MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"4233055","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"4233055","configName":"ads.vgWort"}

Ford Granada 2.3 L Restaurierung
Mit 1.200 Euro zum Schmuckstück

Inhalt von

Auch ohne dickes Bankkonto kann man einen Oldtimer oder Youngtimer fahren. Der Schwabe Michael Nagel lebt es vor. Er kaufte sich einen Ford Granada, brachte ihn mit viel Einsatz und wenig Geld auf die Straße - und hatte jede Menge Spaß.

Ford Granada 2.3 L, Hebebühne
Foto: FACT

Eines gleich vorneweg, hier geht es nicht um eine Toprestaurierung, sondern um das behutsame Wachküssen eines Granada aus dem Dornröschenschlaf. Oder darum, wie man sich mit kleinen Mitteln den Wunsch nach einem Youngtimer erfüllen kann.

Familiäre Vorbelastung mit dem Thema Ford

Der Held der Geschichte heißt Michael Nagel, in Freundeskreisen Capri-Doc genannt, was mit seiner Vergangenheit zu tun hat. Sein Vater fuhr Ford Taunus, sein Opa Granada und sein Onkel Capri, was nicht spurlos an Michael vorüberging. Doch nur das Schwärmen für Fahrzeuge der Marke Ford war dem Nürtinger nicht genug, er wollte die Autos berühren, erkunden und auseinandernehmen. Und so absolvierte er bei einer Ford-Vertretung eine Lehre als Kraftfahrzeug- Mechaniker.

Unsere Highlights

Als die kantigen Kölner Limousinen der 70er und 80er Jahre als billige Gebrauchtwagen verramscht wurden, hielt Michael ihnen die Treue. "Ich wurde sogar einmal gefragt, ob mir das Geld ausgegangen sei, weil ich so ein Auto fuhr", erinnert er sich.

Oldtimerfreunde "Stabils Blechle"

Diverse Umstände zwangen ihn zu einem Berufswechsel, doch die Begeisterung für alte Autos blieb. Und da etliche in seinem Freundeskreis diese Leidenschaft teilten, entschloss er sich im März 2010 zur Gründung der Interessengemeinschaft Oldtimer-Freunde Stabils Blechle - ein lockeres Miteinander von Gleichgesinnten ohne Altersbeschränkung und ohne Zwangsteilnahme bei Aktivitäten. Ja, es ist noch nicht mal der Besitz eines Wagens erforderlich.

Oft wird nur beieinander gesessen und über Autos geplaudert. Oder man schaut einen alten Film an, um sich an den darin auftauchenden Fahrzeugen zu erfreuen. Auch spontane Ausflüge zu nahe gelegenen Autohändlern gehören zur Unterhaltung. "Wir haben miteinander Spaß und greifen uns bei Bedarf gegenseitig unter die Arme", stellt Michael zwei besonders wichtige Punkte heraus, die sozusagen als Klebstoff dieser IG fungieren.

Ebay-Schnäppchen mit V6 und 32.000 km

Und Unterstützung kann schließlich jeder mal gebrauchen, auch Michael, als er auf der Suche nach einem Ford Granada II war: "Ich hielt gezielt nach einem Sechszylinder- Granni mit Automatik fürs coole Cruisen Ausschau." Bei Ebay fand er das Passende: Einen Ford Granada 2,3 Liter MK II Automatik aus erster Hand, Baujahr 1978 mit nur 32.000 Kilometern auf der Uhr und seit zehn Jahren stillgelegt. Allerdings hatte der Ford Granada hinten links einen leichten Unfallschaden, doch dafür war er extrem günstig. Wie günstig, verrät Michael nicht, nur so viel: "Es war ein Schnäppchen."

Der Ford Granada Mk II stand in Ostdeutschland, doch zum Abholen fehlte Michael aus beruflichen Gründen die Zeit. Darum sprang einer der IG-Kumpels in die Bresche. Daniel alias GSI-Horscht übernahm die Überführung.

