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VW-Konzernabend Paris 2012
Das Beste aus zwei Welten

Beim VW-Konzernabend vor dem Pariser Salon präsentiert Vorstands-Chef Martin Winterkorn mit seinen Mannen nicht nur Kohlefaser und PS, sondern kündigt auch den Siegeszug einer neuen, alten Idee an: Hurra, Hybrid.

VW Konzernabend Autosalon Paris 2012
Foto: Markus Stier

Die Bässe sind vielleicht ein bisschen heftig, ein bisschen aggressiv, wer Vorurteile hat, würde sagen: etwas sehr teutonisch. Vielleicht hätte man besser was von Vivaldi gespielt. Vielleicht war es aber auch genauso geplant, wegen des Überraschungseffekts. Denn Volkswagen-Konzernsprecher Stefan Grühsem eröffnet den VW-Konzernabend mit einem Hinweis auf die nun 50 Jahre währende deutsch-französische Freundschaft. Man ist schließlich in Paris, und man weiß, was sich gehört.
 

Unsere Highlights

Kundenwünsche voll im Visier

Und als guter Gast bringt man gewöhnlich Geschenke. Nun, so ein Trumm wie der Panamera Sport Turismo ist ein bisschen schwer zu verpacken, also entschied man sich, ihn in der Halle Freyssinet am südlichen Seine-Ufer in grellgrünes Licht zu hüllen. An Gummiseilen befestigte Tänzer stürmen zunächst den Saal und lassen sich über den Boden rutschend wieder zurückziehen. Es ist eine nagelneue Trendsportart und nennt sich Horizontal-Bungee, nebenbei gesagt: völlig ungefährlich.
 
"Was will der Kunde" , orakelt Porsche-Chef Matthias Müller. Ein bisschen mehr Kofferraum, den Look eines Gran Turismo und ein bisschen Hybrid, fertig ist der Porsche Kombi. Bei Audi ist man anderer Meinung: Der Kunde will vor allem eins: quatschen. Und das darf er dann mit Audi Connect im A3 Sportback, der unter dröhnenden Bässen im Stile von Alex Clare, auf die Bühne rollt. 90 Kilo leichter ist er geworden und dennoch größer, da ließen sich ein paar Pfunde investieren ins Infotainment, das dem Lenker künftig vorliest, was man ihm so zugetwittert und rübergepostet hat. Es lässt sich dann auch von Auto zu Auto kommunizieren. Offen bleibt die Frage, ob sich künftig auch leichter die Verbindung zu einer der schmucken Tänzerinnen im roten Latex-Tütü herstellen lässt, man ist ja schließlich in der Stadt der Liebe.

Und es hat Duc gemacht

Es bleibt rot, denn von beiden Seiten rollen Ducatis auf die Bühne, VWs jüngste Neuerwerbung. Der Ducati-Chef Gabriele del Torchio zeigt mal wieder, warum uns Italien in puncto Mode ganz weit voraus ist und rollt höchstselbst in kurzer Lederjacke auf einer Multistrada in die Halle. Er betont, wie froh er ist, da zu sein im Kreise der Wolfsburger und Stuttgarter und Ingolstädter. Ducati ist jetzt deutsch, das muss ein harter Schlag sein für Italien. VW hat damit Revanche genommen für das Tor von Mario Balotelli, oder war es umgekehrt?
 
So mancher Ducati-Händler wie der in Ingolstadt schlägt nun die Hände über dem Kopf zusammen, weil ständig Audi-Mitarbeiter im Laden stehen und ein rotes Schmuckstück zum Vorzugspreis wollen. Später, wenn in Paris alle PS gemeinsam auf der Bühne versammelt sind und die paar Hundert Journalisten zu Wildschwein-Blutwurst-Sandwich auf Erbsencreme an Trüffelsauce (das alles im modularen Querbaukasten auf zwanzig Kubikzentimetern) zwischen den Kunstwerken auf Rädern flanieren, hat der Fahrer der rattenscharfen 1199 Panigale S sicherheitshalber mal den Schlüssel abgezogen. Nicht, dass am Ende zwei dastehen. Selbst betagte Kollegen, denen man anhand der Altersklasse eher Interesse für Treppenlifte unterstellen würde, drehen - manche verstohlen, manche unverhohlen - am Gasgriff des Superbikes.
 
Wie sagt Seat-Konzernchef James Muir: "Es muss nicht nur den Kopf erreichen, sondern auch den Bauch." Damit hat er allerdings eher den neuen Leon gemeint und nicht die drei Gallardos, die unter zuckenden Blitzen auf den drei Großleinwänden die Bühne stürmen. Mit 13.000 Einheiten ist der Gallardo der meistverkaufte Stier der Geschichte "Wir verkaufen keine Autos, wir verkaufen Träume", sagt Lambo-Patron Stephan Winkelmann mit klarem italienischen Akzent in fester Stimme.

Winterkorn stöpselt ein

Da will Bugatti-Kollege Wolfgang Schreiber nicht hintenanstehen. Veyron Gran Sport Vitesse ist mit 375 km/h (offen) das schnellste Cabrio aller Zeiten. Eigentlich kann er auch Tempo 410, aber nur geschlossen, das würde sonst auch die Frisur ruinieren.
 
Es ist noch nicht der ganz große Brüller, und so entert Schreiber abermals die Bühne. Ohne sich umzuziehen, hat er sich blitzschnell in den Bentley-Boss verwandelt und sagt salopp: "Ich bins nochmal." Unter psychedelischem Flackern von Linien, Kreisen und Dreiecken auf beweglichen Videowänden verschafft sich ein Gefährt Einlass, für das das Wort Bolide einmal erfunden wurde. Die GT3-Rennversion des Bentley-Continental-Coupé mit 20 Zoll-Rädern und einem echten Brett als Heckflosse lässt auf den Rängen dem mexikanischen Sitznachbarn ein lautes "Wow! Uuuuh! Wow!" entfahren. Spätestens jetzt stellt sich das gewünschte Bauchgefühl ein. Dass der Bentley für einen GT-Renner vielleicht ein bisschen viel Stirnfläche hat, perlt am Anzug des britischen Sportchefs locker ab: "Wir haben so viel Leistung, da fällt das gar nicht groß ins Gewicht."
 
Die Bassboxen spielen jetzt "The Race" von Yello in einer modernen Techno-Version, und auf die Bühne rollt die wichtigste Neuvorstellung: der Golf. Vorstands-Chef Martin Winterkorn himself hat ihn gesteuert. Leichtbau, trotzdem mehr Platz, dafür 15 Prozent weniger Verbrauch, das ist doch mal was. Winterkorn verweist stolz auf sechs Millionen verkaufter Autos von Januar bis August und die Bestellungen für Wolfsburgs Wichtigsten laufen ermutigend. Weitere 140 Neuheiten sollen in den nächsten zwei Jahren kommen, sieben Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung gesteckt werden. Winterkorn kann sich einen Seitenhieb auf den Elektro-Hype der Konkurrenz nicht verkneifen, man setze auf eine neue, viel vielversprechendere Antriebsform: den Plugin-Hybrid, der künftig von Polo bis Panamera das Markengeflecht durchziehen soll. O-Ton Winterkorn: "Das Beste aus zwei Welten."
 
Jetzt werden Kritiker sagen, das ist nicht neu, sondern ein alter Hut. Aber deshalb muss es erstens nicht falsch sein, zweitens muss sich SPD-Mann Peer Steinbrück zu seinem Banken-Einbremsprogramm zur Zeit das Gleiche anhören, schießt sich damit aber glatt in Richtung Kanzler-Kandidatur. Bereits im Kanzler-Ductus ist auch Winterkorn und betont, dass der Verbrennungsmotor eben auf langen Strecken ohne Alternative, also quasi alternativlos sei, und damit gibt er wie Umweltminister Peter Altmaier auch der automobilen Energiewende eine neue, alte Richtung.
 
Staatsmännisch verbreitet der VW-Chef in der Krise Optimismus, und ganz im Stile gewiefter Politiker verteilt er auch Wahlgeschenke, nur dass er die nicht für eine diffuse Zukunft ankündigt, sondern sogleich umsetzt. "Sie dürfen heute ruhig ein Glas mehr trinken", verkündet der Gastgeber, und prompt öffnen sich die Tore der Bühne in der überhitzten Halle ein letztes Mal. Dahinter kommt kein weiteres Auto zum Vorschein, sondern ein Spalier von Kellnerinnen mit kalten Getränken.

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