Begeistert reckt der kleine Junge den Daumen in die Höhe und strahlt über das ganze Gesicht, als er den weißen Porsche erblickt. Was für eine nette Abwechslung, trauen doch viele Leute der jungen Generation kaum noch solche Begeisterung für Autos zu. Doch ob der Kleine ahnt, warum wir gerade mit diesem Exemplar unterwegs sind? Den anderen Mitgliedern der Truppe schenkt er nämlich nicht annähernd so viel Beachtung. Dabei können Audi Q7 e-tron Quattro und BMW X5 40e iPerformance im Grunde das Gleiche wie der Porsche Panamera 4 E-Hybrid 3.0 V6. Stopp – bevor Sie nun zum Luftholen ansetzen und protestieren: Es geht hier weder um Leistungsdaten noch um Raum oder Sportlichkeit der drei Oberklasse-Autos. Vielmehr vereint sie ihr Antriebskonzept als Plug-in-Hybride auf Basis eines Parallelhybrids mit Getrieben von ZF.
Viele Unterschiede im Detail
Okay, noch mal langsam und mit anderen Worten: Unter der Haube steckt jeweils neben einem klassischen Verbrennungsmotor auch eine E-Maschine. Beide können die Autos entweder alleine oder gemeinsam antreiben, ihre Leistung also parallel an den Antriebsstrang schicken. Außerdem sind Q7, X5 und Panamera Plug-in-Hybride, deren Akku sich per Kabel extern aufladen lässt, um je nach Modell bis zu 50 Kilometer rein elektrisch zu fahren. So weit die Gemeinsamkeiten. Wer aber tiefer in die technischen Details blickt, erkennt, dass sich die drei gar nicht so ähnlich sind. Denn nicht nur die E-Maschinen, sondern vor allem die Getriebe, die immerhin die komplexe Schnittstelle beider Antriebe bilden, sind grundlegend verschieden aufgebaut. Bevor wir uns aber lange mit der Theorie aufhalten, drehen wir einfach mal eine Runde mit dem X5 und seinem Achtgangautomaten (intern 8HP genannt) und lernen die Technik während der Fahrt kennen.
Wie bei Hybriden meist üblich, übernimmt der E-Motor Rangierarbeiten und niedrige Tempi, sodass wir die ersten Meter über den Parkplatz fast lautlos dahingleiten. Vor allem auf die Tatsache, dass dabei das Anfahren sanft und ohne Rucken klappt, sind die ZF-Ingenieure stolz. Immerhin fehlt dem Getriebe im X5 eine entscheidende Komponente, die klassischen Automatikgetrieben sonst den komfortablen Charakter verleiht: der Drehmomentwandler. Dessen Aufgabe übernimmt hier ein integriertes Anfahrelement, um innerhalb des Getriebegehäuses Platz für das Hybridmodul zu schaffen. So gelingt es, auf nur 30 Millimetern mehr Länge gegenüber einem herkömmlichen Achtgang-Wandlerautomaten einen zusätzlichen Antrieb unterzubringen.
Dieser hat uns in der Zwischenzeit bis zum Ortsrand gebracht. Um nun auch die anderen Hybridmodi kennenzulernen, geben wir etwas mehr Gas – schon schaltet sich flugs der Vierzylinder-Benziner zu. Wer genau darauf achtet, spürt nun die zusätzliche Kraft des Verbrenners, sicherere Zeichen für das Zuschalten sind aber die Bewegungen der Drehzahlnadel und der Motorsound. Die Steuerung, wann welcher Antrieb aktiv ist, übernimmt während der Fahrt eine ausgeklügelte Software. Sie kennt die optimalen Betriebspunkte aller Komponenten und stimmt diese aufeinander ab. Der Fahrer entscheidet lediglich zwischen den Fahrmodi von möglichst effizient bis besonders sportlich.
Maximaler Komfort im Q7
Ob wir Unterschiede bei den Autos spüren? Probieren wir es aus und steigen um in den zweiten SUV, in den Q7 e-tron. Bei der Bedienung bleibt alles wie gehabt, wir können zwischen mehreren Fahrmodi wählen und entscheiden, ob wir beide Antriebe kombiniert nutzen, die elektrische Reichweite für später aufheben oder den Akku während der Fahrt laden wollen.
Auch hier starten wir zunächst elektrisch und überlassen dem System die Steuerung. Im Gegensatz zum X5 gibt uns aber das Gaspedal die Möglichkeit, die Wahl des Antriebs zu beeinflussen. Bis zu einem Druckpunkt arbeitet nur der E-Motor, erst beim Übertreten startet der V6-Diesel. Doch schnell wird deutlich: Der Q7 ist auf maximalen Komfort ausgelegt. Die Geräuschkulisse bleibt dezent, und das Getriebe arbeitet kaum wahrnehmbar, weder das Umschalten zwischen den Antrieben noch die Gangwechsel dringen bis zum Fahrer durch. Das hat zwei Gründe: Zum einen verzichtet Audi nicht auf den Drehmomentwandler als Anfahrelement, der als zusätzliche Komponente zwischen Hybridmodul und Verbrenner sitzt. Zum anderen feilt jeder Hersteller an einer eigenen Fahr- und Schalt-strategie, um dem jeweiligen Modell einen individuellen Charakter zu verleihen.
Dass der Panamera trotz ähnlicher Hybridmodi wie der Q7 einen anderen Fahreindruck vermittelt, ist also nicht nur dem (unterschiedlichen) Getriebetyp, sondern auch der Software zu verdanken. Sie sorgt dafür, dass die Schaltvorgänge des Achtgang-Doppelkupplungsgetriebes in Millisekunden und subjektiv verzögerungsfrei ablaufen können oder je nach gewähltem Fahrmodus die Gänge spürbar einrasten. So wie man es sich bei einem Sportwagen vorstellt und wovon vermutlich auch der kleine Junge träumt.
Aufwendige Entwicklung
Was er aber wohl nicht weiß: Bis so ein Plug-in-Hybrid das erste Mal regulär auf der Straße rollt, ist jede Menge Entwicklungsarbeit nötig. Denn jede einzelne Komponente wird beispielsweise an neue Gewichtsverhältnisse angepasst. Zudem muss jede Schnittstelle zwischen den Baugruppen überprüft und diese müssen aufeinander abgestimmt werden. Im besten Fall, sprich, wenn Motor und Getriebe bereits fertig entwickelt sind, benötigen die Ingenieure für die Applikation und sämtliche Fahrerprobungen zwischen 14 und 18 Monate. Bei Neuentwicklungen vergehen sogar gut und gerne mal dreieinhalb Jahre.
Wie funktioniert ein Hybridgetriebe?
Um E-Antrieb und Verbrenner zu kombinieren, kann ZF entweder das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe (8DT) oder den Achtgang-Wandlerautomaten mit Planetenradgetriebe (8HP) hybridisieren.
Die Getriebe müssen bei Parallelhybriden die Antriebskräfte von Verbrenner und E-Motor sinnvoll kombinieren und an die Antriebsachse weiterleiten. ZF hat dafür Baukastensysteme entwickelt, um Doppelkupplungsgetriebe wie das 8DT (siehe Grafik oben) und Wandlerautomaten wie das 8HP zu hybridisieren. Beide Varianten sind so konzipiert, dass die Hybridkomponenten innerhalb des Getriebegehäuses Platz finden, sodass der nötige Bauraum nahezu unverändert bleibt. Auch das Grundgetriebe bleibt trotz zusätzlicher Hybridfunktionen mechanisch gleich. Beim Doppelkupplungsgetriebe schafft ein neues Radsatzkonzept den nötigen Raum, um gegenüber dem Siebengang-Sportgetriebe einen weiteren Gang sowie das Hybridmodul unterzubringen. Die E-Maschine leistet hier bis zu 100 kW und bringt es auf bis zu 400 Newtonmeter Drehmoment. Außerdem wird die trockenlaufende Trennkupplung – die für das rein elektrische Fahren den E-Antrieb vom Verbrennungsmotor abkoppelt – per elektromechanischem Steller mit integriertem Steuergerät betätigt.
Beim Achtgang-Automatikgetriebe erledigt diese Aufgabe die Hydraulik. Weitere Unterschiede sind bei der E-Maschine zu finden, die nasslaufend mit Innenrotor ausgeführt ist und es auf bis zu 90 kW und 250 Newtonmeter Drehmoment bringt. Rein elektrisch sind bis zu 120 km/h möglich. Um Platz zu sparen, integriert ZF das Hybridmodul an der Stelle des klassischen Drehmomentwandlers. Dessen Aufgabe übernimmt ein Integriertes Anfahrelement (IAE), das die Kraft des Motors beim Losfahren sanft an die Räder überträgt. Dafür nutzt es eine der vorhandenen Lamellenbremsen. Um die Ölversorgung, die je nach Ausführung ebenfalls die E-Maschine kühlt, auch beim Stillstand des Verbrenners aufrechtzuerhalten, kommt eine integrierte elektrische Ölpumpe zum Einsatz.