So finden Sie den besten gebrauchten Mercedes GLC, ohne zu viel zu zahlen.

Gebrauchtwagencheck: Mercedes GLC (X253)
So finden Sie den besten gebrauchten GLC

Veröffentlicht am 31.12.2024

Heute wird’s persönlich. Was macht der Gebrauchtwagen-Redakteur, wenn mal eine große Lücke im eigenen Fuhrpark klafft? Die Vorgabe: Der Neue sollte regelmäßig einen schweren Anhänger ziehen, günstig in Verbrauch, Unterhalt und Wartung sein, den Verlag in Stuttgart anfahren dürfen (Euro 6 ist also Pflicht) und dazu noch einen guten Ruf in Sachen Zuverlässigkeit genießen – Ehrensache. Platz und Komfort für Langstrecken sind ebenso erwünscht. Mit diesen Suchkriterien und dem eng gesteckten Budget wird die Auswahl aber recht schmal.

Gerade bei der für uns wichtigen Anhängelast (mindestens 2,5 Tonnen) müssen viele SUV passen. Speziell jene mit einem empfindlicheren Doppelkupplungsgetriebe anstelle einer belastbaren Wandlerautomatik. Infrage kamen zuerst neben Exoten von Ssangyong der VW Touareg oder die seltenen Vierzylinder-Versionen von BMW X5 und Mercedes ML/GLE. Doch die Fullsize-Brocken sind teuer im Unterhalt und schleppen viel Technik mit sich herum, die wir nicht unbedingt brauchen. Zudem mangelte es an seriösen und zugleich bezahlbaren Angeboten. Der BMW X3 (F25) hätte auch gepasst, gefiel jedoch der Gattin nicht – ein klassisches K.O.-Kriterium.

Alleskönner-Schnittmenge: GLC

So verblieb am Ende der GLC als vollumfänglich passende Option, die als hier gezeigter 250 d mit 204 PS und 500 Nm ausreichend potent motorisiert ist, zumindest diesseits der kostentreibenden Sechszylindrigkeit. Schon der 170 PS starke 220 d bietet für die meisten Lebenslagen genügend Vortrieb, käme also ebenso infrage. Beide nutzten bis zur Modellpflege 2020 den als sehr solide geschätzten OM 651 mit 2,1 Litern Hubraum. Zum Facelift kam der hochmoderne, aber nicht immer problemlose OM 654, wie er auch in der E-Klasse W 213 arbeitet. Nachlässige Wartungsdisziplin und eine unsachgemäße Fahrweise können hier Schmierungsprobleme und den Motor-Exitus hervorrufen.

Gebrauchtwagencheck Mercedes GLC X253 W253
Lena Willgalis

Die andere Diesel-Option trägt das Kürzel 350 d und besitzt den V6 OM 642 mit drei Litern Hubraum, toller Laufkultur und üppiger Kraft. Weil der jedoch deutlich teurer in Steuer und Versicherung ist und weil Mercedes zum Ende der V6-Bauzeit zugunsten der Effizienz auf eine dünnere Steuerkette wechselte, kam der für uns nicht infrage. Wer nicht auf Dieselverbräuche angewiesen ist, fährt mit den Vier- und Sechszylinderbenzinern übrigens durchweg souverän und zuverlässig.

Das richtige Exemplar braucht gute Recherche

Nun stellt sich die Frage: Wie findet man das beste Exemplar eines Autos, das keineswegs selten, aber sehr gefragt und meist recht teuer ist? Das klappt nur mit guter Recherche. Zuerst wird die zwingend nötige Ausstattung abgesteckt – in unserem Fall das große Navi Comand Online und die werksseitige Hängerkupplung, weil die einen verstärkten Motorlüfter mit sich bringt. Farbe und Optik? Zweitrangig! Mit weit gefasstem Rahmen für Preis und Laufleistung geht es nun auf die bundesweite Suche nach Inseraten, deren Ersteller (egal ob Händler oder privat) einen seriösen Eindruck machen und somit eine Besichtigung lohnen.

