Mercedes 250 GD: Sind gebrauchte Bundeswehr-„Wölfe“ ein Tipp?

Mercedes 250 GD „Wolf“ gebraucht vom Heer
Alte Bundeswehr-Wölfe als Gebrauchte – gute Idee?

Veröffentlicht am 14.11.2024

Seit 1989 hat die Bundeswehr rund 12.000 G-Klasse n vom Typ Mercedes 250 GD gekauft. Die meisten davon sind Modelle mit kurzem Radstand und offenem Verdeck, die in der Militärsprache auf den Namen "Wolf" hören. Mittlerweile gibt es aber etwa 50 verschiedene Aufbau- und Ausbauvarianten auf Basis der robusten G-Klasse. Einige von ihnen tragen ebenfalls eigene Militär-Bezeichnungen wie "Serval" oder "Enok". Für viele sehen den ursprünglichen G-Charakter aber gerade im alten "Wolf".

Mittlerweile sind so einige 250 GD ausgemustert worden und verbringen ihr Oldtimer-Alter im zivilen Alltag. Das "GD" steht übrigens für Gelände-Diesel, die 250 für den Hubraum von 2,5 Litern. Weil der 250 GD zwischen 1987 und 1992 auch im nicht-militärischen Straßen-G zu haben war, gibt es kaum Probleme mit der Zulassung im deutschen Straßenverkehr. Denn auch abgasseitig entsprachen die alten "Wölfe" den Serienmodellen. Das sieht bei den modernen Varianten etwas anders aus, denn die sind für zuverlässige Einsätze im Gelände nicht immer mit der strengsten elektronischen Abgaseinrichtung ausgerüstet und besitzen erst gar keine Emissions-Einstufung.

Der Mercedes 250 GD alias "Wolf"

Kein Wunder also, dass gerade die alten Wölfe so beliebt sind. Als Nachfolger des VW Iltis kam der Wolf 1989 zum Bund – als relativ kleines, geländegängiges Fahrzeug für bis zu vier Soldaten, leichter Nutzlast (515 kg) und 600 Kilometer Einsatzradius. Unter der kantigen Motorhaube und zwischen den aufgesetzten Blinkern arbeitet bei den Wölfen der Fünfzylinder-Vorkammer-Saugdiesel (OM602) mit 2,5 Liter Hubraum (später auch 2,9 Liter). Leistung: 84 bis 92 PS. Ehemalige Bundeswehr-Soldaten werden sich an das träge Fahrverhalten erinnern. Gerade gepanzerte Modelle sind gnadenlos untermotorisiert.

Was beim Klettereinsatz im Kriechgang noch agil genug wirken mag, mausert sich im Straßeneinsatz zur regelrechten Entdeckung der Langsamkeit. Bis selbst die leichtesten Modelle ohne Verdeck (wiegen knapp zwei Tonnen) auf Landstraßentempo beschleunigt haben, vergeht gut eine halbe Minute. Höchstgeschwindigkeit: 123 km/h. Die Gänge kann oder muss man dafür kräftig ausdrehen. Der Vorkammer-Diesel klingt dabei wunderbar homogen und fast unangestrengt. Eine Beschleunigungskraft spürt man allerdings kaum. Das Drehmoment liegt bei 154 Newtonmetern.

Tsunami-Innenraum und Ösen für Lufttransport

Dafür machen sich im Innenraum schier unverwüstliche Kunststoffe und blankes Blech breit. Dieser Einrichtung könnte selbst ein Tsunami nichts anhaben. Der Sitzkomfort auf den Kunstlederbezügen ist erstaunlich gut. Und der Fahrkomfort ist trotz der beiden schweren Starrachsen wirklich angenehm – zumindest verglichen mit anderen Geländerockern. Von Anfang an war die G-Klasse nämlich stets mit Spiralfedern rundum bestückt. Blattfedern wie bei anderen Geländewagen dieses Kalibers gab es beim G nie.

