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Russischer Multimillionär übernimmt Nürburgring
"Das ist nicht mehr unser Nürburgring!"

Nachdem mit Viktor Charitonin ein russischer Multimillionär die Regie am Nürburgring übernommen hat, wird die schlimmste Befürchtung vieler engagierter Gegner des Ring-Verkaufs wahr. Es wächst die Angst um die künftige Nutzung der Rennstrecke und die Zukunft einer gesamten Region steht in den Sternen.

Luftaufnahme Nürburgring Grand Prix Strecke
Foto: Nürburgring Automotiv GmbH

Nürburgring-Verkauf schürt Ängste

„Das ist nicht mehr unser Nürburgring“, unterstreicht Rennprofi Christian Menzel im Fernsehsender Sport 1. Der Rennprofi lebt nur wenige Kilometer vom Nürburgring entfernt, ist einer der besten Kenner der Region und einer der führenden Köpfe hinter der Protestbewegung gegen den Verkauf der Rennstrecke an einen privaten Investor. Eine Folge der schwindenden Unterstützung für die Traditionsrennstrecke durch die Ring-Anwohner kennt Menzel bereits: „Wir werden in den nächsten Jahren erleben, dass solche Hemmschwellen, wie zum Beispiel gegen Lärmbestimmungen zu klagen, fallen werden.“

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Der Nürburgring als „Spielhündchen oder Statussymbol“ (Verkaufsgegner Mike Frison) für Superreiche – dieses Schreckgespenst schwebt größer als je zuvor über der Eifel. „Eine komplette Region ist auf Gedeih und Verderb einem privaten Besitzer ausgeliefert“, kommentiert Rennprofi Christian Menzel die Situation und erklärt: „Ich lebe vom Nürburgring genauso wie viele Tausende in der Region: Wir haben Angst“.

Geordnete Verhältnis und Vertrauen

Viktor Charitonin heißt einer der Anteilseigner der erst am 28. Oktober gegründeten Nürburgring Holding AG, die als neue Mehrheitsgesellschafterin in die Capricorn Nürburgring Besitz GmbH (CNBG) eingetreten ist. Sie überwies die seit dem Sommer ausstehende Rate von fünf Millionen Euro ebenso wie bereits die dritte Rate, die erst im Dezember fällig gewesen wäre. Christian Eick, der Pressesprecher der neuen AG, betont: „Die Stabilität liegt den neuen Gesellschaftern besonders am Herzen, wie auch geordnete Verhältnisse und Vertrauen.“ Das belege der schnelle Start.

Wer neben Charitonin zu den Anteilseignern gehört und wie genau die Verteilung der Anteile in der AG aussieht, will Eick jedoch nicht verraten. Auch Informationen über den Alleinvorstand der Nürburgring Holding AG, Viktor Martin, wie Charitonin in der Motorsportszene ein unbeschriebenes Blatt, möchte Eick nicht preisgeben. Martin ist außerdem neuer zusätzlicher Geschäftsführer der CNBG. Ein Drittel der Anteile bleiben weiter im Besitz der GetSpeed GmbH und Co. KG.

Michael Lemler, Aufsichtsratsmitglied der Nürburgring Holding AG, unterstreicht im Gespräch mit der Eifelzeitung: „Zwei Dinge sind uns für den Nürburgring besonders wichtig: die Formel 1 und die Nutzung für Öffentlichkeit und den Breitensport.“ Eingefädelt hat den Deal mit dem russischen Multimillionär Robertino Wild, der ursprüngliche Geschäftführer der CNBG. Er hatte die eigentlich am 31. Juli fällige zweite Rate nicht zahlen können und seine Anteile am Nürburgring zuletzt an einen Treuhänder übergeben. Der Kontakt zu Charitorin sei über den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch zustande gekommen, den er im Urlaub kennengelernt habe, so Wild.

Die Autohersteller, die Nordschleife und der Nürburgring

Angesichts der vielen Aktivitäten von Autoherstellern am Nürburgring sollten auch sie ein vitales Interesse am Ring haben. So gibt es beispielsweise kaum einen Hersteller, der intensiver zumindest mit der Nordschleife des Nürburgrings verbunden scheint als Porsche. Seine Sportwagen müssen sich an Rundenzeiten messen lassen – und für Porsche sind sie ein Gütesiegel. Aber bei Porsche heißt es:

„Der Ring selbst ist für uns als Hersteller so nicht zu betreiben. Unser vorrangiges Interesse gilt der Nordschleife. Insgesamt hat es dazu sehr intensive Diskussionen gegeben. Die Hersteller, die im Industriepool zusammengeschlossen sind und die Nordschleife gemeinsam nutzen, haben ihren Anteil dazu beigetragen, sinnvolle Lösungen zu finden. Allerdings wurde in den Diskussionen schon sehr früh deutlich, dass die finanziellen Vorstellungen und die realistischen Gegenwerte deutlich auseinander liegen. Wir haben im Sinne der notwendigen Alternative vor drei Jahren das italienische Test- und Prüfgelände Nardo übernommen. Es ersetzt sicherlich nicht die Nordschleife, ermöglicht uns aber ganzjährig zu testen und war eine für uns wirtschaftliche Alternative“.

BMW bewertet den Ring ganzheitlicher, kommt aber dennoch zu einem ähnlichen Ergebnis: „BMW ist kein Rennstreckenbetreiber und hat auch in der Vergangenheit nicht in Rennstrecken investiert. Wir begrüßen jeden neuen Eigentümer, der sich der Tradition des Nürburgrings verpflichtet fühlt und die legendärste Rennstrecke der Welt langfristig und erfolgreich in die Zukunft führt. Ein partnerschaftliches Miteinander der Betreibergesellschaft mit Motorsport-Verbänden und Rennställen, Veranstaltern, lokalen Gewerbetreibenden in der Eifel, Fans und Automobilindustrie ist dazu eine fundamentale Grundlage.

Die Nationalität eines Investors bewerten wir weder positiv noch negativ. Von Bedeutung ist die Ausrichtung, die der Investor am Ring verfolgt. Im Sinne des Nürburgrings, des Breitensports und für die Menschen in der Eifel wünschen wir uns ein langfristiges, partnerschaftliches Engagement am Nürburgring. Es geht um den Erhalt des Kulturgutes Nürburgring“.

„Wir glauben an nichts mehr“

Viele Nürburgring-Anwohner und Motorsportler sehen aber genau das in die Brüche gehen: „Wir glauben an nichts mehr“, fasst Christian Menzel ihre Haltung zusammen. Der 43-Jährige weiter: „Das System hat in den letzten Jahrzehnten gut funktioniert, dieses Biotop ist jetzt zerstört.“ Es wird befürchtet, dass als Folge der neuen Besitzverhältnisse die Preise für Anmietung der Rennstrecke steigen und gerade kleinere Veranstalter mit Breitensportangeboten die Segel streichen müssen: alles auf Kosten der Menschen, die in der gesamten Region vom Nürburgring leben.

Gegner des Nürburgring-Verkaufs wollen protestieren

Dabei bräuchte der Nürburgring für die Zukunft vor allem Ruhe für einen geregelten Geschäftsbetrieb. Die wird aber schon deshalb so bald nicht einkehren, weil die gesamten Vorgänge rund um den Nürburgring für die rheinland-pfälzische Landtagswahl im Frühjahr 2016 zum Wahlkampfthema werden.

Außerdem haben die Gegner des Nürburgring-Verkaufs weitere Proteste angekündigt. Am 15. November wollen sie zunächst mit einem Autokorso zum SPD-Landesparteitag nach Mainz fahren und dort direkt am Tagungsort, der Phoenixhalle, für ihr Anliegen demonstrieren.

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