Ich habe mir neben den wichtigsten Ausstattungsmerkmalen den Kilometerstand und den Preis in eine Exceltabelle eingetragen und so eine Kurvengrafik erzeugt, die zeigt, wo ein Angebot im Verhältnis zum Preisdurchschnitt steht. Aufgrund der recht problemlosen Technik ist der Preis zunächst wichtiger als die Laufleistung. Je nach Zustand und Wartungshistorie kämen bis zu 200.000 km ohne größere Bauchschmerzen infrage. Trotzdem gilt natürlich: Weniger ist hier definitiv mehr.

Karosserie: Eine Frage des Schmucks

Sachlich gesehen besitzt jeder GLC beste Voraussetzungen, im Karosseriekapitel keine Wünsche offen zu lassen. Der Wagen ist geräumig, sprengt dabei jedoch nicht zu sehr die Maße – eine Wohltat in Parkhäusern und Autobahnbaustellen – und außerdem bestens verarbeitet. Der Lackauftrag ist sauber und auch am Unterboden ist alles so sorgfältig verarbeitet, dass auch unter den flächendeckenden Verkleidungen nicht mit Rostnestern oder ähnlichen Mängeln zu kämpfen ist. So darf man sich im wahrsten Wortsinn auf die schönen Dinge des Lebens konzentrieren, schmückendes Beiwerk nämlich. Denn hier fällt deutlich die Verwandtschaft zur C-Klasse W 205 auf. Damit meinen wir nicht die enge Nähe zum Design, sondern die Tatsache, dass ein mager ausgestatteter GLC auch so kärglich daherkommt wie ein Taxi. Ohne LED-Scheinwerfer und eine der beiden Optik-Linien (Exclusive oder AMG-Line) besitzt er keinerlei Zierrat. Auch die Basis-Alufelgen lassen erst auf den zweiten Blick erkennen, dass es sich nicht um Radkappen handelt. Doch all dies ist natürlich Geschmackssache und trübt den Eindruck nicht wirklich. Im Gegenteil: Schickimicki-Specs sind so beliebt, dass die relativ seltenen Buchhalter-GLCs meist deutlich günstiger sind.

Gebrauchtwagencheck Mercedes GLC X253 W253
Lena Willgalis

Innenraum: Modern oder nur modisch?

Ganz ähnlich verhält es sich im Interieur. Ohne Exclusive- oder AMG-Line bleiben die herrlich filigran und taktil gemachten Lüftungsausströmer unverziert schwarz und auch auf die Tubenoptik im Kombiinstrument wird verzichtet. Ist nicht das einst teure Comand-Online-Infotainment verbaut, ist der Bildschirm im aufgesetzten Display eine ganze Ecke kleiner. So werden die Ränder viel dicker. Sie kennen das von alten Smartphones mit mehr Rand als Bildschirm. All das ist kein Problem, lässt das an sich sehr aufwendig gemachte Cockpit aber schnell alt aussehen. Gleich noch eine Standpauke: Wurde kein Edelholz oder sonstiger Zierrat aus Alu oder Carbon gebucht, besitzt die Mittelkonsole eine Klavierlackoptik. Im fabrikneuen Zustand sieht das klasse aus. Nach zwei Tagen stören aber schon die ersten Staubkörner und Fingertapser, nach zwei Monaten bereits flächendeckende Haarkratzer vom ständigen Entstauben. Machen wir uns nichts vor: Das ist einfach nur glänzend gegossenes Plastik. Dafür begeistert der Rest des Interieurs mit daimlertypischer Schwere. Alles ist satt verarbeitet und liegt bestens zur Hand. Ergonomie und Bedienbarkeit sind gerade nach heutigen Maßstäben erstklassig. Denn auf viele Features muss man nicht verzichten – wohl aber auf unnötige Bedienhürden und übergriffige Warntöne.

Gebrauchtwagencheck Mercedes GLC X253 W253
Lena Willgalis

Die Bestandsaufnahme geht weiter

Die ersten Besichtigungen verliefen jedoch wegen meist schlechten Zustands enttäuschend. Damit entwickelte sich ein Kandidat im VW-Autohaus Elitzsch in Meißen mit einer fast vollständigen Funktionsausstattung zum Favoriten. Baujahr 2016, Memorysitze, komplette Fahrassistenz, Head-up-Display, Panoramadach, aktives LED-Licht – alles dabei. Nicht jedoch reine Optik-Schmankerl wie AMG-Lenkrad oder 20-Zöller, die wir in unserer Inseratsliste als echte Preistreiber identifiziert haben. Umgekehrt erweist sich, dass allzu karge GLC-Exemplare mit schlichten Basis-Halogenscheinwerfern und ganz ohne Zierrat häufig länger auf Interessenten warten als maßvoll angeschmückte Autos wie unseres mit der Exclusive Line.

