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BMW 326 Restaurierung
Unruhe Stand

Inhalt von

Ruheständler Lothar Scherb hält nicht viel von Däumchen drehen. Ständig werkelt und schraubt er, denn er hat seine Leidenschaft für Oldtimer entdeckt. Gerade hat er einen BMW 326 restauriert.

BMW 328, Seitenansicht

"Der Lothar hat wieder einen neuen Oldtimer", heißt es, als der BMW 326 auf seiner ersten Tour durch Schauenburg bei Kassel rollt. Klar, den Lothar Scherb kennen in diesem kleinen Ort fast alle. Zumindest diejenigen, die ein Auto besitzen, denn Scherb leitete ab 1966 die ortsansässige Esso-Tankstelle, die er später mit Werkstatt und Lackiererei ergänzte. 2003 überließ er die Betriebsführung seinen Kindern und zog sich in den älteren Werkstattbereich zurück, um Oldtimer zu restaurieren.

Unsere Highlights

Vier Jahre dauerte die Restaurierung

Das blieb auch manchem Tankstellen-Kunden nicht verborgen, und so tauchte eines Tages ein Herr bei Scherb in der Werkstatt auf, der ganz begeistert von dessen neuem Projekt war, einem BMW 326. Der Mann hatte einst in Eisenach seinen Chef in solch einem Fahrzeug chauffiert. Nun wollte er die Restaurierung mit seiner Kamera dokumentieren.

Scherb hatte nichts dagegen, allerdings brauchte der Fotograf Geduld. Bis zur Fertigstellung des BMW 326 sollten vier Jahre vergehen. Erste Erfahrungen in Sachen Restaurierung hatte der ehemalige Tankstellen-Pächter mit einem BMW AM 1 gesammelt, zu dem sich noch ein AM 4 gesellte. Dann suchte er nach einem größeren BMW, am liebsten einen zweisitzigen Roadster. "Aber die sind unbezahlbar, doch fiel mir eine Anzeige in einer Zeitschrift auf, in der ein BMW 326 angeboten wurde", erinnert sich der 68-Jährige.

BMW 326 kam über die Ukraine aus der DDR nach Deutschland

Der BMW 326 stand in Karlsruhe. Optimistisch machte sich Scherb gleich mit Geld und einem Anhänger auf den Weg. Der Verkäufer war ein ehemaliger russischer Offizier. Der hatte den BMW aus der DDR über die Ukraine nach Deutschland gebracht. Das war wohl die letzte Fahrt des ziemlich angeschlagenen Autos, das dann sofort stillgelegt wurde. Viele Jahre später stand es nun zum Verkauf. "Für mich war wichtig, dass der Wagen vollständig war", erklärt Scherb seine Kaufentscheidung. Allerdings stellte er später fest, dass nicht alle montierten Teile original waren.

Aber das blieb nicht die einzige Überraschung. Beim Zerlegen des BMW 326, das im Dezember 2008 begann, traten weitere Mängel zutage. Rahmen und Karosserie wiesen zahlreiche Durchrostungen auf, in den Hohlräumen der Ambi-Budd-Karosse fand er Sand, Öl, Spachtelmasse und Schmutz. Viele aufgeschweißte Bleche belegten die Bemühungen der Vorbesitzer, den Wagen am Leben zu erhalten. Die schlechten Passungen der Türen und Hauben legten den Verdacht nahe, dass der BMW wohl auch den einen oder anderen Unfall gehabt hatte.

Die Werkstattausstattung wurde immer größer

"Doch das störte mich nicht, Augen zu und durch", lautete Scherbs Devise. Zuerst ließ er den Rahmen und die Karosserie des BMW 326 sandstrahlen, dann machte er sich an deren Restaurierung. Weil es dafür keinerlei Ersatzteile gab, kaufte er sich zwei Tafeln Blech. Nachdem er erkannt hatte, wie viel Arbeit tatsächlich auf ihn zukam, rüstete er seine kleine Werkstatt mit einer Stauch- und Streckmaschine sowie mit einer Rollenglättmaschine auf.

Den Rahmen des BMW 326 instandzusetzen war dabei die leichteste Aufgabe. Höhere Anforderungen stellten die vielen Teile mit Rundungen und Sicken wie die Türen, die Kotflügel, die Motorhaube und die Frontmaske. Besonders letztere beiden strapazierten seine Geduld. "Manchmal war man froh, eine Arbeit endlich abzuschließen, und etwas später gefiel einem dann das Ergebnis doch nicht", nennt Scherb den Grund, warum er die Motorhaube ein zweites Mal in Angriff nahm. Auch die Frontmaske musste er nach der Einpassung der BMW-Niere nochmals ändern. Die Niere hatte er aus den besten Komponenten von insgesamt drei Exemplaren zusammengebaut.