Dazu lässt sich der kantige Brocken durch seine leichtgängige Kugelumlauflenkung easy durch jeden noch so engen Hindernis-Parcours steuern. Doch Achtung: Wölfe sind trotz fehlendem Dach und luftiger Optik überraschend schwer. Der massive Leiterrahmen, das dicke Blech und die zwei Starrachsen zollen ihren Tribut. Die Militär-Ausführungen sind übrigens in Transportflugzeugen und mittleren Transporthubschraubern (etwa: CH-53G/GS) luftverladbar. Sogar der Transport als Außenlast am Hubschrauber ist bei fast allen Varianten möglich. Hierfür besitzen die Wölfe anders als die zivilen Geschwister Anschlag- und Verzurrpunkte ringsherum.

Die Militärversionen der G-Klasse sind mit einer Gewehrhalterung zwischen Fahrer- und Beifahrersitz, einer Kartenleselampe sowie einer Spatenhalterung und einer 24-V-Anschlussbuchse zum Fremdstarten im Motorraum ausgestattet. Alle Modelle verfügen über einen starren, während der Fahrt per Hebel zuschaltbaren Allradantrieb, der in Straßen- und Geländeübersetzung unterteilt ist. Dazu kommen zwei Differenzialsperren für die Vorder- und Hinterachse, die per Hebel (hydraulisch) gezogen werden können. Wölfe besitzen übrigens einen von der normalen Beleuchtung unabhängigen Tarnlichtkreis. Die Bordnetzspannung beträgt 24 Volt (statt 12 Volt) und entspricht dem Standard in der Bundeswehr.

Aufspaltung der 460er-Baureihe in W461 und W463

Anfangs führte Mercedes den Wolf noch wie die zivilen Brüder unter der Bezeichnung W 460. Im Jahr 1990 zweigten die Schwaben eine zivile Baureihe W 463 mit mehr Luxus und Komfort ab. Nach 1992 hört das rustikale Ur-Konzept auf die Baureihenbezeichnung W 461. Damit gesellte sich auch der 2,9-Liter-Fünfzylinder unter die Motorhaube – meist bei den schwereren Station Wagon mit langem Radstand. Als 290 GD bringt es so ein Wolf immerhin auf 95 oder 98 PS und ein Drehmoment von 192 Newtonmeter. Mit Turbolader (290 GD Turbodiesel) sind es 120 PS und 250 Newtonmeter.

Trotz dieser Leistungssprünge nagelte auch der kleine Saugdiesel im 250 GD fleißig weiter. Und auch wenn er ständig die volle Kraft fürs Vorankommen aufbringen muss, so zeigt sich der OM 602 doch als extrem langlebig. Dazu sind Reparaturarbeiten einfach und günstig. Die letzten G-Klassen mit dem OM 602 und damit auch die letzten Ur-Modelle mit starrem Zuschalt-Allrad, hydraulischen Sperren und dem mechanischen Untersetzungs-Allradhebel liefen 2001 vom Band. Für die Bundeswehr folgten der 270 CDI (Fünfzylinder, OM 612), 280 CDI (V6 Diesel, OM 642 ab 2007) sowie der 300 CDI (ab 2010) – allesamt mit Permanent-Allradantrieb. Die neuesten Baumuster G 350d im W 464 sind nochmals deutlich stärker. Sie nutzen den Reihensechszylinder OM 656 und kommen auf gedrosselte 249 PS und 600 Newtonmeter Drehmoment.

Kein Privatkauf über VEBEG mehr möglich

Wer angesichts der jüngsten Verkündigungen – die Bundeswehr mustert alte Wölfe aus und bestellt tausende neue – auf Schnäppchen hofft, wird sicher enttäuscht. Denn als Privatperson wird einem heutzutage Zugang zu den Trödelhallen der Bundeswehr verwehrt. Für die Veräußerung ausgemusterter Wölfe ist die bundeseigene Treuhandgesellschaft VEBEG (ursprünglich für: Verwertungsgesellschaft für besatzungseigene Güter) zuständig. Jahrelang konnten Interessenten auf der Website nach G-Schnäppchen suchen, auch wenn diese nicht – wie von anderen Fahrzeugbörsen gewohnt – besonders individuell beschrieben oder fotografiert waren. Nicht selten wechselten hier G-Klassen als "Katzen im Sack" für ein paar tausend Euro den Besitzer. Übrigens werden auch andere Geländewagen, Lkw, Anhänger, Baumaschinen oder sogar zivile Fahrzeuge über die VEBEG vertrieben.

