MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"23354326","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"23354326","configName":"ads.vgWort"}

Gebrauchtwagencheck Lada Niva
Gebrauchter Niva - Kult oder Katastrophe?

Der Lada Niva ist nach 45 Jahren Bauzeit Kult. Doch kann man ihn bedenkenlos als Gebrauchtwagen kaufen? Die Antwort ist etwas kompliziert.

Lada Niva Gebrauchtwagenberatung
Foto: Torsten Seibt

Wie schreibt man eine Kaufberatung für ein Auto, zu dessen Kauf man einem guten Freund eher nicht raten würde? Am besten fangen wir in aller Offenheit an: Wenn Sie Rost verabscheuen, keine Zugluft mögen, gerne auf der Autobahn (Autobahn, haha!) angeregte Plaudereien bei gedämpftem Geräuschniveau führen; wenn Sie davon ausgehen, dass es in ein Auto gefälligst nicht reinregnen und nichts daraus auslaufen soll, wenn Sie es überdies stets besonders eilig haben und den Unterschied zwischen einer Wasserpumpen- und einer Rohrzange nicht kennen – dann ist der Lada Niva definitiv nichts für Sie. Noch nicht einmal als Neuwagen.

Unsere Highlights

Gut, das Obenstehende würde auch problemlos zu einer Kaufberatung für einen klassischen Land Rover Defender passen, aber hier beleuchten wir jetzt einmal den knubbeligen Gelände-Russen, der seit sage und schreibe 45 Jahren optisch nahezu unverändert von den Montagebändern in Toljatti an der Wolga purzelt. Und technisch haben sich in diesen Jahrzehnten seit 1977 ebenfalls keine revolutionären Neuerungen im Niva eingefunden.

Im Video: Lada Niva Sondermodell Bronto

Allerdings beschränken wir uns an dieser Stelle auf das neuere WAS-21214-Modell (erkennbar an den hochkant montierten Rückleuchten) und hier speziell die Variante nach dem großen Facelift aus dem Modelljahr 2010. Mithin Autos, die bis zu zwölf Jahre auf dem Buckel haben, was bei den Erhaltungsarbeiten an einem Niva schon für ausreichend Kurzweil sorgt. Generell sind viele Hinweise aber auch für das Vor-Facelift-Modell von Bedeutung.

Lada Niva 1.7i
ams

Erkennbar ist das Facelift-Modell an Blinkern und Spiegeln: Die charakteristischen Blink/Standlicht-Einheiten über den Hauptscheinwerfern sind seit dem Facelift größer und bündig in die Karosserie eingepasst. Die Außenspiegel wurden vergrößert und sind von innen verstellbar, was die Chance steigert, auch bei flotterer Fahrt den rückwärtigen Verkehr zumindest ansatzweise erkennen zu können. Innen kam zum Facelift eine neue Instrumenten-Einheit zum Einsatz. Neben einer neuen digitalen Anzeige für Tages- und Gesamtkilometer gibt es seitdem eine Digitaluhr, ein Außenthermometer und ein Voltmeter.

2010 wurde der Lada Niva moderner

An der Technik wurde ebenfalls Hand angelegt. Die Kupplung wurde auf eine verstärkte Scheibe umgestellt, der Bremskraftverstärker überarbeitet und verbessert. Neue Dichtungen für die Wasserpumpe und eine überarbeitete Benzinversorgung sollen auch in diesen Bereichen die Zuverlässigkeit steigern. Auch der Klappmechanismus der Rücksitzbank wurde überarbeitet, die Entriegelung liegt seitdem auf der Lehne. Zu guter Letzt gab es noch verbesserte Stoßdämpfer an der Hinterachse.

Der Hinweis auf die verstärkte Kupplung des Facelift-Modells kommt nicht von ungefähr, denn auch nach dem Facelift ist dies einer der Schwachpunkte des Niva. Weil der Motor nur ein überschaubares Drehmoment bereitstellt und die Geländeuntersetzung eher ins Lange tendiert, muss man den Russen im Gelände öfter per schleifender Kupplung bei Laune halten, gleiches gilt im Anhängerbetrieb. Der Kupplungs-Standardtest (im hohen Gang bei stehendem Auto langsam kommen lassen) gehört bei einem Niva-Gebrauchttest also zwingend dazu. Ebenso der Akustikcheck des Ausrücklagers – wird die Geräuschkulisse aus dem Parterre bei getretener Kupplung deutlich geringer als im Leerlauf ohne eingelegten Gang, ist in Kürze Arbeit angesagt.

Rost an allen Stellen

Die optische Karosseriekontrolle beim gebrauchten Lada Niva ist die wohl umfangreichste Arbeit bei einer Besichtigung. Das liegt auch daran, dass es praktisch keine Ecke an diesem Auto gibt, an der es nicht rosten kann und meist auch tut. Der erste Blick sollte der Schottwand im Motorraum und dem Windschutzscheibenrahmen gelten. Blüht hier bereits der Gilb, sind die generellen Aussichten zur Blechgesundheit trübe. Danach darf man sich den Schwellern widmen und nicht zu zaghaft dagegenklopfen, der Magnettest auf fröhlich aufgetragenen und überlackierten Spachtel ist auch keine schlechte Idee.

Pjotr Prussow Erfinder Lada Niva
Lada
Er hat´s erfunden: Pjotr Prussow war der Konstrukteur des legendären Niva. Prussow verstarb 2017 im Alter von 75 Jahren.