Vor den Arbeiten hatte er sich die exakten Maße der Karosserie und bei BMW-Treffen viele Details an anderen BMW 326 angeschaut und fotografiert. Dabei entdeckte er, dass die Rundungen des Heckabschlusses denen einer bestimmten VW Käfer-Stoßstange entsprachen. Er besorgte sich ein entsprechendes Teil und schnitt es auseinander beziehungswiese so zurecht, dass er eine stabile Basis für das Ansetzen weiterer Bleche im Heckbereich bekam. Seine mittlerweile gewonnenen Ausbeulkünste konnte er auch an den Scheinwerfertöpfen anwenden, die viele Dellen aufwiesen.

Faltdach-Ausschnitt war zugebrutzelt worden

Ursprünglich besaß der BMW 326 ein Faltdach, doch das war mit einem großen Stück Blech verschlossen und die Nahtstellen verspachtelt worden. Klar, dass der Hobby-Restaurierer wieder den ursprünglichen Zustand herstellen wollte, folglich fertigte er ein entsprechendes Dach in Eigenarbeit.

Alle Fensterscheiben des BMW 326 waren verkratzt, aber weil sie keine Krümmungen besaßen, konnte sie eine Glaserei einfach nach Maßangabe in Sicherheitsglas passend schneiden. Ärgerlich war nur, dass die Frontscheibe zwei Mal angefertigt werden musste, weil die erste durch vom Rahmen ausgehende Spannungen gesprungen war.

Scherb fertigte dann noch neue Stoßstangenhalter, und als alle Teile perfekt passten, demontierte er wieder alles samt Türen und Kotflügel und schob den BMW 326 in die zur Tankstelle gehörende Lackiererei, wo der Wagen eine Zweifarbenlackierung erhielt. Genau genommen gab es die von ihm gewählte Zweiton-Farbgebung erst nach dem Krieg, aber sie ist in der BMW-Szene durchaus üblich.

Langwierige Blecharbeiten

Zwischen den langwierigen Blecharbeiten wurden auch alle anderen Komponenten des BMW 326 in Neuzustand versetzt. Den Sechszylindermotor überholte die Firma Stolze in Brandenburg an der Havel, das Interieur ein im Ort wohnender Sattler, und das Verchromen der ganzen Anbauteile übernahm die Firma Brinkmann in Hannover. Das Revidieren der Achsen, Stoßdämpfer und Bremsen, das Anfertigen des Kabelbaums und alle Montagearbeiten führte Scherb selbst durch.

Sehr viel Zeit floss in die Suche nach Ersatzteilen oder in Detailarbeiten an dem BMW 326. So fehlten die Innereien des Zünd- und Lenkschlosses. Scherb trieb ein EMW-Schloss ohne Schlüssel auf, das aber seitenverkehrt war. Dessen Innereien baute er um und feilte aus einem Rohling, den er bei einem Schlüsseldienst auftrieb, in mühevoller Feinarbeit einen passenden Zündschlüssel.

Erste Probefahrt beim Fototermin

Anlässlich unseres Fototermins erhielt der BMW 326 eine Tageszulassung und startete zur ersten Probefahrt. Ganz fertig war er allerdings noch nicht. Einiges an Detailarbeiten steht noch an wie die Montage passender Instrumente mit weißen Zifferblättern oder eines Zierrings auf der Reserveradabdeckung. Der Herr mit der Kamera hat also sein letztes Bild noch nicht geschossen. Aber wenn es so weit ist, darf er mit auf Probefahrt gehen, das hat Scherb versprochen.

Kaufort/Jahr: 2006 in Karlsruhe
Kaufzustand: Der Wagen war nicht fahrbereit, hatte Rost- und Unfallschäden, schien aber auf den ersten Blick vollständig. Doch vieles war nicht original, wie sich später herausstellte.
Vorgeschichte: Von einem russischen Offizier aus der DDR in die Ukraine gebracht und von dort später nach Karlsruhe überführt, wo der Wagen lange Zeit in einem Schuppen stand.
Restaurierungsumfang: Totalrestaurierung des Rahmens und der Karosserie mit Hilfe zahlreicher, selbst gefertigter Bleche. Alle Scheiben erneuert, neues, selbst gefertigtes Faltdach montiert, Sitze aufgearbeitet und wie die Verkleidungen neu bezogen. Anbauteile teilweise neu beschafft oder aus Altteilen angefertigt, alle Zierteile und Stoßstangen verchromt. Elektrik erneuert und auf 12 Volt umgebaut. Radaufhängungen und Bremsen revidiert, Motor und Getriebe überholt, neue Vergaser und Ansaugbrücke besorgt
Restaurierungsdauer: 2008 bis 2012
Fachkundige Unterstützung und Ersatzteillieferanten: Scherb OHG, 34270 Schauenburg, www.esso-scherb.de (Lackierung); Brinkmann GmbH, 30161 Hannover, www.brinkmann-chrom.de (Verchromen), Stolze Moto-Tech, 14774 Brandenburg, www.moto-tech.de (Motor), Firma Döpper, 51647 Gummersbach, www.doepper-profile.de (Dichtungen, Stoffe), Sebastian Breitschaft, 34270 Schauenburg (Sattler), BMW Veteranen Club, www.bmw-veteranenclub.de (Tipps)
Kosten: Etwa 40.000 Euro
Wert: Laut Gutachten 70.000 Euro

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Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten