Auch wenn das Coronavirus unseren Arbeitsalltag ganz ordentlich auf links gedreht hat, ist uns die eine oder andere Absurdität vor die Flinte gerollt. Gerade weil sich die Automobilindustrie in einer Zeit des Umbruchs befindet, wird jede Menge herumgesponnen, ausprobiert und gewagt. Normalerweise werden solche Versuchsobjekte ja auf Messen gezeigt – aber 2020 gab es nun mal keine. Aber es sind ohnehin nicht nur fabrikneue Hochglanz-Konzepte, die uns verwundert zurückgelassen haben. Welche schrägen Vehikel es den Redakteuren am meisten angetan haben, erfahren Sie hier.
Patrick Lang – Cyberpunk Porsche Turbo

Vielleicht wissen Sie das nicht, aber mit "Cyberpunk 2077" ist im Dezember ein besonders sehnsüchtig erwartetes Videospiel auf den Markt gekommen. Eines, auf das auch ich gewartet habe, weil mir dystopische Spielwelten irgendwie gefallen. Und dann das: Kurz vor dem Release habe ich die Möglichkeit, ein Auto – nein, ein Unikat – zu fahren, das es in diesem Spiel auch gibt. Porsche hat einen alten Turbo nach Vorlage der Spielentwickler umgebaut und das Ergebnis hat mich wirklich umgehauen. Davon abgesehen war eine Runde in diesem Sportwagen-Klassiker ein lange gehegter Kindheitstraum von mir. 2020 war doch nicht alles schlecht.
Andreas Of-Allinger – Sbarro Super Eight

Wie ein Ferrari 308 zu verbessern wäre, darauf würden vermutlich viele antworten: gar nicht. Und sie hätten recht. Aber sie kennen den Sbarro Super Eight nicht. Der ist zwar definitiv nicht schöner als der Ferrari – und auch nicht unauffälliger. Doch er sieht viel lustiger aus, hat den Quattrovalvole-V8 und eine niederländische Straßenzulassung. Wo sonst gibt es Gitter vor den Scheinwerfern, so breit ausgestellte Radhäuser und das Ganze im Look eines Comicautos, das wie eine Kreuzung aus R5 Turbo, VW Golf I und AMC Gremlin aussieht? Ernste Autos gibt es schließlich genug.
Jens Dralle – Ruf CTR Anniversary

Wie bitte? Ich darf nur einen wählen?! Der Claas Xerion 5000 hätte es verdient, weil er bis über die oberen Profilbalken seiner 42-Zoll-Räder mit beeindruckender Technik vollgestopft ist. Fährt aber nur 60 km/h. Und für meinen Garten ist schon ein Aufsitzrasenmäher zu groß. Der Mercedes 209D Marco Polo hätte es verdient, weil er so wunderbar die ausgehende Ära der Prilblumen mit der beginnenden Ära fröhlicher Braun-Töne kombiniert und bestes Franz-Meersdonk-Flair diesseits des Führerscheins Klasse 2 (keine Ahnung, wie man das in Euro umrechnet) bietet. Am Ende ist es der Ruf CTR Anniversary, dessen Eindruck am unerschütterlichsten besteht. Wegen seiner Leistung von 710 PS und der Kraft von 880 Nm? Ja, auch. Vor allem aber, weil der analoge Sportwagen im unüberschaubaren Lichtermeer der 911er-Restomods am hellsten strahlt, da er kein Restomod ist. Der 1,3 Tonnen leichte CTR sieht eben nur so aus und erreicht eine Perfektion, die umgebaute 964er wohl nie erreichen werden. Und er fährt. Oh ja, er fährt. Meine Güte, wie er fährt!
Thomas Harloff – Mercedes 190 mit V12

Ich hatte selbst mal einen Mercedes 190 E; einen knallroten Zweiliter mit 122 PS und Buchhalter-Ausstattung. Der war immer zuverlässig und gar nicht mal so langsam und unsportlich. Kurz: Ich habe ihn geliebt. Deshalb hatte ich zuerst diesen "Was soll eigentlich der Blödsinn"-Reflex, als ich von Johan Muters Projekt gehört habe: Der Niederländer hat doch tatsächlich den Sechsliter-V12 des Mercedes S 600 (W 140) in den 190er-Bug gepflanzt. Dieser "WTF"-Moment war jedoch schnell vorbei, als mir Johan Muter erklärte, wie umfangreich der Umbau letztlich war. Wer sich seine Youtube-Videos anschaut, bekommt schnell einen Eindruck, dass da an alles gedacht wurde. Inzwischen ist das Auto fertig und steht zum Verkauf. Leisten kann ich es mir nicht. Aber eine Testfahrt würde ich schon gerne machen, um auszuprobieren, wie sich 424 PS und maximal 585 Newtonmeter im Baby-Benz anfühlen. Also Johan, wie sieht’s aus – geht da was?
Clemens Hirschfeld – Citroën Ami

