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Land Rover 109 Diesel S III
In diesem Landy stecken 1.500 Stunden Arbeit

Inhalt von

Mit unglaublicher Sorgfalt erweckte der Schweizer Balz Hegg ausgerechnet einen trägen und in einem sehr maroden Zustand befindlichen Land Rover 109 Diesel Serie III wieder zum Leben.

Land Rover 109 Diesel S III, Balz Hegg
Foto: Fact

Für alles gibt es eine Erklärung. Selbst dafür, dass jemand in rund 1.500 Stunden einen jener Land Rover Diesel Serie III restauriert, die nur bergab mit unbarmherzigem Gasfuß die 100 km/h überschreiten. Denn das Herz der meisten Landy-Fans hängt eher an den Benzinversionen, die zumindest einen Hauch dynamischer sind. Bei Balz Hegg aus der Nähe von Bern ist das anders. Er findet einerseits schräge und schrullige englische Autos gut, "andererseits faszinieren mich auch Traktoren", gesteht er und liefert damit den Grund für seine Verbundenheit mit dem Land Rover und dem rustikalen Dieselantrieb.

Dabei ist er eher zufällig über den Land Rover 109 Diesel S III gestolpert. Er entdeckte es bei einem Händler, wo es bereits fünf Jahre im Freien vor sich hin gegammelt hatte. Sofort war seine Begeisterung geweckt: "Je maroder so ein Restaurierungsobjekt ist, desto höher ist mein Anspruch, es wieder so herzustellen, wie es einmal war", nennt er einen weiteren Beweggrund für seinen Kauf.

Fehlendes Getriebe als Ansporn

Und die Tatsache, dass bei diesem Land Rover 109 das Getriebe fehlte, wirkte deshalb auf ihn eher als Ansporn denn Abschreckung. "Dass die Restaurierung eines solchen Objekts mit Blut, Schweiß und Tränen einhergeht, war mir klar", sagt der 43-Jährige. Zwar hatte er noch nie eine so umfangreiche Restaurierung durchgeführt, doch konnte er auf einige Schraubererfahrung zurückblicken.

So hatte er schon einige Klassiker zumindest teilrestauriert und vor vielen Jahren ein BSA-Motorrad aus den 30er-Jahren komplett neu aufgebaut. Damals fuhr er noch einen aus dem Fuhrpark der Post ausgemusterten VW Käfer.

Einer seiner Freunde absolvierte in dieser Zeit eine Lehre bei der Post, und zwar in jener Werkstatt, in der die Postfahrzeuge gewartet und repariert wurden. Und dort durften an einem bestimmten Tag nach Feierabend die Lehrlinge sowie deren Freunde an Privatwagen schrauben, unter fachlicher Anleitung der dortigen Mechaniker. Hegg nahm dies natürlich gerne wahr.

Land Rover 109 mit rostiger Karosse

So begann er das Projekt Land Rover nicht gerade als Laie. Von Vorteil erwies sich ferner, dass er gerade zusammen mit einem Schrauberkollegen eine Hobbywerkstatt eingerichtet hatte, in der er den Landy zerlegen konnte.

Was sich ihm bei der Demontage bot, war ein Bild des Grauens, speziell im Bezug auf den Rahmen und die Karosserie. Obwohl der schwere Kastenrahmen des Land Rover 109 mit seinen Traversen optisch einen unzerstörbaren Eindruck vermittelt, hatte ihn der Rost an etlichen Stellen durchgeknabbert. "Lange habe ich überlegt, was ich tun sollte", berichtet der Schweizer. Doch letztlich erschien es ihm zu aufwendig und sinnlos, das Originalteil zu erhalten, denn da der Rahmen von innen nach außen durchgammelt, ist es kaum möglich, alle heiklen Stellen aufzuspüren und zu beseitigen.

Zufällig bekam er Kontakt zu Rolf Blaser, einem alten Land-Rover-Spezialisten von der City Garage in Neuenburg. Der hatte noch einen ladenneuen Rahmen eines Land Rover 109 V8 auf Lager. Den musste Hegg allerdings für seine Dieselvariante etwas abändern, was aber nur die Aufnahmen für den Motor und das Getriebe betraf. Die entsprechenden Halterungen flexte er vom alten Rahmen weg und schweißte sie um.

Ebenfalls stark vom Rost gezeichnet präsentierte sich beim Land Rover 109 die stählerne Spritzwand zwischen Motor- und Fahrgastraum. "Mit ihren drei- bis vierfach übereinanderliegenden Blechen muss die einfach rosten", erläutert Hegg und fügt mit einem Kopfschütteln hinzu: "Außerdem wird das Wasser vom Dach genau in die Holme der Spritzwand geleitet." Zum Glück sind die diversen Teile, aus denen sich die Spritzwand zusammensetzt, noch lieferbar.

Viel Arbeit und Ärger bereitete auch die Karosserie. Die besteht zwar aus Aluminium, doch dort, wo sie an die verstärkenden Stahlprofile angenietet ist und Kontakt zum Rahmen hat, setzte muntere Kontaktkorrosion ein und zersetzte das Alu. Hegg musste daher viele Alubleche formen und einschweißen.

Dies hat er alles selbst gemacht. Eigentlich ist er von Beruf Sanitär-Spengler, doch zu seiner Ausbildung gehörte ein längerer Aufenthalt in der Lehrwerkstätte Bern, kurz LWB genannt, wo er die Techniken der Blech bearbeitung wie das Stauchen oder das Drahteinlegen und das Schweißen erlernte. Seine selbst gefertigten Landy-Alubleche setzte er mit TIG-Schweißen – auch WIG (für Wolfram-Inert-Gas) genannt – ein. Das entsprechende Schweißgerät war einst in der Firma, in der er arbeitet, ausrangiert worden, und er hatte es erworben.

Eine weitere zu überwindende Hürde ergab sich, weil einer der früheren Besitzer des Land Rover 109, von dessen Afrika-Touren noch der in manchen Ecken vorhandene Sand zeugte, im Heckbereich mit der Flex bestimmte Änderungen vorgenommen hatte. Er wollte damals unter den Sitzbänken Platz für irgendwelche Kisten schaffen.

Auf jeden Fall hielten all diese Arbeiten den Hobbyrestaurierer mehrere Hundert Stunden in Atem. Da der ganze Aufbau sich aus vielen Teilen zusammensetzt, erkannte er zum Glück die Notwendigkeit, alles vor dem Lackieren einmal zusammenzusetzen, um die Passgenauigkeit zu checken. Und siehe da: Die Türen des Land Rover 109 passten nicht, und es waren noch etliche Richtarbeiten fällig.

Land-Rover-109-Getriebe mit über 500.000 km

Zuvor hatte Hegg natürlich das Chassis des Land Rover 109 komplettiert. Obwohl der Dieselmotor mindestens eine halbe Million Kilometer hinter sich hatte und völlig verschlissen war, lief er noch. Klar, dass er trotzdem totalüberholt wurde. Das erledigte die Eggenberger Motorenbau AG, die sein Bekannter Lothar Rothenheber leitet. Das fehlende Getriebe ergatterte er übrigens durch den Kauf eines Landy zum Ausschlachten. Dabei handelte es sich sogar um die ausgereifteste Version, das sogenannte D-Getriebe. Einer inneren Stimme gehorchend, ließ Hegg das offenbar funktionierende Getriebe zerlegen. Es lohnte sich, denn die Lager waren doch nicht mehr so gut, und beim Vorgelege hatte sich eine Schraube gelöst, was sehr bald für Ärger gesorgt hätte.

Als der Rahmen mit allen überholten Aggregaten sowie den revidierten Achsen und Bremsen bestückt war, montierte Hegg einen Sitz und machte eine erste Probefahrt. Er hatte den Ehrgeiz, den Land Rover 109 so perfekt zu machen, dass nirgends Öl heraustropfte, was für diese Autos völlig untypisch ist.

Tatsächlich registrierte er schon nach kurzer Fahrt Undichtigkeiten am Kupplungszylinder und den Dieselleitungen sowie Öltropfen an nagelneuen Dichtungen. "Die sind zum Teil noch aus Leder", wunderte er sich über den Anachronismus bei Land Rover. Er rüstete aber nicht auf andere Dichtungen um, sondern baute immer wieder neue ein. "Da habe ich fast die Geduld verloren", erinnert er sich. Immerhin bekam er alles dicht, bis auf eine Stelle am Getriebe, "die sich konstruktionsbedingt nicht dauerhaft abdichten lässt".

Für einen schönen Abschluss seiner Arbeit, die aus Platzgründen hier nur in Auszügen beschrieben ist, sorgten zwei Erlebnisse. Zum einen gelang es ihm, den letzten Besitzer des Land Rover 109 Diesel S III ausfindig zu machen, der sich nach mehr als 200.000 Kilometern nur schweren Herzens von seinem marode gewordenen Landy getrennt hatte. Dieser war völlig gerührt, als er zu einer Probefahrt in seinem geliebten und aus den Augen verlorenen Wagen eingeladen wurde.

Das andere Erlebnis spielte sich bei der Fahrzeugabnahme des Land Rover 109 ab. Für die Anerkennung des Veteranenstatus, den nur sorgfältig restaurierte Autos erhalten, musste der Prüfer den Chefexperten hinzuziehen. Doch der hielt das zunächst für einen Scherz, weil er sich nicht erklären konnte, dass jemand so viel Mühe in ein solches Auto steckt. Aber wie wir wissen, gibt es für alles eine Erklärung.

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Erscheinungsdatum 05.09.2024

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