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Delta 1 Restaurierung
Delta 1 lebt!

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Einst sorgte er für Furore und veranlasste viele Auto-Fans zum Träumen: der Delta 1, ein offener Sportwagen mit NSU-Technik und einer Karosserie komplett aus Kunststoff, präsentiert auf der IAA 1967. Doch er ging nie in Serie, und ohne Werner Brendel wäre er heute längst in Vergessenheit geraten.

Delta 1, Frontansicht
Foto: Fact

Für Henner Werner und Michael Conrad geriet der Motor Klassik- Fototermin zu einer Zeitreise zu den Anfängen ihrer beruflichen Karriere. 1967 hatten sie in Stuttgart die Firma Delta Design gegründet. Im gleichen Jahr realisierten sie zusammen mit dem Designer-Kollegen Detlef Unger, der 1988 gestorben ist, einen attraktiven offenen Sportwagen mit einer Karosserie aus Kunststoff in Sandwich-Bauweise. Der Hartschaum in den Hohlräumen kam von Metzeler, und dieses Unternehmen war einer der Sponsoren für das Projekt, weshalb der in nur wenigen Monaten fertiggestellte Delta 1 1967 den IAA-Stand von Metzeler zierte.

Innovations-Spider gerettet von einer Wiese

Der in vielen Belangen innovative Spider wurde leider nie in Serie gebaut und verschwand nach etlichen Presseberichten von der Bildfläche. Aber nicht für immer - dank des Ulmers Werner Brendel. Der Dachdeckermeister hatte 1977 in der Nähe einer Ulmer Gärtnerei zu tun und traute seinen Augen nicht, als er dort im Freien auf einer Wiese den Delta 1 stehen sah.

Der Innenraum des Delta 1 stand voller Wasser. Die Sitze, die Instrumente, die originalen Felgen und die Vergaser fehlten, ebenso das Heckteil mit den sechs Bremslichtern, die nur dann alle leuchteten, wenn der Fahrer das Bremspedal voll durchtrat - eine der im Delta verwirklichten Ideen zur aktiven Sicherheit. Brendel kannte den Wagen und seine Designer, mit denen er umgehend Kontakt aufnahm. So kam es, dass er mit deren Einverständnis den aufs Abstellgleis geschobenen Delta 1 rettete. "Ich stellte ihn in unser Dämmstofflager, mit dem wir dann dreimal samt Wagen umgezogen sind", erzählt er.

Das Wasser im Innenraum des Delta 1 hatte er zum Glück ausgeschöpft und verdunsten lassen. Hätte er ein Loch in den Boden gebohrt, wäre wohl der Kunststoffschaum beschädigt und die Stabilität beeinflusst worden.

Der Delta 1 soll wieder fahren

Nun vergingen viele Jahre. Irgendwann zeigte ein Museum Interesse, doch dann wäre der  Delta 1 lediglich optisch geschönt in einer Ausstellung gelandet. "Ich fand das nicht gut, ein Auto muss fahren", sagt Brendel. Aber wer sollte dem Delta neues Leben einhauchen?
Kein anderer als er selbst. 2008 machten ihn die Designer zum Besitzer des Autos, und damit lag die Zukunft des Delta 1 allein in seinen Händen. Er fackelte nicht lange, sondern begann sofort mit der Restaurierung, indem er den Wagen zuerst zerlegte.

Ihm war klar, dass es nicht einfach werden würde, schließlich handelte es sich beim Delta 1 um einen Prototypen, der nie bis zur vollständigen Alltagstauglichkeit entwickelt worden war, und allein wegen der nicht zu kalkulierenden Kosten wurde es ihm doch ein wenig mulmig.

Doch was Autos und Oldtimer angeht, ist der Ulmer kein Laie. Bereits 1988 hat Motor Klassik über die Restaurierung seines Alfa Giulia GTC berichtet, und mit Autos aus Kunststoff hat er auch schon viele Erfahrungen gesammelt, wenn auch nur als Fahrer. Denn 1969 war er auf einer Alpine A 110 deutscher Bergmeister.

Aus jenen wilden Zeiten, in denen er intensiv Motorsport betrieb, hat er viele Kontakte und gute Freunde, die ihm nun bei dem Delta 1-Projekt hilfreich zur Seite standen. So etwa der Ex- Rallye-Fahrer Günter Kühlewein, der sich um die gesamte Technik des Autos kümmerte, die damals NSU beigesteuert hatte.