Nein, der Ami ist eigentlich gar kein richtiges Auto. Dafür das überdachte Elektro-Quad schon Teenager mit 45 km/h Topspeed durch die Großstadt steuern. Genau dort gehört der Elektrowürfel mit seinen übersichtlichen Abmessungen samt durchdachtem Raumkonzept und bis zu 75 km E-Reichweite auch hin. Sein Preis: mindestens 7.000 Euro ohne lokale Förderung.
Sebastian Renz – Opel Vivaro Double Cab

Den haben sie bei Opel doch genau für mich entwickelt, oder? Denn welches Auto könnte all meine Alltagserfordernisse besser transportieren als die 5,40 Meter lange Doppelkabine. Denn die hat vorn zwei Reihen mit je drei Sitzen – da bekomme ich genau meine ganze große Familie unter. Dazu klappt das mit dem Reinheben und Anschnallen der Kleinsten wegen der beiden Schiebetüren so leicht. Und dann erst diese Gepäckhalle im Heck. Zwei Meter lang, fast einsvierzig breit. Da passt wirklich alles an Gepäck rein. Und damit meine ich das: ein komplettes Urlaubsgeraffel für sechs Personen, dazu ein Rad. Und als das alles in die Heckgarage geräumt war, fragte unsere Kleinste, ob sie denn ihr Spielpferd noch mitnehmen könne. Spielpferd, das klingt putzig, aber es ist größer als sie. Aber ja, auch das kann mit. Für eine andere Geschichte packte ich eine Matratze ins Heck, denn auch die passt genau rein – ein Camper ist die Doppelkabine also auch noch. Dazu durchaus eilig mit dem 177 PS starken Zweiliter-Turbodiesel. Und dass er gerade im Weinrot des Testwagen so, nun, eigensinnig aussieht, hat auch einen Vorteil – auf den Vivaro Double Cab ist keiner neidisch. Man erntet von vielen eher Bedauern, dass man sich nicht etwas Attraktiveres leisten kann. Nun, sie wissen eben nicht, was sie verpassen.
Ulrich Baumann – Volvo P 1800 Cyan

Was die Volvo-Rennabteilung Cyan da mit dem P 1800 Cyan auf die Breitreifen gestellt hat, ist für mich ein echt beeindruckendes Restomod-Projekt. Optisch bleibt der P 1800 eher ein Underdog – sportlich, aber doch zurückhaltend. Unter dem Blech ist er dann ganz Rennwagen. 426 PS und 455 Nm presst er aus seinem Zweiliter-Vierzylinder-Turbo-Verbrenner. Die müssen sich mit gerade mal 990 Kilogramm Gewicht herumschlagen. Okay, er hat auch einen ganz großen Nachteil. Er soll schlappe 500.000 Euro kosten.
Marcus Peters – GTO Engineering Codename Moderna

GTO Engineering. Es gab zu diesem Thema ja schon einige Ideen und manche Projekte. Vielleicht klappt es ja diesmal mit einem Neuzeit-GTO im Look des Allerersten in Kleinserie – und nicht nur als Einzelstück von Ferrari.
Heinrich Lingner – Porsche 964 Lightspeed Classic

Es gibt ja viele Firmen, die 964er restomodifizieren, backdaten, wie immer man es nennen will. Das Exemplar von Lightspeed Classic, das ich fahren durfte, überzeugte mit stilsicherem, reduzierten Design, einem prächtigen und kraftvollen 3,8 Liter-Saugmotor und einem sauber abgestimmten Fahrwerk. Natürlich kann man in den Umbau eines 30 Jahre alten Porsche deutlich mehr Geld investieren, doch wozu?
Gerd Stegmaier – Engler FF

Eigentlich finde ich Quads wenig attraktiv: Vier (meist freistehende) Räder, aber nen Lenker vom Motorrad, hoher Schwerpunkt, aber keine Schräglage – optisch fragwürdig, fahrdynamisch eher ungünstig. Aber wem das als Kuriosität nicht reicht, der sollte einen Blick auf den (oder das) Engler FF riskieren: Optisch nicht minder fragwürdig, aber wenigstens mit verkleideten Rädern – eines Lamborghini Huracán. Von dem stammt auch der Motor. Weil ein Quad kein Dreirad ist, braucht es aber auch vierstellige PS-Zahlen und der V10 eine Leistungssteigerung, dachte sich Engler offenbar. Voilá: Der oder das FF hat 1.100 PS. Fahrdynamik sollte da fraglos vorhanden sein, an fragwürdigem Fahrverhalten dürfte kein Mangel herrschen. Schon kurios, oder?
Jörn Thomas – Bugatti Chiron Pur Sport