Das aussagekräftige Inserat und die Vorabgespräche beantworteten alle Fragen. Alles machte einen ehrlichen Eindruck. Bei der kurz darauf erfolgten Besichtigung bestätigte sich das gute Gefühl. Der Wagen entsprach der Beschreibung und stand da, wie man es von einem Mercedes mit moderaten 106.000 Kilometern auf dem Zähler erwartet. Also mit einem einwandfrei laufenden Antrieb ohne Störgeräusche, mit Funktionsfähigkeit bis zur letzten Taste, aber auch einem kleinen Schönheitsfehler am aufgeriebenen Kunstlederteil des Fahrersitzpolsters. Das hat Mercedes bei seinen Artico-Bezügen lange nicht in den Griff bekommen. Vollledersessel halten deutlich länger.

Motoren: Diesel am besten vor der Mopf

Die ausgiebige Probefahrt offenbarte, dass dieser GLC nicht anders fährt als die fabrikneuen Testwagen, die wir seit dem Debüt 2015 immer wieder unter die Lupe genommen haben. Die frisch und kraftvoll wirkende Leistungsentfaltung ist nicht ganz selbstverständlich. Je nach Fahrprofil kann sich nämlich eine gewisse Behäbigkeit einstellen, wenn der Vorbesitzer zumeist eher zögerlich statt zügig oder ständig im Kurzstreckenverkehr unterwegs war und somit Ablagerungen in Motor und Abgasanlage Ersteren am Durchatmen hindern. Im gleichen Kontext kommt es bei den Dieseln häufig vor, dass der NOX-Sensor, der das Abgasverhalten überwacht, getauscht werden muss; zudem kann die Harnstoff-Einspritz- düse (AdBlue) durch Ablagerungen verschmutzt sein. Die Reparatur kostet 600 bis 800 Euro.

Mercedes GLC Motor
Achim Hartmann

Auch motorseitig sind keine großen Ausfälle zu befürchten. Ein Rückruf betraf die Kühlmittelpumpe, sie konnte undicht werden. Einige Dieselbesitzer verschließen den Bypass der bedarfsmäßig arbeitenden Ölpumpe. Das bringt statt der minimal besseren Effizienz dann allzeit die maximal mögliche Schmierung. Über den Sinn der Maßnahme scheiden sich die Geister. Unruhe und Wummern im Antrieb? Das kann von einer ausgeschlagenen Lagerung der Kardanwelle kommen. Anders sieht es mit den OM654-Dieseln nach der Modellpflege aus. Sie sind zwar in ihren Fähigkeiten eine meisterhafte Ingenieursleistung, doch derart auf Effizienz getrimmt, dass das ohnehin bereits sehr dünnflüssige Öl anfällig für Verdünnung ist, wie sie etwa durch abgebrochene Rekuperationen oder ständiges Laufenlassen im Stand geschieht. Das haben wir im Detail bereits in der Kaufberatung zur E-Klasse W 213 erklärt.

Die Benziner sind dagegen ohne echte Kritik. Sie gehören im GLC wahrlich nicht zu den sparsamsten Aggregaten der Welt, schlagen aber nicht über die Stränge. Trotzdem: Der GLC für jeden Zweck hat einen Dieselmotor – und das, obwohl die Benziner so souverän funktionieren. Gute Haltbarkeit, wenig Verbrauch und viel Drehmoment, über das formidable Neunganggetriebe auf die Straße gebracht – das geht kaum besser. Der 250 d ist verbreitet und oft nicht oder kaum teurer als ein 220 d, dabei aber wiederum sparsamer als die Sechszylinder.

