Diese Gebrauchten sollten sie kaufen, und diese lieber nicht

Kaufen Sie den, nicht den!
Diese Gebrauchten sollten Sie besser nicht kaufen

Zuletzt aktualisiert am 11.03.2025

Autokäufer sind bekanntermaßen Gewohnheitstiere. Seit eh und je beweisen die Zulassungszahlen, dass dabei zwei konkurrierende Faktoren im Vordergrund stehen. Einerseits vertrauen viele auf den Mainstream, greifen also gern zu Neuwagen, die nur ja nicht zu exotisch sein dürfen, andererseits gliche es einem Fauxpas, wenn man beim Autokauf zu sehr aus der Mode fiele. Das zeigt zum einen die Zulassungstabelle und (vielleicht noch eindrucksvoller) der Blick in eine durchschnittliche Reihenhaussiedlung. Dort gehört derzeit neben dem Kieselsteinvorgarten und dem vollautomatischen Dampfrührer mit Datteldiptaste in der Küche auch ein möglichst modisches Familienauto zum guten Ton. Weil das immer mehr Neuwagenkäufer so sehen, schlägt sich dieses Phänomen schon seit einer ganzen Weile auch auf den Gebrauchtmarkt nieder. Hier wiederum leidet die Nachfrage an Autos, deren Modefaktor etwas weniger auf Höhe der Zeit liegt. Glauben Sie nicht? Nun, Ford stellt nach dem Fiesta noch in diesem Jahr den Focus ein und hängt damit 58 Jahre Kompaktwagenbau an den Nagel. Grund genug also, zu betrachten, welche beliebten Gebrauchten gemessen an trockenen Fakten gar nicht mal so empfehlenswert sind, und welche im direkten Vergleich ein sinnvolles Schnäppchen darstellen.

Kaufen Sie keinen T-Roc, sondern lieber einen Golf

Wer unser Mode-Zaudern in der Einleitung noch nicht so ganz verstanden hat, sollte unbedingt einen Blick auf den VW T-Roc werfen. Das ist im Prinzip kein schlechtes Auto. Sein einziger Fehler? Er kann nichts besser als der Golf auf dem er basiert. Im Gegenteil: Wer beide Autos nebeneinander parkt und nach Herzenslust vergleicht, merkt, dass der Golf an vielen Stellen etwas feiner verarbeitet ist und sogar mit einigem Abstand über die hochwertigeren Materialien im Innenraum verfügt – speziell im Vergleich mit dem noch heute sehr empfehlenswerten Golf 7. Viele könnten nun meinen, dass der T-Roc mit seinem voluminös wirkenden Crossover-Auftritt dafür etwas mehr Platz und eine höhere Sitzposition, damit also klassische SUV-Vorzüge böte. Im Kofferraum geht diese Rechnung um Haaresbreite auf. Hier steht's 380-1.270 Liter (Golf) zu 445 zu 1.290 Liter (T-Roc). In Knickmaß und Sitzraum, also den Messwerten, die für das Platzangebot im Innenraum zählen, hat der Golf die Nase vorn. Selbst die Innenbreite unterscheidet sich gerade mal um 5 Millimeter zugunsten des T-Roc. Der Unterschied in der Sitzhöhe (in niedrigster Position natürlich) beträgt ein Plus von gerade mal zwei Zentimeter im T-Roc.