Ja, ne, is klar. Bugatti also. Entschuldigung, aber ein W16 mit acht Litern Hubraum und vier Turboladern ist und bleibt einfach – ja was eigentlich? Beeindruckend? Faszinierend? Überraschend? Alles. Vor allem, wie es die Ingenieure schaffen, dir 1.500 PS und 1.600 Newtonmeter so zu servieren, dass es stets ein Genuss ist. Und kein Ritt auf der Klinge, selbst bei pitschnasser Piste. Der Apparat golft zum Rewe oder lässt dir Hören und Sehen vergehen. Das rechte Pedal entscheidet. Und: den Motorklang vergisst du nie. Nie! Wie das Tier atmet, zischt, turboladert und abbläst. Irre. Da hat der Konzern mal gezeigt, was er kann, wenn er wirklich will. Vor allem, wenn es einer will. Mit sportlichen Grüßen in den Himmel, lieber Ferdinand.
Marcel Sommer – Aurora

Fußgängerschutz, gepolsterte Armaturenbretter, Sicherheitsgurte, Sicherheitslenksäule und Seitenaufprallschutz – Begriffe, die aus der heutigen Automobilindustrie nicht mehr wegzudenken sind. Den Seitenaufprallschutz schreibt sich zum Beispiel Volvo seit 1991 unter dem Namen Side Impact Protection System (SIPS) ganz groß auf die eigene Fahne. Dass ein Priester bereits im Jahr 1957 einen zugegebenermaßen recht rudimentären Seitenaufprallschutz in seinem damals "sichersten Auto der Welt" verbaute, davon wissen nur die wenigsten. Die Rede ist von Alfred Anthony Juliano und seinem Aurora Safety Car.
Gregor Hebermehl – Riesen-Käfer

Ganz sicher bin ich nicht der weltgrößte VW-Käfer-Fan – aber der weltgrößte Käfer gefällt mir. Scott Tupper aus Kalifornien hat ein Händchen für die maßstabsgetreue Vergrößerung von jeder noch so komplizierten Rundung – das ist seinem um fast die Hälfte vergrößerten Käfer anzusehen. Und weil als Basis für seinen Umbau ein Truck von Dodge dient, gibt es sogar eine Klimaanlage, klimatisierte Sitze, eine Servolenkung und elektrische Fensterheber. Trotzdem sieht der jetzt geräumige Innenraum so aus wie beim Original. Aus Kalifornien kommt also ein richtig guter Käfer.
Michael Harnischfeger – Aston Martin DB5 2020

James Bond-Fans kennen den DB5 aus sieben Filmen, in denen 007 zum guten Schluss dann doch die Welt rettet. Rotierende Nummernschilder, Nebelmaschine, kugelsicheres Schutzschild, Schleudersitz für den Beifahrer. Wahnsinn. Nun bauen die Engländer 25 Neuauflagen, ausgerüstet mit den allermeisten Gadgets des Film-Autos. Total gaga, nicht nur wegen des Preises von mehr als 3,1 Millionen netto. Denn zulassungsfähig ist das Auto nicht.
Holger Wittich – Porsche Vision "Race Service"

Porsche hatte uns einen Blick auf nie öffentlich gezeigte Studien des Design-Teams aus Weissach erlaubt. Und 2018 hatte Porsche-Design doch tatsächlich einen rein elektrischen Van aufgebaut und damit eine Antwort auf eine Frage gegeben, die kaum ein Porsche-Fan je gestellt haben dürfte. Wie kann ein Porsche aussehen, bei dem das Raumerlebnis im Vordergrund steht? Kurz: So sieht ein Porsche Van aus. Platz für bis zu sechs Personen, familienfreundlich, vollelektrisch und autonom. Und schon durften wir spekulieren und hoffen: Ein Modell wie der ID. Buzz, nur noch cooler und sportlicher? Möglich. Das Teil ist "nur eine Idee", sagte Porsche, "noch".
Jochen Knecht – Maxus E-Deliver 3

Kann schon sein, dass meine Anforderungen an ein neues automobiles Familienmitglied ein bisschen speziell sind. Aber es hilft ja alles nix: elektrisch bitte! Und zwar voll. Ohne Alibi-Verbrenner. Und groß. Wobei mir es vor allem um Nutzraum geht. Also idealerweise ein Würfel. Und dann bitte einen Innenraum, der auch in die Spülmaschine könnte. Und zack, bist du beim Maxus E-Deliver 3. Dessen Hauptproblem ist leider nicht seine geringe Reichweite, sondern die Tatsache, dass der Importeur den Elektro-Laster aus China (SAIC) nur als Kastenwagen importiert. Aber irgendwas ist ja immer.