Michael wartete natürlich sehnsüchtig auf dessen Rückkehr, denn schließlich hatte er den Ford Granada Mk II ungesehen gekauft. Wie es der Zufall wollte, reihte er sich auf dem Heimweg vom Einkaufen hinter einem Fahrzeug mit Anhänger ein, und auf dem stand exakt sein Granada. "Ich konnte es kaum erwarten, bis wir daheim waren und machte mir schon beim Hinterherfahren ein erstes Bild."

Blind gekauft und erste Inspektion mit der Taschenlampe

Obwohl mittlerweile die Dunkelheit hereinbrach, unternahm Michael mit einer Taschenlampe eine erste Inspektion. Der Ford Granada Mk II war zwar nicht ganz so, wie vom Verkäufer beschrieben, doch Capri-Doc war zufrieden. Nach dem Inspizieren nahm er auf dem Fahrersitz Platz, schloss die Tür und ließ das Auto auf sich wirken. "Es gibt nichts Schöneres", findet er. Dieses Inhalieren der Geschichte eines Autos erforderte in diesem Fall allerdings gewisse Nehmerqualitäten. Ein Kumpel verließ fluchtartig den Wagen, denn der mit Schimmel und Stockflecken übersäte Innenraum bot für ihn ein beklemmendes Geruchserlebnis.

Doch Michael schob dieses Problem erst einmal zur Seite, das nur deshalb entstanden war, weil man den Ford Granada Mk II mit geschlossenen Fenstern abgestellt hatte. Das weitere Vorgehen stand für ihn bereits fest. Er wollte so viel wie möglich von der Originalität des Granadas erhalten: "Ich finde das wahnsinnig schön, wenn ein Auto fast noch so ist, wie es vom Band lief. Dann darf es auch die eine oder andere Narbe tragen."

Der V6 des Ford Granada Mk II drehte nicht mehr

Das erste Bauteil, mit dem sich der Ford-Fan befasste, war der Motor seines Ford Granada Mk II. "Der war fest, doch ich wollte unter allen Umständen dieses Original-Triebwerk behalten", erklärt Michael, warum er so viel Geduld für den Sechszylinder aufbrachte. Besonders der erste Zylinder war voll mit öligem Schlamm, und die Zylinderlaufbahn hatte Oberflächenrost. Mit Unmengen von Rostlösemittel, das er eine Woche lang einwirken ließ, und dann vorsichtigem Durchdrehen von Hand schaffte er es schließlich, die Maschine wieder freizubekommen.

Das Demontieren der Zylinderköpfe wie auch alle anderen Arbeiten hat Michael übrigens im Freien auf seinem Parkplatz vorm Haus erledigt, wobei sich die Nachbarn eher interessiert als empört zeigten. Denn wenn einer bei minus fünf Grad draußen an seinem Ford Granada Mk II die Zündanlage überholt oder manche Bauteile in seinem Wohnzimmer repariert, muss es sich um einen wahren Enthusiasten handeln.

Michael dichtete den Motor des Ford Granada Mk II neu ab, erneuerte die Wasserpumpe, die Lichtmaschine und den Keilriemen, überholte die Zündanlage. Als dann eines Tages der V6 wieder ohne störendes Nebengeräusch vor sich hingrummelte, war der erste Schritt geschafft.

Kaum Rostschäden

Weil Michael bereits der ersten Probefahrt mit seinem Ford Granada Mk II entgegenfieberte, konzentrierte er sich zunächst auf die Technik. Er stellte eine Liste mit allen benötigten Teilen zusammen und arbeitete sie nach und nach ab. "Den Einbau zog ich dann in einem Tag durch", sagt der engagierte Schrauber. So machte er sich bereits in aller Frühe ans Werk, montierte neue Bremssättel und Beläge, ersetzte Fahrwerksgummis und baute eine neue Hardyscheibe ein. An das Ergebnis dieses Gewaltakts erinnerte er sich noch gut: "Am späten Abend drehte ich noch eine gemütliche Runde und konnte dann wunderbar schlafen."

