Wir sitzen in einem der preiswertesten Porsche auf dem Gebrauchtmarkt. Nicht in einem der billigsten, denn dieser Boxster gehört zur zweiten Generation, Typ 987, die Ende 2004 auf dem Markt erschien. Es ist der 2,7-Liter aus dem Mai 2008, also nach der ersten Motorenüberarbeitung und somit 245 PS stark. Serienmäßig noch mit fünf Gängen, was durchaus kein Nachteil sein muss. Knapp 16.300 Euro verlangt die Autowelt Michael im niedersächsischen Beckdorf für den schwarzen Zweisitzer, damit ist er der günstigste bundesweit. Allerdings stehen auch schon über 223.000 Kilometer auf dem digitalen Zählwerk.
Davon ist beim Fahren nichts zu spüren, das Auto wirkt straff wie am ersten Tag. Die Verwindungssteifigkeit, bei alten Oben-ohne-Autos immer ein Thema, macht beim Boxster einen unerschütterlichen Eindruck. Nichts knarzt, knistert oder klappert. Man ahnt, weshalb Porsche immer ein wenig teurer sind. Auch das Fahrwerk beweist Klasse. Auf der Hebebühne offenbart es, dass noch keine wesentlichen Komponenten ausgetauscht worden sind. Nicht einmal die bei der Hauptuntersuchung gern bemängelten vorderen Querlenker, prinzipiell baugleich auch beim 911 (996 & 997) im Einsatz. Im Fall des Ausfalls bietet der freie Teilespezialist Meyle haltbaren Ersatz an. Wenn hier etwas erneuert wurde, dann allenfalls die vorderen Koppelstangen. Dringender Handlungsbedarf besteht jedoch bei den Anschlagpuffern der Stoßdämpfer, die sich teilweise bereits aufgelöst haben.
Auf der Suche nach dem Haken
Drinnen relativiert sich der perfekte Eindruck: Lenkrad und Schaltknauf tragen sichtbare Spuren der mehr als fünf Erdumrundungen. Und richtig eklig ist der klebrige Softlack an Schaltern und Mittelkonsole – ein Problem, das kaum einem Premiumfahrzeug aus dieser Zeit fremd ist. Die grau belederten Sitze hingegen sind in Würde gealtert und noch weit davon entfernt, durchgesessen zu sein. Aber der Innenraum und auch der stellenweise arg strapazierte schwarze Metallic-Lack sehnen sich nach ein wenig Zuwendung.

Die eher klassischen Mehrteiler-Alus im Techart-Stil lassen unser Fotoauto eher klassisch wirken als modern. Nach 225.000 Kilometern würde dem Lack eine Aufbereitung gut zu Gesicht stehen. Dann wäre er wieder taufrisch - so wie sein Fahrverhalten.
Also kaufen, die Kiste? Kommt darauf an, wofür. Als Erstwagen für Langstreckenpendler ist dieser Boxster sicher nicht geeignet, auf jeden Fall aber als schönes Spielzeug für Enthusiasten. Denn wenn man bedenkt, welche Summen manche Fans in x-beliebige Kompaktwagen versenken, um sie gemäß der aktuell gültigen Tuningmode zu "individualisieren", erscheint dieser Porsche als wahres Schnäppchen. Und im Zweifel eignet sich auch ein Boxster gut als Zweitwagen für kleinere Besorgungen oder den Weg in einen besonders sonnigen Arbeitstag.
Allerdings können Boxster – gedanklich können Sie jedes Mal "und Cayman " hinzufügen, denn die Technik ist identisch – dieser Ära auch Wundertüten sein. Denn ausgerechnet die legendären Sechszylinder-Boxermotoren sind, abhängig vom Baujahr, leider für kapitale Schäden anfällig.
Die Motoren werden 2009 haltbarer
Das ist nun nichts Neues für Porsche, denn der 911 krankt seit jeher an stetem Ölverlust seiner geteilten und verzugsfreudigen Motorgehäuse. Dass man den auch dem Boxster noch nicht ausgetrieben hat, ist der eigentliche Skandal. Vorzugsweise ist es der abtriebsseitige Kurbelwellendichtring, der allzu oft das Öl nicht halten kann. Für die Reparatur sind fünfeinhalb Stunden kalkuliert, der Stundenverrechnungssatz liegt im Porsche-Zentrum bei 300 Euro, da fallen die 30 Euro für den Dichtring dann auch nicht mehr ins Gewicht.