Getriebe: Alles im grünen Bereich

Sollte die stets serienmäßige Neunstufen-Wandlerautomatik träge oder ruckartig schalten, dürfte das zunächst nur eine Sache des Software-Anlernens sein. Das Getriebe-Setup passt sich ständig neu an, weshalb ein einfacher Reset (eine bestimmte Abfolge aus eingeschalteter Zündung und Durchtreten des Fahrpedals) oftmals schon hilft. Sonst kommt es praktisch nie zu Problemen mit dem Getriebe. Trotz Lifetime-Füllung ist jedoch alle 60.000 bis 100.000 Kilometer ein Getriebeölwechsel mit Spülung ratsam. Geschaltet wird, wie mittlerweile üblich bei Daimler, über einen kleinen Elektronikwählhebel an der Lenksäule. Auf die Weise bleibt viel Platz für eine große Ablage und Cupholder in der Mittelkonsole.

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Lena Willgalis

Fahrwerk: Airmatic hat Vorteile

Konstruktiv findet sich an den Radaufhängungen des GLC nichts anderes als bei klassischen Mercedes-Limousinen. In Mittelklasse-SUV-Auslegung bleibt daher nicht viel Geradeauslauf, Spurtreue, Agilität oder auch Kurvendynamik auf der Strecke. Da wird schnell spürbar, dass rauhe Offroad-Kapriolen wohl nirgends im Lastenheft standen. Schön wäre gewesen, hätte man auf einen Hauch Direktheit verzichtet und dadurch zumindest das serienmäßige Stahlfahrwerk eine Idee weicher abgestimmt. Gerade kurze Schläge gibt die Fuhre relativ hart ins Innere durch. Das zuverlässig arbeitende Optionsfahrwerk federt mit Luft (Serie mit Offroad-Paket). Das bringt nicht nur flauschigeren Komfort, sondern auch die Vorteile der variablen Fahrzeughöhe und des Niveauausgleichs an der Hinterachse. Letzteres macht aus dem guten Zugfahrzeug ein sehr gutes. Ebenfalls typisch Mercedes: Stellen Sie sich auf Verschleiß ein. Näheres im Mängelkapitel.

Mängel: Stimmt was nicht, liegt's oft an mangelnder Wartung

Dass wir ohne Überredung zum Check auf die Hebebühne fahren durften, war ebenfalls ein gutes Zeichen – das Autohaus hatte nichts zu verbergen. Der Unterboden des GLC ist aus Gründen der Aerodynamik zum größten Teil verkleidet. Sollten hier die recht labilen Kunststoffhalterungen und -schrauben nicht ordnungsgemäß sitzen, kann das ein Grund sein, genauer hinzusehen. Hier war jedoch alles in Ordnung. Wichtiger: der Check des Fahrwerks nebst seinen vielen Gelenke. Wie es bei Mercedes zur Tradition gehört, schlagen die an den vorderen Radaufhängungen besonders gern aus, gerade an Traggelenken und Koppelstangen. Kräftiges Durchbewegen mit einem Hebel empfiehlt sich hier also. Nicht untypisch: die verschlissene Bremsanlage vorn. Hier kam uns das Autohaus entgegen, ebenso mit einem frischen Service, der fällig war.

Gebrauchtwagencheck Mercedes GLC X253 W253
Lena Willgalis

Preise: Was muss sein, was nicht?

Da wir durch die früheren Besichtigungen und den detaillierten Preisüberblick am heimischen Rechner genau über die aktuelle GLC-Marktlage im Bilde sind, konnten wir guten Gewissens zuschlagen. Und zwar sofort, denn talentierte Volumenmodelle sind halt sehr begehrt, weshalb man bei zu langem Zögern Gefahr läuft, dass ein Favorit schon tags darauf vergriffen ist. Das Angebot ist groß. Gut 2.900 GLC stehen im Netz, wenn man als Grenze großzügige 250.000 Kilometer ansetzt. Dann beginnt die Liste der günstigsten kaufbaren Autos bei gut 18 000 Euro. Die halbe Laufleistung startet bei 21 000 Euro, dann aber nur mit karger Ausstattung. Sweet Spot: zwischen 25.000 und 30.000 Euro. Die ganz jungen Exemplare gibt’s ab 40.000 Euro. Wer Zweifel am Zustand eines bestimmten Autos hat, lässt es lieber und sucht angesichts des großen Angebots nach einem besseren Inserat. Das Gute daran ist, dass man ja nicht wieder ganz von vorne beginnt.

Denn das dauert: Die Such- und Beobachtungsphase vor der ersten Besichtigung eines GLC hat auch den erfahrenen Gebraucht-Redakteur rund sechs Wochen Zeit gekostet.