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Youngtimer Ford Scorpio II
Ford zum Sonntag

Im Alltag fahren wirkliche Ford-Fans gerne die kleineren Juwelen des Hauses, etwa Fiesta, Ka oder Escort. Sonntags aber nehmen sie den Scorpio der zweiten Serie, obere Mittelklasse, in Ghia-Version, mit 207 PS. Malte Jürgens über die Faszination des Unmöglichen.

Ford Scorpio II, Frontansicht
Foto: Dino Eisele

Als er im Herbst 1994 die Bühne der gehobenen Mittelklasse betrat, befielen die eine Hälfte der Ford-Liebhaber Fieber, Schüttelfrost und schwere Krämpfe. Auslöser war nicht etwa ein unbekannter Virus, sondern das nun allenthalben sichtbare Design des gerade facegelifteten, viertürigen Granada-Nachfolgers.

Als Wal-Veranstaltung der am Rheinufer produzierenden Ford-Werke wurde der Ford Scorpio gebrandmarkt, als Totgeburt und als ein Auto, das niemals fotografiert werden dürfte. Der Grund: Die Front mit den glubschigen, später auch noch dunkel umrandeten Scheinwerfer-Augen sowie das klobige, von einem schmalen Leuchtenband abgeschlossene Heck waren dazu angetan, europäische Kunden unvorbereitet mit dem ganzen Abschreckungspotenzial amerikanischen Auto-Designs zu konfrontieren.

Facelift am Computer

Doch jeder Trend erzeugt seinen eigenen Gegentrend. Von den Kritikern herausgefordert, schlossen die Ford Scorpio II-Fans ihre Reihen und erklärten in auto motor und sport Heft 1/1997: "Das Auto muss man in natura sehen", "Das Auto wird uns voranbringen" bis zu "Ich finde, das Auto sieht hervorragend aus".

Ford ließ den 1985 vorgestellten Scorpio zum Facelift ausschließlich am Computer überarbeiten. Damit wurde die zweite Serie, gefertigt von 1994 bis 1998, zum ersten vollständig am CAD/CAM-Rechner entwickelten Ford-Design. Experten wie der italienische Star-Designer Giorgetto Giugiaro erklärten die damit verbundenen stilistischen Komplikationen: "Früher gab es nur den Seiten-riss, die Front und den Blick von oben. Die Kunst der Karosseriebauer machte aus diesen Ebenen einen Körper, dessen Harmonie in der ausgewogenen Verbindung aller Teile lag."

Mit seinem umstrittenen Design wird der große Ford Scorpio heute also zum idealen Youngtimer für Rebellen gegen den Mainstream. Schon die herablassende Bemerkung der Anhänger von Allerwelts-Klassikern, mit dem Scorpio könne man sich doch nirgends ernsthaft sehen lassen, genügt Individualisten als alleiniger Kaufgrund.

Ford Scorpio glänzt mit inneren Werten

Was der Ford Scorpio II-Fahrer erhält, ist eine überbordende Sammlung innerer Werte, speziell in der voll ausgestatteten Ghia-Version mit dem 2,9-Liter-V6: Sitzbezüge aus herrlich knarzendem Leder, Radio, CD-Player mit Sechsfach-Wechsler, Klimaautomatik, elektrische Fensterheber, Bordcomputer, eine Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h und vieles mehr wie etwa ein stabiles Fahrwerk, komfortable Federung und großzügig bemessenen Platz, besonders hinten.

Die Preise pendeln derzeit am unteren Tiefpunkt, um die 3.000 Euro für Modelle mit weniger als 100.000 Kilometern. Doch die sind schwer zu finden. Weil sie einst nicht genug geliebt wurden, fielen Ford Scorpio II oft der Schrottpresse zum Opfer. Und wer noch einen hat, gibt ihn auch mit mehr als 200.000 Kilometern nicht wieder her.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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