So sieht der Motor des Fotoautos von unten aus. Ein ehrliches schmutziges Aussehen - wie hier - ist nach vielen Kilometern ganz normal und herzlich willkommen. Ein blitzblank geputztes Triebwerk würde nur die Ursachen der häufig auftretenden Ölundichtigkeiten vertuschen. Nur die verrosteten Krümmerschrauben erfordern Aufmerksamkeit.
Und wenn das Getriebe schon mal draußen ist, sollte man sich auch die wohl kritischste Schwachstelle des Sechszylinder-Boxers vornehmen: das Lager der Zwischenwelle. Dieses neigt zum Festfressen mit anschließendem Salat der Steuerketten. Endresultat ist dann ein Totalschaden des Motors. Allerdings bahnt sich der Schaden langsam an, erste Indizien sind Tickergeräusche von der rückwärtigen Seite des Motors. Bis zu welchem Baujahr dieser Schaden auftreten kann, darüber scheiden sich die Geister, auch gibt es einreihige und zweireihige Lager. Fest steht aber, dass das Problem mit dem Modelljahr 2009 abgestellt wurde, denn die ab da verwendeten 2,9- und 3,4-Liter-Boxer haben keine Zwischenwelle mehr.

Quell der Freude: Der in unserem Fall gut patinierte Schalthebel versüßt das Fahren gegenüber den Automatikversionen enorm, speziell, wenn vor 2009 eine träge Wandler-Tiptronic verbaut ist. Solche Automatikautos sind daher gebraucht oft deutlich billiger als vergleichbare Handschalter.
Was ist ein Boxerfurz? Und warum sollte man ihn ernst nehmen?
Ob das Lager bei unserem Beispiel-Auto bereits erneuert wurde? Das lässt sich nicht nachvollziehen. Fest steht aber, dass der Motor sehr sauber und ruhig läuft und auch beim Anlassen keine Ölwolke zeigt. Das ist wichtig, denn dieser Boxerfurz, wie er in Fankreisen genannt wird, ist keineswegs harmlos, sondern ein erstes Alarmzeichen. Warum?
Das Motorengehäuse und damit die Zylinder bestehen aus Aluminium. Das ist zwar leicht, verfügt aber über keine guten Gleiteigenschaften. Deshalb sind in die Zylinder dünne Buchsen, sogenannte Liner, eingegossen, die aus einem Silizium-Keramik-Material bestehen. Und dieses sogenannte Lokasil kann relativ großflächig abplatzen. Dann passiert zweierlei: Der Kolben gleitet nicht mehr auf einer glatten Oberfläche, sondern rumpelt über Berg und Tal. Das klappert und wird als Kolbenkipper diagnostiziert. Gleichzeitig verteilen sich die abgeplatzten Splitter im Ölkreislauf und damit im gesamten Motor.
Die stärkeren Triebsätze mit 3,2 oder 3,4 Litern leiden dazu noch unter einem anderen Problem: Ihre Zylinder haben wegen des größeren Hubraums dünnere Wandstärken und neigen deshalb zum Verziehen. Auch das hat erhöhten Ölverbrauch und Kolbenkippen zur Folge.
Das muss jedoch nicht den Exitus bedeuten, denn es gibt unterschiedliche Reparaturmethoden. Sie werden von freien Motoreninstandsetzern angeboten und genießen damit keine Werksfreigabe, sind aber stets erheblich preiswerter als ein Austauschmotor. Natürlich muss der Motor dazu jeweils komplett raus und zerlegt werden – macht mit Wiedereinbau rund zehn Stunden.
Was, wenn der Motor bereits defekt ist?
Bei einer Variante werden die Zylinder nur leicht aufgebohrt, dadurch die defekten Beschichtungen entfernt und anschließend Stahlbuchsen mit darauf abgestimmten Kolben eingesetzt. Bei der anderen Methode werden die Aluzylinder komplett herausgeschnitten und durch solche aus Stahl ersetzt. Beide Lösungen haben Befürworter und Gegner. So sollen sich die Stahlbuchsen gelegentlich ebenfalls verziehen und die Stahlzylinder sich wegen der unterschiedlichen Ausdehnung im Vergleich zum Alu des Motorgehäuses lockern. Am besten ist es also, wenn der Originalmotor durchhält.
Dafür kann man etwas tun, wie etwa den Kühlkreislauf bei Laune halten. Dessen Hauptproblem sind die langen Alurohre, in denen das Kühlwasser zwischen dem Mittelmotor und den vorn liegenden Kühlern zirkuliert. Diese Rohre korrodieren, entweder von außen wegen Streusalz oder von innen aufgrund weit überzogener Wechselintervalle des Kühlmittels. Anstelle vom reinen sprichwörtlichen "Kühlwasser" stecken darin nämlich nicht nur Frostschutzmittel, sondern auch Substanzen, die vor Korrosion schützen. Auch die Übergänge von den starren Rohren zu den flexiblen Schläuchen gelten als problematisch. Tritt irgendwo Wasser aus und überhitzt deshalb der Motor, reagieren die Gehäuse mit Verzug und den bereits beschriebenen Folgeschäden.
Deutlich robuster ist die im August 2008 zum zweiten Facelift eingeführte Motorengeneration mit Namen MA1. Allerdings kosten solche Boxster mit ähnlichen Kilometerständen wie bei unserem Fotomodell rund 10.000 Euro mehr. Ein Rechenexempel mit ungewissem Ausgang.
Fest steht aber, dass der Boxster in diesem Artikel noch einwandfrei läuft. Und als Spielzeug in pflegenden Händen wird er dies wahrscheinlich auch noch in einigen Jahren tun – wie 75 Prozent aller je gebauten Porsche.
Mängel: Worauf muss sonst geachtet werden?
Porsches aus der Bauzeit des 987 sind zwar ausgezeichnet verarbeitet, aber trotzdem nicht frei von kleineren oder größeren Wehwehchen. So sollte man beim Spoiler unbedingt prüfen, ob er aus- und vor allem auch wieder einfährt. Weiter geht der Check an der Wagenfront: Auch Porsche-Scheinwerfer neigen nach ein paar Jahren zum Erblinden. Fast die Hälfte der gebauten Boxster und Cayman nutzen die Halogenversion. Schleifen und Polieren der Streuscheiben mit anschließender Versiegelung würde zwar Abhilfe schaffen, ist in Deutschland jedoch verboten. Im Cockpit gibt es so einige Prüfpunkte. So sollten Sie gut auf die ABS-Lampe achten. Sie muss beim Einschalten der Zündung aufleuchten, aber nicht während der Fahrt. Dann ist das ABS- und ESP-Hydroaggregat defekt. Pixelfehler im Klima-Bedienteil gehören zur Tagesordnung – übrigens ebenso wie die Softlackprobleme an allerlei Verkleidungen.

Im Cockpit kann allerlei Elektronik für Probleme sorgen - vom kleinen Pixelfehler bis hin zu kaputten Kondensatoren in Werksradios. Auch die Dauerhaltbarkeit der Materialien ist nicht immer ideal. Bestes Beispiel dafür sind die Softlack-Teile.
Auf der Hebebühne sollten Sie auf ausgeschlagene Spurstangenköpfe achten. Sie leiden beim Lenken im Stand und fallen dann bei der HU auf. Erster Kandidat bei Fahrwerksklappern: die Querlenker der Vorderachse. Soliden Ersatz gibt es im freien Handel. Auch bei Porsche ein Dauerthema: ausgeschlagene Koppelstangen. Auf undichte und ausgeschlagene Lenkgetriebe sollte geachtet werden. Ebenfalls keine Seltenheit ist eine ölfeuchte Antriebseinheit. Manchmal kann es nur die Dichtung der Ölablassschraube zu sein, häufiger ist es ein defekter Kurbelwellendichtring. Auffällig blanke Motoren sind womöglich nur rasch mit Bremsenreiniger gesäubert worden und werden nach einigen Tagen dann wieder zur Ölsardine. Pflichtprüfungs-Objekt: die oberen Enden der Stoßdämpfer-Kolbenstangen. Sie rosten, infolgedessen wird der Dämpfer undicht. Poröse Bremsschläuche und korrodierte Leitungen sind bei jedem älteren Auto ein HU-Thema. Obwohl die Abgasanlagen aus rostfreiem Stahl bestehen, entstehen Risse, Löcher und andere Schäden. Und richtig haarig wird's wenn die Schrauben der Krümmer wie so oft verrostet sind. Um an ihnen zu arbeiten, sollte dann schon Wochen im Vorraus mit Röstlöser eingeweicht werden. Zu guter Letzt nehmen Sie eine Taschenlampe und leuchten durch die großen Öffnungen des vorderen Stoßfängers auf Wasserkühler und Klimakondensator. Sie sind auch bei taufrischen Exemplaren steinschlaggefährdet.