Kompakt gegen SUV, VW Golf, VW T-Roc, Vergleich, ams2218
Achim Hartmann

Zwischenfazit: Wer kompakt unterwegs bleiben möchte, aber wirklich mehr Platz braucht, greift zum Tiguan, statt zum T-Roc. Der kleinliche Vergleich der Datentabellen wäre müßig, wenn Golf und T-Roc zumindest gleich teuer wären. Doch hier werden die Unterschiede erst so richtig beachtlich. Steuer und Versicherung liegen etwa gleichauf, und auch die meisten Ersatzteile sind identisch. Zum ausgewachsenen SUV wird der T-Roc dann bei den Reifendimensionen, für die im Austausch deutlich höhere Preise fällig werden. Auch der rund 0,5 Liter höhere Verbrauch mag zunächst kleinlich erscheinen. Alles in allem läppern sich die Unterhaltskosten übers Jahr gerechnet eben doch. Zu guter Letzt findet sich der größte Unterschied bei Kauf. In den Onlineportalen stehen deutlich mehr Golf zum Verkauf als T-Roc, wodurch Golf-Käufer auch in der Preisverhandlung besser dastehen. Ohnehin liegen diese im direkten Vergleich bereits durchschnittlich etwa 2.500 Euro unter denen des T-Roc – freilich mit demselben Baujahr und der identischen Motorisierung. Und darin eingeschlossen sind sogar die zahlreichen Golf Variants, die nochmal einen enormen Raumvorteil bringen. Ist Mode wirklich so viel wert?

Kaufen Sie keinen Opel Crossland, sondern lieber einen älteren Mokka X

Szenenwechsel. Von VW geht es zu Opel, nur dass wir diesmal im Crossover-/Klein-SUV-Format blieben. Hier zählt das handliche Format, das gute Platzangebot, welches bei beiden durch eine hohe und aufrechte Sitzposition mit guter Übersicht begünstigt wird. Kurzum: Ein gutes Rezept für den perfekten Einkaufs- und Kinderwagen, wie er gern von Familien im vorwiegenden Kurzstreckenbetrieb genutzt wird. Der Opel Crossland (seit 2020 ohne X) ist hierfür eine weitverbreitete Option. Trotzdem würde der Kenner hier eher zum Opel Mokka (2012 bis 2019) raten, genauer zum gelifteten Mokka X ab 2016. Während der Crossland eher die Minivan-Idee des Meriva weiterführte, war der Mokka schon immer als kleiner SUV platziert. Beide sind aber gut 4,20 m lang und bieten sehr vergleichbare Innenmaße, die beide wiederum einer hohen und aufrechten Sitzposition zu verdanken haben. Der Crossland, gebaut von 2017 bis 2024, ist strenggenommen das neuere, frischere Modell. Er war der erste Opel, der nach der PSA-Übernahme 2017 debütierte und folglich auch den PSA-/Stellantis-Technikbaukasten nutzt. Und genau hier liegt des Pudels Kern. Wie schon der deutlich niedrigere Neupreis suggeriert, ist der Crossland das billiger gemachte Auto mit einfacherer Technik, spürbar simplerer Karosserieverarbeitung und Fahreigenschaften, die mess- und fühlbar unter dem Niveau des recht hochwertig gemachten Mokka X liegen. Die beiden Modelle sind das perfekte Beispiel für das gern genutzte Qualitätsmerkmal "Türzuschlagen". Was beim Mokka X noch schwer und solide klingt, erinnert im Crossland an die Kollision eines Golfballs mit dem Blechbriefkasten des Nachbarn.

Opel Mokka X, Best Cars 2020, Kategorie I Kompakte SUV/Geländewagen
Achim Hartmann

Das K.-o.-Kriterium sitzt unter der Motorhaube. Wer im Crossland nicht den seltenen Diesel wählt (und das tun nicht viele), bekommt zwangsläufig ein Exemplar mit dem berüchtigten 1.2-PureTech-Dreizylinder, wie es ihn auch bei Citroën oder Peugeot gibt. Über den größten Teil seiner Laufzeit nutzte dieser einen Ölbad-Zahnriemen, der chemisch anfällig ist und aus gleich mehreren Gründen früher oder später zum teuren Problemfall wird, selbst wenn größte Mühe auf die Verwendung der genau richtigen Ölsorte gerichtet wird. Wer eine andere Wahl hat, sollte diesen Motor nicht kaufen. Im Mokka X – er ist noch eine reine Opel-Entwicklung – sitzen ausnahmslos erprobte Vierzylinder, die in den meisten Versionen zwar nicht allzu spritzig sind, und gern mal hier und da ein Ölleck bekommen, aber zumindest anstandslos zuverlässig laufen. So kommt zum ohnehin objektiv besseren Auto zudem noch solide Technik, wo der Crossland eher eine tickende Zeitbombe nutzt. Da ist die richtige Wahl keine Frage mehr, zumal der Mokka X meist etwas feiner ausgestattet ist als der oft günstig konfigurierte Crossland. Und: Ein gut funktionierendes Infotainment mit Apple Carplay und Android Auto ist in späten Baujahren fast immer an Bord. Spannenderweise wirkt er optisch nicht unbedingt altbackener als ein Crossland. Preislich sind beide übrigens in etwa gleichauf, obwohl das Angebot des empfehlenswerten Mokka X spürbar kleiner ist.

Opel Crossland
Opel

Kaufen Sie keinen Renault Scénic, sondern lieber einen VW Touran

Renault Scénic TCe 140 Bose Edition , Einzeltest, asv1519
Renault

Unsere letzte Empfehlung richtet sich an die, die überlegen, die oftmals etwas freudlose Wahl des Familien-Raumwunders durch etwas mehr Mut zum Design aufzupeppen. So oder so ähnlich dachte Renault beim Debüt des von 2016 bis 2023 gebauten Scénic der vierten Generation, genauer dem letzten Scénic, der sich als Familien-Van versteht. Der gleich heißende Nachfolger ist seitdem nämlich ein SUV, kein Van mehr. Augenscheinlich ist das gelungen. Denn wo andere Großraum-Kompakte ein wenig überraschendes Kastendesign nutzen, besitzt der Scénic Rundungen, große Glasflächen, futuristische Leuchteinheiten und überhaupt eine eindrucksvoll spacige Außenwirkung. Wie wichtig dieser Faktor bei der Modellvorstellung war, zeigen eigens für den Scénic kreierte Reifendimensionen: stattliche 20 Zoll Felgendurchmesser, dafür aber nur 195 mm Breite, ganz gleich ob in der edelsten Ausführung, oder in der Stahlfelgen-Basis mit Radkappen. Dass große Räder zumindest von der Seite den Look eines Entwurfs verbessern, weiß jeder Designstudent. Umgekehrt bedeutet diese Neukonstruktion hohe Entwicklungskosten, eine ziemlich magere Auswahl an (ebenfalls sehr teuren Reifen), unhandliche Lagerverhältnisse für die Winterräder zu Hause in der Garage, und vor allem ein eigentümlich steif-staksiges Handling mit eher geringen Seitenführungskräften, die von einem strafferen Fahrwerk aufgefangen werden. Klingt merkwürdig, fährt auch so.

Zugeständnisse zugunsten eines aufregenden Designs lässt sich mancher bei exquisiten italienischen Sportwagen gefallen. Aber bei einem Familienvan? Das Zaudern bleibt, denn wo der Scénic 4 eher spröde federt, konnte man seinen Vorgängern höchstens vorwerfen, sie seien zu weich – nur dass genau dies zum gemütlichen Raumwunder-Charakter beitrug. Letzteren hob Renault ebenfalls in die moderne, aber eher optisch, statt mit echtem Raumangebot. Denn die alten Scénics boten gerade für Fond-Insassen etwas mehr Platz, der neue dafür eine luftig-elegante Panorama-Frontscheibe. Die alten Scénics hatten, wo man hinsah, praktische Fächer, in denen man Bonbons vergessen oder nützlichen Kleinkram unterbringen konnte. Der neue hat eine Schublade als Handschuhfach, die kaum Platz zum Öffnen hat, wenn vorn rechts jemand mit Beinen sitzt. Wer gern gute Autos fährt, erlebt letztlich den größten Verdruss beim Versuch, eines der haarsträubendsten Infotainment-Systeme der letzten Jahre zu bedienen. Als Studie wäre dieser Scénic eine spannende Sache gewesen. Als Familienauto wirft er den Wunsch nach guter alter Hausmannskost auf, so fad sie einem auch erscheinen mag. Ein biederer Touran macht zugegeben weniger her, doch gehört er zu der Art Auto, die nichts wirklich schlecht beherrscht. Noch gibt es den um ein vielfaches geräumigeren (ab nur 13 Zentimeter längeren) VW zu vergleichbaren Preisen – wenn auch schon bald nicht mehr als Neuwagen. Auch der längere Grand Scénic muss sich dem schieren Nutzwert des sauber abgestimmten Wolfsburgers geschlagen geben.