Das Automatikgetriebe hatte die lange Standzeit überraschend gut verkraftet. Es schaltete immer noch butterweich, und so ging es weiter mit der Karosserie des Ford Granada Mk II. Die wies erstaunlicherweise keine gravierenden Rostschäden auf. Selbst der bei diesen Autos heikle Bereich um die Zentralschraube zur Befestigung des Differenzials war okay. Lediglich das Blech der Motorhaube war stellenweise angegriffen, weil die zur Geräuschdämmung eingeschobenen Matten Feuchtigkeit gezogen hatten. Und in einigen Bereichen wie etwa im Motorraum gab es Oberflächenrost.

Pragmatische Lösungen

Die diversen Gebrauchsspuren störten Michael nicht, im Gegenteil, die gehören für ihn zur Geschichte des Autos wie der Lichttestaufkleber von 1980 in der Frontscheibe. Doch es blieb noch dieser Unfallschaden an seinem Ford Granada Mk II. Bevor Michael der großen Beule im Seitenteil zu Leibe rückte, übte er das Ausbeulen an einem schrottigen Ford Sierra. Das passende Werkzeug, ein Karosseriehammer und ein Handeisen, hatte ihm sein Großvater geschenkt.

Schon nach wenigen Versuchen zeigte sich Michaels Talent im Umgang mit Blech, deshalb wagte er sich dann an sein Schmuckstück. Das Ausbeulen des Ford Granada Mk II klappte gut, und die folgenden Arbeiten wie Spachteln und Grundieren hängte er gleich dran. Ja, er lackierte die reparierte Stelle sogar selbst, mit Sprühpistole und Kompressor - natürlich auf dem Parkplatz. Das Ergebnis war durchaus akzeptabel.

Nun kam der Innenraum des Ford Granada Mk II an die Reihe. Michael demontierte alle Sitze, die Bodenteppiche und etliche Verkleidungen, anschließend rückte er dem Schimmel und den Flecken mit allerlei Reinigern auf den Pelz. Das mühsame Schrubben zeigte schon bald Erfolg, und nachdem er das Interieur wieder komplettiert hatte, sah der Innenraum des Ford Granada wieder so aus, wie es sich für ein Exemplar mit so wenigen Kilometern gehört.

Wackeldackel und Klorollenhalter dürfen nicht fehlen

Zur Perfektionierung des 70er Jahre Flairs hielt der Ford Granada-Fan nun Ausschau nach passenden Accessoires wie einem Wackeldackel. Der ließ sich aber nicht so einfach finden. Es wurde dann auch kein Dackel, aber immerhin ein Hund mit Wackelkopf, entdeckt in einem Shop einer Autobahnraststätte. "Den hat mir Daniel als seinen Beitrag zu meinem Auto geschenkt", berichtet Michael. Das i-Tüpfelchen steuerte ein anderer Freund bei: Von einem Flohmarkt brachte er die obligatorische Klopapierrolle mit gehäkelter Einfassung für die Hutablage mit.

Natürlich gibt es noch etliches an Feinarbeit zu tun, und vielleicht entschließt sich Michael auch zum Austausch der verbeulten hinteren Stoßstange seines Ford Granada Mk II. Aber erst einmal war ihm ein H-Kennzeichen wichtiger, das ihm kurz vor unserem Fototermin zugeteilt wurde.

Denn das Schrauben bereitet Michael zwar viel Vergnügen, aber das Fahren mindestens ebenso: "Zum Reisen und Wohlfühlen gibt es nichts Besseres als einen Granni." Und dank seines persönlichen Einsatzes hat die Wiederauferstehung des Ford Granada Mk II gerade mal 1.200 Euro gekostet.

Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten