Eigentlich ist heute Karfreitag, und es gibt kein Fleisch. Aber die Briten machen in Sachen Religion seit Heinrich dem Achten ohnehin ihr Ding und von den Multimillionären, die um den Stand von David Brown stromern, sind die meisten eh nicht römisch-katholisch. Also verkündet Verkaufsspezialist Kevin frei von der Leber weg, dass Daisy eine nette Kuh war, aber trotzdem sterben musste. Ihre Haut trägt nun unter anderem eine Türverkleidung zu Markte. "Alles feinstes englisches Leder", sagt Kevin, betont, dass es sich beim Unternehmen David Brown um ein zutiefst britisches Kommandounternehmen handelt und verweist auf den Union Jack im Logo. Dabei ist der Hinweis gar nicht nötig. Wer einen Blick auf das Vehikel im Grimaldi Forum von Monte Carlo wirft, käme zu keinem anderen Schluss. Vor dem Betrachter macht sich eine Neuinterpretation des Aston Martin DB5 breit, mit ein bisschen Ferrari hier, ein bisschen Maserati da. Unter dem Blech steckt des Speedback GT allerdings ein nagelneuer Jaguar XKR mit Fünfliter-V8 und 510 PS. Die Werktreue geht bei der Technik so weit, dass die Brownsche Schöpfung gar in offiziellen Jaguar-Werkstätten gewartet wird.
Kevin verrät, sein Chef habe einen echten DB5 und liebe ihn heißt und innig, wolle aber zuweilen bei Ausfahrten auch mal ans Ziel gelangen, und so gründete der mit Lastwagen und Baumaschinen reich gewordene Engländer in Coventry gleich seine eigene Automarke. Innen dominieren in dem klassisch aufgemachten Neuwagen Alu, Chrom, Wurzelholz und eben Daisys Leder, passenderweise gefärbt in Blutrot. Solcherart ist auch die Rückbank, die sich gegen die Fahrtrichtung aus dem Kofferraum zaubern lässt. Die Sitzbank dient dem Verweilen bei Pferderennen, Polospielen und Sonnenuntergängen, auch wenn es davon auf der Insel nicht allzu viele gibt.
Top Marques Monaco 2014 mit zahlreichen PS-Krachern
An Sonne mangelt es in Abu Dhabi weniger, und Pferderennen gibt es auch dort, nur wäre beim Lykan Hypersport 2014 kein Platz für den Rücksitz. Denn unter dem Kohlefaserkleid sitzt ein vom deutschen Spezialisten Ruf entwickelter 3,8-Liter-Boxer, in dem auf Wunsch 770 Pferde rennen. In 2,8 Sekunden soll das zackige Geschoss Tempo 100 erreichen und Topspeed 385 erreichen. Allerdings betont Firmenchef Ralph Debbas aus dem Libanon, der sein weitgehend bei Magna Steyr in Österreich entwickeltes, von einem Franzosen entworfenes Auto in Italien fertigen lässt und den Firmensitz der Marke W-Motors in die Vereinigten Emirate verlegt hat, dass es sich keineswegs um einen Rennwagen handeln soll. Man habe Wert auf genügen Platz und allen Komfort gelegt. Nur sieben Stück des erstmals in Europa präsentierten Sportwagens wird es geben. Nach eineinhalb Jahren soll ein neuer Typ mit gleicher Technik, aber neuer Optik entstehen. Debbas verrät nicht, wie viele schon die geforderten 2,4 Millionen plus Steuern auf den Tisch gelegt haben, er aber so viel sei verraten: Es gibt noch den ein oder anderen.
Brandneu und exklusive ist auch der Zenvo STI. Bemerkenswert an dieser Mittelmotorrakte ist nicht nur, dass sie mit Unterstützung von Kompressor und Turbo brutale 1104 PS leistet und die Höchstgeschwindigkeit in bescheidener Selbstbeschränkung auf 385 km/h abgeriegelt ist, das Besondere ist, dass der Zenvo aus einem Land stammt, dass jetzt nicht gerade berühmt für den Automobilbau ist: Dänemark. Aber Firmengründer Trols Vollertsen profitiert gerade von diesem Umstand: „Unsere Kunden wollen etwas haben, dass eben nicht jeder hat“, sagt der Vater des Zenvo.
