Er ist vom leben gezeichnet. Neun Jahre unter freiem Himmel haben ihn fertiggemacht. Das edle Nauticblau trägt einen matten, schmutzigen Schleier, an einigen Stellen ist es kalkweiß ausgeblichen. Moos und Laub wuchert aus allen Fugen, die Heckpartie hat schimmliges Grün benetzt. Rost kriecht langsam aus allen Fugen und schickt sich an, den vergessenen 250 D endgültig zu erobern.
"Hier kann man ja nichts mehr kaputt machen"
Noch fünf Jahre und man hätte ihn zusammenkehren können. Schon jetzt ist es fünf vor zwölf. Das Interieur hat Hitze und grelles Sonnenlicht erstaunlich gut überstanden. Hellgrau kann kaum noch ausbleichen, und grünes Glas hat wohl das schlimmste verhütet. Profi-Aufbereiter Freddy Borowski ist zwar zunächst schockiert, sieht aber einen Hoffnungsschimmer im trüben Matt des Metalliclacks. Als letzten Abwehrversuch gegen den bevorstehenden Knochenjob unter verschärften Bedingungen verteidigt Freddy heftig seine Berufsehre. "Diese Karre, festgewachsen auf Betonsteinen, hier im Freien, ohne Dampfstrahler, ohne Waschhalle, wie soll das gehen? Die Leute halten mich für einen kompletten Dilettanten."
Der Aufbereiter atmet tief durch, streift sich seine Gummihandschuhe über, nimmt eine grobe Bürste und greift an. Alle Hauben und Türen auf, lautet sein Kommando. Und mit fast rücksichtsloser Entschlossenheit "Hier kann man ja nichts mehr kaputtmachen" rubbelt er den fingerdicken Schmutz aus allen Ritzen und Spalten der Karosserie. Laubklumpen, die zu Humus wurden, wirbeln lose in Motorraum und Kofferabteil umher. Mit dem Staubsauger fängt er sie auf. Mit Kaltreiniger und einem derben Handschrubber rückt er dem Fünfzylinder und seiner ölverschmierten Umgebung zuleibe. Wer jetzt speckigen Glanz liebt, kann das Ganze noch mit Motorplast versiegeln.
Auto-Ganzkörpermassage
Freddy verzichtet, er ist froh, dass Metall wieder wie Metall aussieht und silbrig glänzt. Dann folgt eine Handwäsche mit drei Eimern Wasser und einem Intensiv-Schaumreiniger, die eher einer Auto-Ganzkörpermassage gleicht. Freddy knetet den Schwamm in jeden Winkel, drückt ihn immer wieder aus. Rasch färbt sich das Wasser dunkel unter dem weißen Schaum.
Der Profi spricht vom pragmatischen Schnelldurchlauf fürs Foto: "Ein solch verdrecktes Auto auf jedem Quadratzentimeter perfekt hinzukriegen, dafür brauche ich drei Tage, inklusive Lack und Spachtel für die Stelle da vorn. Aber du wirst ihn schon in sechs Stunden nicht mehr wiedererkennen", verspricht er mit entschlossener Miene.
Dann greift er zu seinem Schatz, zur Festool Rotex Poliermaschine, schnallt ihr ein kleines zähes Pad auf, drückt Schleifpaste auf den Lack und legt los. "Normalerweise gehört der Klarlack mit 2.000er-Korn hauchfein abgeschliffen, dann mehrfach poliert, dann hast du einen unübertroffenen Tiefenglanz. So mache ich es bei wirklich wertvollen Autos."
6 qm Lack wollen geschliffen und poliert werden
Freddy arbeitet sich langsam aber stetig von vorn nach hinten, von oben nach unten. Er ist ein Virtuose an der Schleifmaschine, bringt stets den richtigen Druck auf: nicht zu viel, nicht zu wenig. Nicht zu lange auf einer Stelle, denn dann wird das Blech knallheiß. Behutsam an Kanten und Sicken, schnell schimmert es hell, dann grüßt die Grundierung.
Schon nach dem Abschleifen strahlt der Wagen wie neu geboren. Langsam gefällt Freddy der unmögliche Job. Jetzt die ganze Fuhre, die ganzen sechs Quadratmeter blaues Blech noch mal mit sanftem Pad und Politur. Bevor er zum Wachs greift und das finale Finish per Hand und Mikrofasertuch fast zärtlich aus dem Lack reibt, geht es noch mal ans Eingemachte. Er zwingt den Grauschleier aus den vielen äußeren Kunststoffteilen heraus und sorgt für glasklare Scheiben. Nun noch die Radkappen drauf, fertig!
9 Jahre draussen
Schade um den schönen Mercedes 250 D, 9 Jahre im Freien haben ihm arg zugesetzt. Das edle Nauticblau-Metallic ist abgestumpft und kreidet an manchen Stellen sogar aus. Alle Kunststoffteile schimmern grau wie Asphalt, die Radkappen fehlen, der Stern ist ab. Moos und Laubreste verstopfen Karosseriefugen und Ablauflöcher. Vorne links am Kotflügel bahnt sich eine Durchrostung ihren Weg. Trotzdem kein Fall für den Schrott, meinte Aufbereiter Freddy Borowski, der dem 124er in unzähligen Arbeitschritten einen würdevollen Auftritt schenkte.
Tipps für die richtige Pflege-Ausrüstung
Selbermacher ohne Poliermaschine sollten beim Auftragen der Politur nur kleine Flächen behandeln. Zum Auftragen und Nachpolieren Mikrofasertücher verwenden. Das Pflegemittel direkt auf den Lack geben, bevor es ins Tuch einsickert. Nicht kreisrund auftragen, sondern in parallelen Auf- und Abbewegungen. Die gute alte Polierwatte ist tabu, sie saugt das Mittel zu schnell auf, zerfasert.
Alle Markenprodukte garantieren ein gutes Ergebnis, ob Nigrin, Dr. Wack (A1), Sonax, Liqui-Moly, Caramba, Autosol oder Victoria. In den Autopflegekoffer gehören als Grundbesteck: Mikrofasertücher, Schleifpaste, Politur, Schutzwachs, Kunststoff-Tiefenreiniger, Gummipflege, Motorreiniger, Chromputz, Glasklar, Felgenreiniger, Teppich- und Polsterschaum.