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Restaurierung des Ford Granada 2.0 L
Wieder auf "Fordermann" gebracht

Inhalt von

Ein Verkauf verbot sich aus Pietät, vorzeigbar war der Ford Granada nicht mehr. So schlidderten Gütters in die Vollrestaurierung ihrer Familienkutsche und investierten ein Jahr und rund 1.100 Arbeitsstunden, um den Wagen zu retten.

Ford Granada 2.0 L, Typ MH oder Granada I, Baujahr 1975
Foto: Hardy Mutschler

Sein zweites Leben begann ausgerechnet als Winterauto. Für andere wertlose Wagen bedeutet diese verschärfte Form des Endverbrauchs das Todesurteil. Doch für den spanischroten Ford Granada 2.0 L von Familie Gütter war es die Rettung vor dem Schlachthof, Toms 1300er-Fiesta hatte nämlich just im Dezember die Grätsche gemacht. Der klappernde Kent-Motor gab den Geist auf, und die vom Rost gezeichnete Karosserie verbot jede Art von Wiederbelebung.

Unsere Highlights

Vater Gütters Ford Granada stand nach über 25 treuen Dienstjahren ausgemustert auf dem Hof. Ein Scorpio-Stufenheck trat seine Nachfolge an, immerhin mit dem Zweiliter-DOHC-Motor und 120 PS. Bei Gütters kommt nichts anderes als Ford ins Haus, weil der Vater seit fast 30 Jahren als Kundendienst-Meister bei einem Ford-Autohaus arbeitet. Den alten V6-Stirnradmotor kann er blind zusammenbauen, er kennt sie alle auswendig - die Pinto, Kent, die CVH und die DOHC bis zum Zetec. Und er weiß, wo sie rosten - die Granada, Sierra und Escort. Radläufe, Schweller, Kotflügel, Endspitzen, Querträger im Kofferraum, das volle Programm.

Der Ford Granada 2.0 kam wie gerufen

Tom brauchte einen fahrbaren Untersatz, zögerte nicht lange und griff zu, als ihm Vater Wolfgang die mit über 300.000 Kilometern gut eingefahrene Familienkutsche, garniert mit etwas Rest-TÜV, schenkte. Zuerst behagte ihm der barocke Ford Granada gar nicht, ein großes Schiff, noch dazu ohne Servo- Lenkung. Eine biedere Schüssel aus den Siebzigern eben, die obendrein im Stadtverkehr zwölf Liter Super braucht. Es war Liebe auf den zweiten Blick, dafür ist sie jetzt besonders innig. Für sein Alter war der Spanischrote beim Draufgucken noch in gutem Zustand. Lack, Polster und Blech zeigten zwar die Spuren der Jahre, aber dank Vaters liebevoller Hausmacher-Rostvorsorge mit stets eingefetteten Radläufen und gelegentlichen Alt-Ölungen an Schwellern, Unterboden und Kotflügeln hat er ohne größere Schweißaktionen bis Ende der Neunziger durchgehalten.

Aber halt, da waren doch noch zwei frontale Unfallschäden - ein heftiger von 1977, der den Wagen für Vater Gütter in Eigenleistung erst erschwinglich machte, und ein leichterer Rempler, der viele Jahre später die rechte Vorderseite unverschuldet traf. Granadas Gnadenbrot war bei Gütters längst gewiss. Mittlerweile war der zuverlässige, leise und nervenschonende Wagen Tom längst ans Herz gewachsen. Der gutmütige Sechszylinder ist gerade einmal ein Jahr jünger als Tom. Er wird nie vergessen, wie die kommode Familienkutsche ihn und seine ältere Schwester Elke auf dem Rücksitz in den Schlaf geschaukelt hat. In den Achtzigern führen die Gütters mit dem Auto oft an die dalmatinische Adria-Küste, den schweren Anhänger mit dem Segelboot im Schlepp. Mutter Ingrid navigierte per Generalkarte, der Granada trug vorn große Außenspiegel-Geweihe. Die verstärkten Federn des Turnier spielten Niveauregulierung.

An eine Vollrestaurierung dachte anfangs niemand

Solch ein treues Ross kann man doch nicht schlachten. Tom beschloss, den Wagen wieder in Würde auf die Straße zu bringen, sein Vater sollte ihm dabei mit Rat und Tat zur Seite stehen. An eine Vollrestaurierung dachte er damals nicht im Traum. Aber unter Kotflügeln und Bodenteppichen trat der Verfall des Ford offen und erschreckend zu Tage. Die vielen oberbayerischen Salzwinter hatten gründliche Arbeit geleistet. Nur die Außenschweller, die Radläufe, Endspitzen und große Teile des Kofferraumbodens mit dem Granada-kritischen Querträger samt Differenzial-Befestigungsschraube hatten die Jahrzehnte überstanden. "Blechmäßig war der Wagen totaler Schrott", resümiert Tom heute gnadenlos. "Ich würde mir nach jetzigem Wissen nie ein Restaurierungsexemplar in dem Zustand kaufen, nicht einmal einen frühen Dreiliter-GXL. Wenn es nicht unser Auto gewesen wäre, hätte ich wohl kaum über ein Jahr und rund 1.100 Arbeitsstunden investiert, um den Wagen zu retten."

Tom beschaffte sich zunächst auf einer Urlaubsreise quer durch Deutschland die nötigen Gebrauchtteile und Reparaturbleche. Zuvor hatte er in Ford-Szeneblättern inseriert. Vor allem die vier verschiedenen Frontbleche waren neu und original schwer zu bekommen. Schlacht-Granada spendierten rostfreie Türen, Kotflügel und ein seltenes, aber wichtiges Windfangblech. Die Hauben waren noch erstaunlich gut, da gab es nur ein bisschen Kantenrost. Der Umgang mit dem Schutzgas-Schweißgerät wollte für den heute 35-jährigen Immobilienkaufmann erst gelernt sein. Vater Wolfgang, der alte Ford-Hase, gab viele Tipps, legte auch in der Not selbst mit Hand an, hielt es aber eher streng mit dem Wahlspruch: "Knie dich rein, mach es selbst, dann lernst du was dazu."

Neuer Motor für den Ford Granada mit nur 30.000 Kilometern

Eine Heidenarbeit bedeutete das Einschweißen der selbst gedengelten Reparaturbleche zum Sanieren der A-Säule und der beiden vorderen Fußräume samt der Ausläufer der Innenschweller. Eine neuwertige tief schwarze Sitzgarnitur hielt später Einzug in die frisch lackierte Karosserie. Es fand sich auch ein gebrauchter Zweiliter-V6 mit nur 30.000 km, der das Ur-Aggregat ablöste, leichte Klappergeräusche aus dem Ventiltrieb störten Tom. "Der alte V6-Motor lief sonst auch nach 347.000 Kilometern tadellos und hatte auch noch eine gute Kompression", stellt Wolfgang nicht ohne Stolz fest: "Vielleicht deshalb, weil ich ihm niemals das Letzte abverlangt habe." Getriebe, Kupplung, Lenkgetriebe und Achsen blieben drin, Vorder- und Hinterachse bekamen neue Stoßdämpfer, Manschetten und Gummilager, das Finish besorgte Tom mit sorgfältig geführtem Pinsel.

"Mir war eine zeitwertgerechte Restaurierung wichtig. Außerdem wollte ich möglichst viele Teile aufarbeiten und erhalten. So ein Normalo-Granada ist schließlich kein OSI oder Capri RS. Ich habe sogar die Karosserie abgeschliffen, Unterboden, Radhäuser, Motor- und Kofferraum in leuchtendes Rot getaucht. Das alles fand nicht in einer Profi-Werkstatt, sondern in einer größeren Garage statt." Tom möchte auch Anfängern Mut machen, solch ein Projekt anzugehen. Rund 2.800 Euro hat er inklusive Freundschaftspreis- Lackierung investiert und ist dabei in Rufweite des Zeitwerts geblieben. Was fehlt noch? "Gut, der Familien- Granada war mein Restaurierungsdebüt und ist nicht in jedem Detail perfekt geraten. Spaltmaße und Lackiervorbereitung könnten besser sein."

Vor der nächsten Saison will Tom noch den Original- Radlaufchrom nachrüsten, wieder auf Stahl-Sportfelgen umsatteln und die Nebelschlussleuchte montieren. Gerade die erinnerungsträchtigen Brot-und Butter-Autos wie Granada, Ascona, Passat, Audi 100 und Co. brauchen Idealisten, die sich ihrer annehmen, sonst verschwindet das Gedächtnis einer ganzen Generation.

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