Zu viel Leistung im Kunststoff-Spider

Ursprünglich wütete im Heck des  Delta 1 eine von Siegfried Spiess auf etwa 100 PS getunte Maschine, doch mit so viel Leistung harmonierte das Fahrwerk des nur 600 Kilo leichten Autos nicht. So wurde eine zahmere 1000er-Maschine montiert, die aber während der Standzeit des Delta festging und komplett revidiert werden musste. Aus seinem Fundus an Alfa-Teilen steuerte Brendel zwei 40er-Weber-Doppelvergaser bei, die allerdings umbedüst werden mussten.

Allzu viele Kilometer hatte der  Delta 1 damals nicht gesammelt, weshalb sich die Abnutzung der Technikteile in Grenzen hielt und man einiges noch aufarbeiten konnte - wie etwa die Bremssättel. Dennoch: "Alles, was sich dreht und bewegt, war festgerostet", resümiert Kühlewein, der nicht nur auf NSU-Teile stieß. Die vom Delta-Team aus Sicherheitsgründen eingebaute abgeknickte Lenksäule "wurde wohl aus Renault-Teilen zusammengesetzt", vermutet Kühlewein.

Karosserie wird von alten Recken bearbeitet

Zu den bei der Restaurierung des Delta 1-Fahrwerks verbauten Neuteilen gehören beispielsweise die Bremsscheiben, Koni-Dämpfer und Eibach-Federn. Das Getriebe zeigte nur geringen Verschleiß und musste lediglich neu abgedichtet werden.

Die Karosserie des Delta 1 wies nach der langen Zeit diverse kleine Risse auf, und an etlichen Stellen war das Glasfasergewebe hervorgetreten. Brendel schaffte die Karosse zu einem Kunststoffspezialisten am Bodensee, der einst bei der Firma Interglas gearbeitet hatte, die das Projekt damals ebenfalls unterstützte. Nachdem Brendel die Karosse abgelaugt hatte, machten sich die Spezialisten ans Werk. Doch danach stand jede Menge Feinarbeit an, für die Brendel Dietrich Langer gewinnen konnte, der einst dem Delta-Team beim Herstellen der Karosse geholfen hatte.

Der Prototyp wird alltagstauglich

Um der Karosserie des Delta 1 mehr Stabilität zu verschaffen, verstärkte Langer den Schwellerbereich sowie die A- und B-Säulen mit Carbon. Außerdem baute Brendel den aus Blech gefertigten Mitteltunnel neu, aus dem der Schalthebel und die Handbremse ragen. Er verlängerte den Tunnel bis ganz nach vorn zur Spritzwand und ergänzte eine als Mittelkonsole getarnte, stabilisierende Verbindung zum Armaturenbrett.

Das Heck des Delta 1 gestaltete er mit Hilfe des befreundeten, im Ruhestand befindlichen Restaurierers Hans Rammensee. Die ursprüngliche Bremsleuchtenreihe fehlte, war aber anscheinend schon damals durch zwei einzelne Rücklichter ersetzt worden. Dies behielt Brendel bei, setzte sie aber in ein über die gesamte Fahrzeugbreite reichendes Kunststoffgitter. "Genau gesagt, ist es ein schwarz lackiertes Insektenschutzgitter", gesteht er und freut sich, dass er damit auch die damals beim Prototyp entstandenen Kühlprobleme des Motors gelöst hat.

Improvisieren und Probieren, oft unterstützt von Sohn Mario, kosteten ihn viel Zeit. "Die Frontscheibe mit Rahmen, die von einem Glas GT Cabrio stammt, habe ich bestimmt zehnmal ein- und ausgebaut, bis alles passte", erinnert er sich. Der Mechanismus für die Fronthaube, die bei einem gewissen Öffnungswinkel die Scheinwerfer freigibt und dann einrastet, die man aber auch ganz öffnen muss, um an den Tank zu gelangen, hat ihn auch sehr lange beschäftigt. Die Designer des  Delta 1 erinnern sich leider nicht mehr an jedes Detail.

Entwickler freuen sich über die Wiederauferstehung

Zeitaufwendig war zudem die Suche nach Teilen, etwa nach passenden Scheinwerfern mit Prüfzeichen oder den passenden Cosmic-Felgen. Die letzten Arbeiten an dem in einem strahlenden Blau lackierten  Delta 1 betrafen die Innenausstattung. Die originalen Recaro-Sitze hatte Michael Conrad damals zum Glück sichergestellt, und so konnte man diese aufarbeiten.

Conrad und Werner haben den Verlauf der Restaurierung übrigens mit Interesse verfolgt, und als der Delta 1 wieder in altem Glanz erstrahlte, freuten sie sich genauso wie Werner Brendel selbst.

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Erscheinungsdatum 05.09.2024

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