Ausgemusterte G-Klassen hatten allerdings oft das Problem, dass sie defekt waren, verrosteten oder einfach nur zu lange herumgestanden haben. Nach modernem Recht müsste die VEBEG beim Verkauf an Privat aber in die gesetzliche Sachmängelhaftung gehen. Als Käufer hätte man also zwei Jahre Gewährleistung. Aus diesem Grund kann man als Privatperson seit Januar 2022 keine Wölfe mehr über die VEBEG beziehen. Dies bleibt ausschließlich spezialisierten Händlern vorbehalten. Spätestens damit war die Zeit der Schnäppchen vorbei.

Achtung: Starke Gebrauchsspuren

Es bleibt also nur der Weg zum spezialisierten Händler. In der Regel hat der das auserwählte Stück dann immerhin schon zum Laufen gebracht. Meist werben die Verkäufer sogar mit "gutem Zustand nach aufwendiger Restauration im originalen Charakter". Doch Vorsicht: Es finden sich zahlreiche versteckte Problemzonen an so einem 250 GD, die man nicht sofort von außen erkennen kann.

Zudem lassen sich tragende Stahlteile am Rahmen nur von Spezialisten fachgerecht behandeln. Dazu gehören beispielsweise die hinteren Stoßdämpferaufnahmen, die direkt an die dicken Rahmen geschweißt sind. Hier fault die Fahrsicherheit schon bei jüngeren G-Klassen schnell weg. Achtung: Je jünger ein G ist, desto schlechter war die Konservierung ab Werk. Grundsätzlich gilt: Rahmen, Achsen, Motoren und Getriebe des Klassikers sind überdurchschnittlich robust. Der allergrößte Feind der G-Klasse ist der Rost – an nahezu allen Stellen.

Worauf muss ich bei einer alten G-Klasse achten?

Ein erster Blick sollte in den Radkasten und zu den Feder- und Dämpfer-Aufnahmen wandern. Sind die Metallkonturen klar und rostfrei erkennbar, ist das ein gutes Zeichen. Dick aufgetragene Wachs- oder Fettkonservierung sollte dagegen eher eine Warnung sein. Gleiches gilt für den Rahmen. Anbauteile wie Längslenkeransätze, Leitungen oder Karosserieaufnahmen geben einen Hinweis auf den allgemeinen Erhaltungsgrad. Ob die Aufnahme vom Panhardstab über der Hinterachse, die Rahmen-Querrohre, die Tankhaltebänder oder der Boden der Karosserie: Das gute Gesamtbild zählt.

Doch nicht nur an Rahmenteilen lauert die Rostgefahr, die unter Umständen sehr teuer werden kann. Auch die Karosserie ist nicht gerade wetterfest. Die für den G typischen senkrechten und waagerechten Karossieriefalze gammeln gern von innen aus den Hohlräumen, denn hier sind sie nicht lackiert. Seitlich am unteren Heckteil läuft es dann gern braun an. Ähnlich sieht es am Rahmen der Frontscheibe aus. Wurde hier überlackiert, ist Vorsicht geboten.

Was kostet ein Mercedes 250 GD "Wolf"?

Wie gesagt – die Zeiten der Schnäppchen sind vorbei. Auch scheint die Bundeswehr wählerischer bei der Ausmusterung zu sein. Bekam man vor etwa zehn Jahren noch fast neuwertige Wölfe für vierstellige Summen, verlassen heute nur noch abgewrackte Modelle die Kasernen. Der übliche Händler-Verkaufspreis für ein Modell mit bereits eingetragener H-Zulassung beginnt heutzutage bei gut 25.000 Euro. Damit sollte man zumindest ein paar Jahre Spaß haben können, ohne dass die typischen Rost-Mängel auftreten.