Immer noch nicht in Tränen ausgebrochen und mit der halben Hand durch ein Rostloch gefallen? Dann geht es in die Radhäuser. Sind hier die (nicht serienmäßigen) Radhausverkleidungen zu sehen, ist das ein gutes Zeichen, weil diese den schlimmsten Schmutz und Schmodder von den Sicken und Hohlräumen fernhalten. Wer seinerzeit den Aufpreis hierfür zahlte, wollte lieb zu seinem Niva sein und ihn nicht nur gnadenlos verheizen. Auch hier gründlich alles auf Durchrostungen absuchen, die bei schlechter Pflege schon nach wenigen Jahren drohen.

Innen nach Feuchtigkeit fahnden

Im Innenraum wird danach der Boden unter den vorderen Fußmatten gecheckt. Steht hier das Wasser, muss genauer nachgesehen werden. Ursache kann der Wärmetauscher der Heizung sein (sitzt in der Mitte vor dem Getriebetunnel an der Schottwand) oder eine schlecht eingepasste Windschutzscheibe (das wäre dann der Hauptgewinn). Letzteres sorgt dafür, dass das Armaturenbrett rausmuss, um an die dahinterliegende Verkabelung und das (bei defekter Scheibendichtung mit Wasser vollgesogene) Dämm-Material zu kommen. Auch im Laderaum geht ein kritischer Blick unter den Bodenbelag und hier ganz speziell an die Falze der Radhäuser.

05/2014 - Youngtimer, Heftvorschau, Heft 03/2014
MKL
Es gibt eigentlich keine Stelle am Niva, an der kein Rost droht.

Untenrum darf nach nicht unüblichen Ölundichtigkeiten gefahndet werden, speziell im Bereich Motor/Getriebe sind nachträgliche Abdichtarbeiten ein größerer Akt. Eine frische HU-Plakette schafft Vertrauen, dass es sich um kein Auslaufmodell handelt. Bei der Gelegenheit können Kardan- und Antriebswellen auf Gelenkspiel gecheckt werden.

Die abschließende Probefahrt sollte man nach Möglichkeit mit einem erfahrenen Niva-Besitzer unternehmen, der "normale" von "besorgniserregenden" Geräuschen bei diesem Fahrzeug unterscheiden kann. Denn irgendwas klappert, mahlt und quiekt beim Niva eigentlich immer und ist nicht von vorneherein ein Grund zur Panik. Geräuschänderungen bei Kurvenfahrt oder zunehmendes Vibrieren bei höherem Tempo können auf defekte Antriebswellengelenke hinweisen. Das Getriebe muss sich sauber schalten lassen; wenn ein geschalteter Gang herausspringt, ist das ein schlechtes Omen und ein Tauschgetriebe in Sichtweite.

Abschließend darf noch die Allradtechnik überprüft werden. Die Geländeuntersetzung wird im Stand oder bei leichtem Rollen ohne Kraftschluss zum Motor geschaltet, muss sauber einrasten. Erhöhtes Getriebesingen in der Untersetzung ist normal. Die Verteilergetriebe-Sperre wird ebenfalls geprüft, zugeschaltet muss ein spürbares Sperrmoment bei langsamer Kurvenfahrt auf festem Untergrund bemerkbar sein.

Zu guter Letzt dient ein letzter Check allen elektrischen Verbrauchern und Schaltern. Läuft das Lüftergebläse auf allen Stufen? Funktioniert die mechanische Verstellung von Luftstrom und Temperatur? Licht und Blinker ok? Auch wichtig: Der kleine Code-Schlüsselanhänger für die Wegfahrsperre muss diese zuverlässig und im ersten Anlauf entriegeln.

Umfrage
Der Lada Niva ist für mich ...
35080 Mal abgestimmt
... ein tolles Auto, das es bitte ewig geben soll.... eine veraltete Freak-Karre, die ins Museum gehört.

Fazit

Wohl kein anderes Auto hat als Gebrauchtwagen ein solches Wundertüten-Potential wie der Lada Niva – und das bereits in jungen Jahren. Wer weiß, worauf er sich mit dem Niva einlässt und das auch in aller Konsequenz möchte, bekommt in jedem Fall ein ehrliches Auto, das bei pfleglicher Behandlung und liebevoller Wartung durch dick und dünn mit einem geht.

Die Eckdaten sind bekannt, der Niva ist weder schnell noch leise noch geräumig, aber in Betrieb ein echter Gutelaune-Spender. Bei all seinen Macken ist das wichtigste und alles überlagernde Thema der Rost. Schlecht gepflegte Exemplare rosten einfach überall, während bereits als Neuwagen einer ordentlichen Rostschutz-Vorsorge unterzogene Nivas durchaus Chancen auf ein langes und erfülltes Leben haben. Der Motor selbst gilt allgemein als recht robust, der Antriebsstrang nicht so sehr, nach spätestens 100.000 km kann man sich zum Beispiel schon einmal auf eine Getriebe-Revision einstellen. Auch die diversen Lager an den Antriebswellen und der Lenkung haben alles andere als das ewige Leben.

Wichtig ist vor allem, dass man sich selbst zu helfen weiß und über eine gewisse Werkzeug-Grundausstattung verfügt. Wer den Niva mit jedem Wehwehchen in eine Werkstatt bringen muss, wird sehr schnell sehr unglücklich. Pragmatische Selbstschrauber hingegen freuen sich über sensationelle Ersatzteilpreise, da kostet eine Wasserpumpe schlanke 50 Euro und eine neue Kupplungsscheibe 45, dafür bekommt man bei Mercedes noch nicht einmal mal ein RDK-Reifenventil. Und nicht zuletzt steht Lada-Neulingen eine sehr rührige und kompetente Fan-Szene offen, die bei anfallenden Problemen mit Rat und Trost zur Stelle ist, zu finden zum Beispiel bei www.nivatechnik.de.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten