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Giotto Bizzarrini gestorben
Genialer Konstrukteur bei Ferrari und Iso Rivolta

Giotto Bizzarrini gehörte zu den größten italienischen Fahrzeug-Konstrukteuren. Sein Weggang bei Ferrari schwächte die Marke. Ihm selbst waren seine Konstruktionen wichtiger als das Geschäft.

Giotto Bizzarrini
Foto: Klemantaski Collection via Getty Images

Giotto Bizzarrini kam am 6. Juni 1926 in Livorno in der Region Toskana auf die Welt – sein Vater war ein reicher Grundbesitzer. Giotto selbst hatte sich bereits früh für Technik interessiert, eine Leidenschaft, die er wohl von seinem Großvater geerbt hat. Der hatte bereits an der Entwicklung der Funktelegrafie unter Guglielmo Marconi mitgewirkt. An der Uni Pisa machte Bizzarrini 1953 seinen Abschluss als Diplom-Ingenieur. Bis 1954 lehrte er an der Uni, dann zog es ihn als Testfahrer zu Alfa-Romeo. Schnell erlangte er den Ruf, Probleme bei Fahrzeugen zu erkennen und zu lösen, weshalb ihn drei Jahre später Ferrari abwarb.

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Giotto Bizzarrini
Klemantaski Collection via Getty Images
29. Februar 1964: Giotto Bizzarrini hinterm Steuer des von ihm entwickelten Iso Rivolta Grifo A3.

Bei Ferrari stieg Bizzarrini schnell zum Chefingenieur auf und verantwortete Modelle wie den Ferrari 250 GTO, der heute zu den legendärsten und mit Preisen im mittleren achtstelligen Eurobereich teuersten Sportwagen-Klassikern gehört. Allerdings verließ Bizzarrini Ferrari, als der 250 GTO bis zu Hälfte fertig entwickelt war – und zwar in einer denkwürdigen Aktion, die als Great Walkout (Großer Auszug) oder auch als Ferrari-Nacht der langen Messer in die Geschichte eingegangen ist. Beim Great Walkout verließen nämlich die erfahrensten Ingenieure, darunter auch der technische Direktor Carlo Chiti, den italienischen Sportwagen-Hersteller. Der Grund war das Verhalten von Enzo Ferraris Frau.

Ferrari 250 GTO - Berlinetta - V12 - Klassiker - Oldtimer - V12
talacrest.com
Der Ferrari 250 GT gehört heute zu den teuersten Klassikern.

The Great Walkout – Aderlass für Ferrari

Enzo Ferraris Sohn Alfredo "Dino" Ferrari war 1956 im Alter von 24 Jahren an einer erblich bedingten Muskeldystrophie gestorben. Daraufhin zog sich Enzo Ferrari immer mehr zurück und verließ kaum noch sein Büro in Modena. Es heißt, dass dann Enzo Ferraris Frau Laura Dominica Garello täglich über das Firmengelände patrouillierte und auf tyrannische Art die leitenden Angestellten drangsalierte. Am heftigsten setzte sie Verkaufsleiter Girolamo Gardini zu, der 1961 Enzo Ferrari ein Ultimatum stellte: Entweder Laura Garello stoppt das Terrorisieren des Produktionsteams, oder er selbst verlässt das Unternehmen. Wenig überraschend, musste Gardini gehen.

Enzo Ferrari hatte allerdings unterschätzt, wie schwer seine Frau bereits die Stimmung in der Firma vergiftet hatte: Carlo Chiti, Bizzarrini, Scuderia Ferrari-Teammanager Romolo Tavoni und fünf weitere Mitarbeiter forderten eine Wiedereinstellung von Gardini. Nie zuvor musste der ebenfalls teilweise als tyrannisch geltende Enzo Ferrari so offenen und kräftigen Gegenwind aus seiner eigenen Firma ertragen. Enzo feuerte die Rebellen und schwächte damit seine Firma nachhaltig – die Demütigung durch Ford beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1966 steht auch im Zusammenhang mit diesem massiven Fachkräfte-Abfluss. Ferrari war durch den Ford-Sieg auf seiner Paradestrecke schwer traumatisiert – bis 1973 traten die Italiener mit der Le-Mans-Prototyp-Klasse (LMP) zwar noch bei den 24 Stunden von Le Mans an, holten aber keinen Sieg mehr. Erst 2023, also nach 50 Jahren Pause, traut sich Ferrari wieder in die Le-Mans-Königsklasse zurück.

Arbeit für Lamborghini und Iso Rivolta

Giotto Bizzarrini, sein Freund und Kollege Carlo Chiti sowie Romolo Tavoni wollten sich an Enzo Ferrari bei der Formel 1 und auf dem Markt für straßenzugelassene Sportwagen rächen. Sie gründeten Automobili Turismo e Sport (ATS) als Konkurrenzfirma. Allerdings hatte Bizzarrini schnell das Gefühl, sich neben Chiti nicht richtig entfalten zu können – also verließ er ATS wenige Monate später wieder. 1962 gründete er mit Autostar in Livorno sein eigenes Design- und Konstruktionsbüro. Dort entwickelte er unter anderem die Zwölfzylindermotoren der Lamborghini-Modelle 350 GTV, 350 GT und 400 GT. Für Iso Rivolta konstruierte Bizzarrini den IR 300 und den Grifo. Der teure GT IR 300 erlangte in Deutschland auch Berühmtheit, weil Polizisten RAF-Terroristenführer Andreas Baader auf der Motorhaube eines solchen Modells festnahmen – das silberfarbene Auto hatte wahrscheinlich Baader oder ein anderes RAF-Mitglied gestohlen.

Automarke Bizzarrini

1965 zerstritt sich Bizzarrini mit Iso-Rivolta-Chef Renzo Rivolta – die beiden beendeten ihre Zusammenarbeit. Das von Bizzarrini entwickelte Rennauto Iso Rivolta Grifo A3/C produzierte er unter seinem eigenen Namen als Bizzarrini GT 5300 Strada weiter. Das Styling des GT 5300 Strada kam von Giorgetto Giugiaro – als dieser noch für Bertone gearbeitet hatte. Giugiaro gründete dann seine eigene Firma Italdesign mit dem Ziel, innerhalb von 40 Tagen ein Design für ein Auto zu entwickeln, das auf dem Rennwagens Bizzarrini P 538 basierte. Heraus kam der aufsehenerregende Bizzarrini Manta, der 1968 auf dem Turiner Autosalon stand und der Italdesign fest in der ersten Reihe der italienischen Fahrzeug-Designfirmen etablierte. Der Manta selbst blieb allerdings ein Konzept. Giotto Bizzarrini ging es vornehmlich um exzellente Entwicklungsarbeiten, die finanzielle Seite seines Geschäfts vernachlässigte er – 1969 ging seine Firma bankrott.

Danach arbeitete Bizzarrini als Design- und Technik-Berater für große Auto- und Motorradhersteller im In- und Ausland – unter anderem für GM. Außerdem lehrte er an der Universität La Sapienza in Rom. Im Rahmen der Einweihung des neuen Design-Campus der Universität Florenz in Calenzano im Oktober 2012 verlieh ihm diese Uni die Ehrendoktorwürde in Industriedesign. Anfang 2023 gab der Londoner Luxusauto-Händler Pegasus Brands bekannt, Bizzarrini als Sportwagenmarke wiederzubeleben.

Am 13. Mai 2023 ist Giotto Bizzarrini im toskanischen Rosignano Marittimo im Alter von 96 Jahren gestorben.

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