Es geht sogar noch exotischer: Der 4,2-Liter Audi-V8 hinter dem Cockpit des gelb-schwarzen Roadsters mag ja noch geläufig sein, auch wenn er durch einen aufgepfropften Kompressor getarnt ist, aber der Tushek T600 ist der erste slowenisch-österreichische Supersportwagen der Welt, hat auf Wunsch 680 PS unter der Karbon-Haube und ist damit 350 Sachen schnell.
Aber hier soll nicht der Eindruck entstehen, es gäbe unter Scheichs und Oligarchen nur noch Speedfreaks. Nehmen wir die Schöpfung des Nunzio la Vecchia. Der Schweizer Designer und Erfinder mit der Rockabilly-Frisur hat mit seinem viersitziges Sport-Coupé Quant schon in Genf einiges an Interesse erregt. Seine Studie soll für 388 km/h gut sein und 900 PS abliefern, das aber dank vier Elektromotoren, Superkondensatoren und einer Redox-Flow-Batterie für stetigen Energiefluss ganz ohne Emissionen. Der Schöpfer verspricht eine Reichweite von bis zu 600 Kilometern. Die Industrie interessiert sich, und nicht nur die. Mit Fotografen und Schaulustigen im Schlepptau taucht plötzlich Robert Geissen auf dem Stand auf. Von der Lightshow im Innern ist die männliche Blondine mit dem Zahnpasta-Lächeln ebenso beeindruckt wie von den mächtigen Flügeltüren „Zwei Meter lange Flügeltüren, das können nur die Deutschen“, sagt la Vechia“ erfürchtig. Aber Geissen hat mit dem Concept-Car dann doch seine Bedenken: „Was denn, gar kein Sound?“ sagt er mit spürbarer Enttäuschung und reist weiter zum monegassischen Sportwagen-Verleiher AAA, da gibt es Lambos in Echtkarbon-Look mit vollem Zwölfzylinder-Gedröhne.
Monte Carlo erstickt im Verkehr
Das macht allerdings gerade nicht so richtig Spaß, denn Monte Carlo erstickt im Verkehr. Vom Casino bis zum Tunnel ist die Grand-Prix-Strecke frisch asphaltiert, die Bauarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Die Dreifachleitplanken stehen schon, aber die Gerüstbau-Lastwagen verstopfen die Straßen. Der Tunnel zum Hafen ist gesperrt. „So machen Testfahrten keinen Spaß“, sagt ein Londoner Journalist. Stau herrscht plötzlich auch im Untergeschoss der Messehalle. Der Fürst ist da. Von drei Sicherheitsbeamten umringt, muss Albert II die Brille abnehmen, sonst kann er das Kleingedruckte auf der Weinflasche nicht lesen. Immerhin steht am Stand für lokale Spezialitäten in großen Lettern „Weine für Stars“. Das ist die Sprache, die das Oberhaupt des Zwergstaates versteht, und schließlich geht es bei Top Marques Monaco nicht nur um Autos.
Wer entweder einen guten Tropfen schon am Nachmittag zu schätzen weiß, oder die ewigen Staus im Fürstentum satt hat, für den hat das deutsche Unternehmen Klaassen alles nötige. Hier werden aus Transportern Vorstandslimos gemacht. Außen VW Bus, innen Luxusbüro. Wer nicht ganz so viel Understatement will, für den ist die Stretchversion des Mercedes Viano das Richtige. Außen dezent schwarz, innen weißes Leder mit Bar, Kaffeemaschine, zwei Bildschirmen und vier zigfach verstellbaren Luxussesseln für ein Milliönchen plus Merhwertsteuer. Wenn der geschäftliche Teil erledigt ist, lockt Schampus oder Bier aus einem 25-Liter-Kühlschrank, es gibt Mucke aus der Mega-Anlage und Miley Cyrus fläzt sich nackt auf einer Abrissbirne. Dazu eine Runde Action auf der Playstation oder doch eher die Blue Ray vom Wulf of Wall Srreet? Zur kultivierten Entspannung hält ein Humidor Zigarren vor. „Dann aber sollte der Kunde besser Glattleder nehmen, denn beim Alcantara zieht der Rauch sofort rein“, weiß Verkaufschef Michael Müller.
So, dann bitte jetzt die Türen schließen und die Vorhänge zuziehen. Lässt sich alles auf einem iPad erledigen. Dann den Sitz in Siesta-Position fahren und dann gern Walgesänge und Meeresrauschen aus den Lautsprechern. Und dann die Augen zu und von einer besseren Welt träumen: einem zwangsgeräumten Monte Carlo, einer evakuierten Messehalle und einer Karbonkiste mit lauter Zünfschlüsseln.