus aus. Damit entkräftet die Studie die gängige These, jüngere Menschen würden sich vom Verbrenner abwenden. Stattdessen scheint diese Generation ihr Mobilitätsverhalten künftig sehr wohl an Verbrennerangebote zu knüpfen.

Stichwort Verbrenner: Auch Autos mit konventionellem Motor können klimaneutral fahren. Die Lösung heißt synthetischer Sprit, auch E-Fuels genannt. Die künstlich erzeugten Kraftstoffe werden nicht aus Erdöl, sondern aus erneuerbaren Energien, Wasser und Kohlendioxid gewonnen. Dabei entstehen Kohlenwasserstoffe. E-Fuels können also rohölbasierte Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel ersetzen. Bereits die Herstellung bindet annähernd so viel CO2, wie bei der späteren Verbrennung wieder freigesetzt wird. Ein damit betriebenes Auto fährt quasi CO2-neutral – von den Emissionen während der Autoherstellung mal abgesehen. Wohl auch deshalb stimmen im Schnitt 57 Prozent der Teilnehmer der Aussage zu, dass die Politik E-Fuels steuerlich fördern sollte. Und was sagt die Legislative? Die Bundesregierung prüft derzeit den Sachverhalt. Ausgang offen.
Eine Förderung wäre durchaus sinnvoll, können doch nur durch E-Fuels die Millionen bereits zugelassenen Verbrennerfahrzeuge auch etwas zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen.