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Renault Floride S Restaurierung
Schrauben für Bürgermeister als Ausgleich

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Joachim Weller ist Bürgermeister von Untergruppenbach bei Heilbronn – eine stressige Tätigkeit. Die nötige Erholung findet er beim Schrauben an Oldies, so beim Restaurieren einer Renault Floride S.

Renault Florida S, Heckansicht, Joachim Weller
Foto: Fact

Die Kenner der Renault- Floride - und Caravelle-Modelle sehen es wahrscheinlich auf den ersten Blick: Die hier abgebildete Floride S von 1962 ist nicht in allen Details original. Das weiß auch Besitzer Joachim Weller, der mittlerweile schon acht solcher Modelle in seiner Garage stehen hatte.

"Mein erstes Auto war allerdings ein Fiat 500", erzählt der gebürtige Heilbronner und fügt lachend hinzu: "Der hatte einen Mercedes- Kühlergrill, was damals als lustig empfunden wurde, doch heute würde ich das nicht mehr so gut finden." Auf die schicken Renault Floride und Caravelle wurde er Anfang der 90er-Jahre durch einen Bericht in einer Zeitschrift aufmerksam. In dieser Zeit studierte er und suchte ein günstiges Cabrio. Die Floride schien ihm das passende Gefährt, und als er entsprechende Annoncen studierte, stieß er zufällig genau auf jenes Exemplar, das er aus dem Artikel kannte, der seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Er kaufte den Wagen. "Doch es war mit Abstand die schlechteste Floride, die ich je hatte", erinnert er sich. "Während der Fahrt waren die Verwindungen der Karosserie so stark, dass der Lack zwischen Tür und Kotflügel wegplatzte."

Es gab also einiges zu reparieren an diesem Auto, und das nehmen die Wellers gerne selbst in die Hand. Das nötige Fachwissen wird von Generation zu Generation weitergereicht, und so schrauben Joachim Weller und Vater Peter begeistert an Oldtimern, obwohl beide von Beruf Verwaltungsfachmänner sind. Joachim Weller ist sogar Bürgermeister, und wenn nach einem anstrengenden Tag abends die Nerven blank liegen, verschwindet er ein oder zwei Stunden in der Garage bei seiner Floride. "Dann bin ich wieder ausgeglichen, was auch dem Familienleben guttut", sagt der 46-Jährige.

Aber nicht nur deshalb begeistert sich die Familie für das Thema Oldtimer. Der 13-jährige Sohn Lukas hilft gelegentlich gerne beim Schrauben, und Gattin Dorle genießt die gemeinsamen Ausfahrten.

Floride S ein Import aus Frankreich

Die cremefarbene Floride S war übrigens das Hochzeitsauto. Aufgespürt hat Weller den Wagen in Montabaur. Der Vorbesitzer hatte ihn aus Frankreich importiert, fahrbereit machen lassen und dann seiner Frau zum 60. Geburtstag geschenkt, weil sie die Tochter eines ehemaligen Renault-Händlers war.

Weller besaß bereits ein von der Substanz her gesunderes weißes Exemplar mit einigen nicht mehr so ansehnlichen Anbauteilen. Daher wollte er an der cremefarbenen Floride die guten gegen die schlechteren Teile tauschen und dann das Auto wieder verkaufen. Doch seiner Frau gefiel die Kombination mit der roten Innenausstattung so gut, dass er seine Absicht aufgab und sich schweren Herzens von dem besseren weißen Exemplar trennte.

Allerdings hatte er nicht vor, das Auto aus Montabaur einer Komplettrestaurierung zu unterziehen. Dennoch kam er um einige Blecharbeiten nicht herum. Am Unterboden der Floride entdeckte er diverse Durchrostungen, die es zu beseitigen galt. Da er auch das Schweißen beherrscht, konnte er die von ihm entsprechend zurechtgeschnittenen Bleche selbst einschweißen.

An der Front hatte einer der Vorbesitzer eine Kühlergrill-Attrappe angebracht. Diese entfernte er und schweißte die verbliebenen Befestigungslöcher zu. Etwas länger dauerte die Anfertigung der Reserveradhalterung. Das Reserverad ist über eine nach unten öffnende Klappe unterhalb der Vorderstoßstange zugänglich. Das Gestell, in dem es ruht, war bei dieser Floride total vergammelt und musste neu angefertigt werden.

Beim Kauf des Autos hatte Weller auch ein Hardtop mitbekommen, doch das gehörte nicht zu diesem Modell. Es gelang ihm, ein passendes Hardtop aufzutreiben, das aber aufgearbeitet und neu lackiert werden musste.

Alle diese Arbeiten bereiteten ihm großes Vergnügen. Zwar geht er nicht oberflächlich zu Werke, aber er hat auch keine schlaflosen Nächte, wenn etwas nicht perfekt wird. "Und für vieles brauche ich sicher zehnmal so lange wie ein Fachmann", gesteht er. Es wäre auch widersinnig, sich unter Zeitdruck zu setzen, schließlich handelt es sich um ein Hobby.

Es gab aber auch schon Situationen, in denen ihm der Spaß verging. Zum Beispiel, als er bei einer seiner anderen Floride mit dem Kopf voraus im Fußraum lag und einen Kabelbaum verlegte. Im festen Glauben, die Batterie ausgebaut zu haben, bohrte er ein Loch ins Blech und aus Versehen die doch noch montierte Batterie an. Sofort lief die Batteriesäure aus, tropfte neben ihm auf den Boden und dann ihm ins Gesicht und in die Augen. Die folgende Blaulichtfahrt mit dem Krankenwagen hat er bis heute nicht vergessen. "Das war ein Augenblick, in dem ich dachte: Jetzt suche ich mir ein anderes Hobby", sagt Weller. Zum Glück ging alles gut aus, doch seitdem arbeitet er noch gewissenhafter und achtet stets auf die richtige Schutzkleidung wie Handschuhe, Schleifbrille etc.

Doch zurück zu dem hier abgebildeten Auto. Im Innenraum hielten sich die notwendigen Arbeiten in Grenzen. Das in Rot gehaltene Armaturenbrett wurde in Wagenfarbe lackiert, Sitze und Seitenverkleidungen gereinigt. "Eine komplette Erneuerung des Interieurs hätte die Patina zerstört", findet Weller. Die in Schwarz gehaltenen Armlehnen an den Türen hat er mit einem zu den Sitzbezügen passenden roten Stoff bezogen. Den fand er in seinem kleinen Lager, denn wegen der nur mäßigen Ersatzteilversorgung für diese französischen Autos hat er sich über die Jahre viele Teile zurückgelegt, besonders solche, die nur in der Floride Verwendung fanden, wie etwa der Benzintank.

Ersatzteile für Floride nur wenige verfügbar

Selbst in Frankreich, wo er vor längerer Zeit mit einem Bekannten neben diversen Weingütern auch viele Schrottplätze aufgesucht hatte, war kaum etwas zu finden gewesen. So manches Ersatzteil lässt sich aber aus den USA beschaffen, wohin die Floride ab 1959 unter der Bezeichnung Caravelle geliefert wurde.

Die Beschaffung von Technikteilen ist weniger problematisch. Für den Motor benötigte Weller nur wenige, denn das Triebwerk machte beim Kauf einen gesunden Eindruck. So blieb es bei einer großen Inspektion mit Ölwechsel, neuen Zündkerzen, neuem Unterbrecherkontakt etc. Demnächst will Weller den montierten Vergaser noch durch eine Weber-Anlage ersetzen.

Am Fahrwerk hat er alle verschlissenen Teile ausgewechselt, darunter auch die vorderen Traggelenke, und die Bremsen überholt. Zu denen, die grundsätzlich alles erneuern, gehört Weller nicht: Was noch funktioniert, bleibt unangetastet. Dennoch investierte der Floride-Fahrer viele Stunden in das Projekt. Denn selbst kleinere Arbeiten wie das Erneuern aller maroden Gummiteile, das Überholen der Türschlösser oder der Einbau neuer Fensterführungen kosteten Zeit.

Und da ihm das fertige Auto auch gefallen sollte, entschloss er sich zu optischen Retuschen. So störte ihn, dass bei der Floride S die kleinen Zierelemente am Seitenteil vor dem Radausschnitt fehlen, wo die Ur- Floride einen Lufteinlass besitzt. Kurzerhand fertigte er sich ähnlich aussehende Elemente aus polierten Alublechen, deren Kante er mit einer Chromleiste versah. Und da ihm die Optik der US-Modelle besser gefällt, orderte er in den USA die großen Stoßstangenhörner und rüstete seine Floride vorne auf die dort gängigen weißen und hinten auf rote Blinkergläser um.

Die Speichenfelgen waren schon beim Kauf montiert. Um sie aufzuwerten, ergänzte Weller sie um Schnellverschluss-Attrappen, die er nach langer Suche bei der Firma Hoffmann-Speedster in Viersen fand. Joachim Weller hat nicht den Anspruch, dass sein Auto in allen Belangen original ist. Hauptsache, die Freude, die er beim Schrauben und Fahren empfindet, ist echt.

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Erscheinungsdatum 05.09.2024

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