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Volvo V60 Plug-in Hybrid Montage
So baut man einen Plug-in Volvo

Volvo bezeichnet den V60 Plug-in Hybrid und dessen Serienfertigung als "technische Pionierleistung". Ob es da schlau ist, einen Anfänger ranzulassen? Volvo hat es gewagt und auto motor und sport ins Werk Torslanda eingeladen.

Volvo V60 Plug-in-Hybrid, Michael Orth, Montage, Werkshalle, Fließband
Foto: Wolfgang Groeger-Meier

Das Gehirn wiegt 25 Kilo und ruht in einer Holzkiste. "Dort nimmst du es heraus", sagt Sture, "und setzt es ein." Der Mann im blauen Kittel lächelt aufmunternd, dann schwenkt er eine Haltevorrichtung über die Kiste. Sie wird das Gehirn heben und helfen, es an der Stelle im Volvo V60 Plug-in Hybrid zu platzieren, die Kollegen mit zwei präzisen Schnitten dafür vorbereitet haben. "Bitte", sagt Sture. Der Daumen drückt einen Knopf, der aussieht wie der Clip eines Hosenträgers, und spontan senkt sich der Rahmen über die Kiste. Ein paar Bewegungen richten ihn aus, noch ein Stück weiter runter, dann einen Handhebel umlegen. Knapp zischt ein Druckluftventil, und zwei Pins greifen sich das unter ihnen liegende Gehirn.

Im Volvo V60 Plug-in Hybrid ist der Inverter der Chef

Die Zeit wird knapp. Schon jetzt dauert die Sache drei Mal länger als vorgesehen. Im Normalfall brauchen zwei Arbeiter nicht mehr als eine Minute, um im Unterboden des Volvo V60 Plug-in Hybrid den hellgrauen Alublock zu verschrauben, den Sture Bodebratt als Gehirn des Autos bezeichnet. "Das ist die Invertereinheit, die auch steuert, wie der Elektromotor den Diesel im Antrieb ergänzt oder ablöst", erklärt der Projektleiter für die Fertigung des Plug-in Hybrid. Er steht neben der ersten von acht Stationen, die Volvo in Torslanda in die Produktionslinie integriert hat, damit speziell geschulte Arbeiter den Hybrid-Kombi in einem Ablauf mit den übrigen sieben Modellen fertigen können, die im Göteborger Stammwerk entstehen.

Auf dem Weg entlang der Produktionsstraße schmatzen die Sohlen der Sicherheitsschuhe leise auf dem hell lackierten Boden. Irgendwoher weht Popmusik, elektrische Schrauber jaulen, Hydraulisches ächzt zwischendurch, und Metallisches klackert einen Rhythmus dazu, während die Arbeiter sich am Band bewegen wie in einem eigens choreografierten Tanz. Ruhig führen die Leute ihre Hände, ohne Zögern, ohne Hektik. Gestresst wirkt keiner, obwohl pro Stunde rund 50 werdende Autos im Schleichgang vorüberziehen; jedes 20. an diesem Tag ein Plug-in Hybrid. "Da", zeigt Mats, "der nächste Volvo V60 Plug-in Hybrid, der kommt, ist deiner." Er hält vier dicke Schrauben in die Höhe und reicht sie rüber.

Einbau des E-Motors im Volvo V60 Plug-in Hybrid

Meter für Meter nähert sich auf einem Montagewagen etwas, das gleich die fertige Hinterachse eines Plug-in Hybrid sein soll. Mats hebt den 70 Kilogramm schweren E-Motor mit Hilfe eines kleinen Krans auf die Hinterachse, löst die Halterung und deutet wortlos auf vier Löcher, dann auf die Schrauben, die er gerade abgegeben hatte. Eine nach der anderen greift im Gewinde, während Mats schon mit einem Drehmoment-Schlüssel spielt und zur Eile mahnt, als er ihn rüberreicht: "Komm schon, du baust ein Auto, und ein bisschen was musst du hier noch erledigen, bevor wir weitere Schritte machen können."

Er hat schon das nächste Teil für den Volvo V60 Plug-in Hybrid in der Hand, eine kleine, abgewinkelte Kunststoffröhre, und es ist sein amüsierter Blick, der fragt: "Na, wo würdest du die nun befestigen?" Die Antwort ist Ratlosigkeit. Woraufhin Mats helfend einschreitet. Er hat als Mitarbeiter der Fabrikation schon im Prototypen-Stadium des Hybrid mit seinem praktischen Wissen geholfen, die Serienfertigung des Wagens in einzelnen Abläufen so zu organisieren, dass die Kollegen die Arbeit nun möglichst ohne Verrenkungen hinbekommen.

Auto bauen ist wie Auto fahren: Irgendwann kann man es

Ohne hinsehen zu müssen greift er hinter sich, wo blaue Boxen Schrauben, Muttern, Clips und Sonstiges anbieten. "Irgendwann weißt du auswendig, was du wo brauchst und wie du es montierst. Bis dahin verraten es dir die Begleitzettel, und du kannst immer jemanden fragen." Es sei beim Auto bauen wie beim Auto fahren, meint er. Man verinnerliche die Abläufe und Funktionen, müsse sich bald nicht mehr jede Bewegung einzeln ins Gedächtnis rufen. Außerdem folgen die Monteure dem Volvo V60 Plug-in Hybrid über mehrere Stationen. Jetzt: zum Einbau der Hauptverkabelung.

Deren Teile liegen zusammengefaltet neben der Produktionslinie. Bis der Montagewagen den Unterboden bringt, müssen die orangefarbenen Stränge der Hochspannungselektrik neben den Schläuchen für die mit der Klimaanlage verbundenen Akku-Kühlung auf ihrem Träger vorbereitet sein. "Es steckt eine verdammte Menge an Extra-Schläuchen in dem Wagen", kommt es locker von Sture Bodebratt, dem Fertigungsmanager. Was ist eine verdammte Menge? "Gut 70 Meter Kühlleitungen und einiges mehr an speziellen Kabeln, die sozusagen das Rückgrat des Volvo V60 Plug-in Hybrid bilden." Eines führt Mats nach vorne zum Motor. Er zeigt auf einen mehrpoligen Anschluss und sagt: "Das ist das Herz. Dein Job ist es, das Herz anzuschließen." Mit mäßigem Widerstand findet der orangefarbene Stecker seinen Platz. Es klickt, als er in der Dose am Generator einrastet. Ein Hebel sichert die Verbindung, ein grüner Clip sichert die Sicherung.

Es geht immerhin um das Herz. Für Ergriffenheit aber bleibt keine Zeit, denn der Träger der Hauptverkabelung muss noch verschraubt, und Schlauchstücke wollen ineinander gesteckt werden. "Moment", fährt Mats dazwischen und lächelt: bitte so, dass die Farbmarkierungen der Anschlüsse passen. Ach ja. Es ist ein bisschen viel auf einmal. Das ändert sich allerdings wenig später.

Drei Zentner Akku müssen in den Volvo V60 Plug-in Hybrid rein

Nachdem Unterboden und Karosserie am "Marriage Point" mit dem Beistand von vier Robotern und dem Verbindenden von etwa drei Dutzend Schrauben den nüchternen Moment ihrer Vermählung hinter sich brachten, kommt der Volvo V60 Plug-in Hybrid zu der Station, wo er das erste und einzige Mal einen Schritt aus der Reihe tanzt. Er setzt an einer Ecke eine Wagenlänge zurück, wo Erik schon darauf wartet, den Kofferraum zu öffnen. "Da fährst du die Batterie mit der schmalen Seite voran hinein, drehst sie um 90 Grad, senkst sie ab, führst den Montagerahmen wieder zurück, das war’s." Bevor der drei Zentner schwere Block von der Maschine geführt millimetergenau seinen Platz im Heck des V60 findet - 13 Arbeitsschritte in einer dreiviertel Minute -, muss er vorbereitet und getestet werden. Es ist schließlich weder für das Ansehen elektrischer Mobilität noch für das der Passagiere förderlich, wenn mit der Hochspannung an Bord etwas nicht stimmt.

Dass alles zum Einbau okay ist, meldet ein Bildschirm mit den Worten "Mätning Klar". Grün leuchten derweil die Kontakte der Prüfkabel. Das ist auch deshalb gut, weil sich schon der nächste Volvo V60 Plug-in Hybrid nähert, um sich seine Batterie abzuholen. Mit deren Saft wird der V60 wahlweise rein elektrisch 50 Kilometer weiter kommen als der Diesel, zu dessen 215 PS weitere 70 mobilisieren und die Hinterachse antreiben, während sich Verbrenner und E-Motor im Hybridmodus ergänzen.

Bis es so weit ist, reist der vom auto motor und sport-Reporter mitmontierte Volvo V60 Plug-in Hybrid weiter bis zum Ende der Produktionsstraße, wo er auf dem Weg zur Qualitätskontrolle ganz still die ersten Meter auf den eigenen Rädern zurücklegen wird. Hoffentlich.

Fährt mit Strom und/oder Sprit: Volvo V60 Plug-in Hybrid
Seit November 2012 fertigt Volvo den Plug-in-Hybrid im Stammwerk Torslanda bei Göteborg in Serie. Dazu integrierte man acht Montagestationen in die üblichen Abläufe oder modifizierte Arbeitsschritte. Der E-Motor wird etwa dort montiert, wo sonst die Allradler ihr Hinterachsgetriebe bekommen. Die erste Charge von 1.000 Modellen mit Sonderausstattung ist bereits verkauft, etwa ein Zehntel nach Deutschland. Ab Frühjahr 2013 will Volvo Produktion und Absatz des Hybrid-Kombis auf jährlich 4.000 bis 6.000 Stück steigern.

Der V60 Plug-in Hybrid kombiniert den 215 PS starken Fünfzylinder-Diesel des D5 mit einem 70-PS-E-Motor, der seine Energie aus einer 11,2 kWh großen Batterie bezieht und die Hinterräder antreibt. Auf Knopfdruck lassen sich die Betriebsarten wählen: im Pure-Modus bis zu 50 Kilometer rein elektrisch, im Hybridmodus mit einer wechselseitigen Ergänzung und im Power-Modus mit einer dauernden Kombination aus Diesel und Elektromotor. Im Save-for-later-Modus lädt ein vom Diesel angetriebener Generator den Akku während der Fahrt. Der lässt sich an jeder Haushaltssteckdose anschließen, Vollladezeit je nach Stromstärke 3,5 bis 7,5 Stunden.

Das Leergewicht des Hybrid liegt mit 2.052 Kilogramm knapp fünf Zentner über dem des D5 AWD. Inklusive Zusatzausstattung kostet der V60 Plug-in Hybrid der Limited Edition 56.900 Euro, rund 5.000 mehr als ein D5 AWD Geartronic Summum.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten