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Retro Classics meets Barock
Der Kaiser, die Muräne und ein standfester Horch

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Franz-Peter Hudek besuchte die Retro Classics meets Barock in Ludwigsburg und entdeckte neben vielen anderen Raritäten vier besonders interessante Concours-Teilnehmer.

06/2015 - Retro Classics meets Barock , mokla0615
Foto: Franz-Peter Hudek

Bereits am Freitagmorgen um elf Uhr brennt die Sonne wie in der Sahara auf die Kiesplätze, Rasenflächen und Blumenrabatte des Ludwigsburger Schlossparks. Zum Glück haben die Gärtner bereits die Tage davor ordentlich gegossen und gewässert, damit das wirklich fabelhaft „Blühende Barock“ nicht wie Altpapier zerfällt. Das ist das großartige an Retro Classics meets Barock: Der Besuch des Concours d’Élégance in den Parkanlagen von Schloss Ludwigsburg bei Stuttgart ist im Prinzip gratis, weil nur der normale Schlossgarten-Eintritt von bescheidenen sieben Euro pro Erwachsener entrichtet werden muss (Familie mit zwei Kindern 17,50 Euro).

Unsere Highlights

Obwohl das ganze Teilnehmerfeld noch nicht komplett eingetroffen ist, konnte man bereits eine ganze Reihe von Automobil-Raritäten bewundern. Die folgenden Vier sind ganz besonders interessant. Weitere Prachtstücke, für die es sich lohnt, nach Ludwigsbug zu kommen, findet man in der Fotoshow.

Der Hauptgewinn: ein Kaiser Darrin

 Gegenüber den herrschaftlichen, vor der Schlosstreppe geparkten Vorkriegs- Alfa, -Bugatti – und Delahaye parkt ein lindgrünes Cabrio, das aussieht, als hätte es der Konditor für eine Hochzeitsfeier gebacken. Es heißt Kaiser Darrin, stammt aus dem Jahr 1953 und ist damit noch vor der Corvette der erste US-Sportwagen mit einer Kunststoff-Karosserie. Die Automobilmarke Kaiser, die unter anderem nach dem Krieg den Jeep weiter produzierte, stellte die Technik mitsamt Motor, während der in den USA bekannte Designer Howard „Dutch“ Darrin das Design beisteuerte. Der meinte zu dem winzigen Fächer-Kühlergrill: „Als wollte das Auto Dir einen Kuss geben“. Interessant sind die nach vorne versenkbaren Schiebetüren und das für den Beifahrer gepolsterte Armaturenbrett.

Doch dieser Kaiser-Darrin, von dem gerade mal 435 Autos gebaut wurden, ist ein ganz besonderer. Er ist der Hauptgewinn einer Verlosungs-Aktion der 1914 gegründeten Benzinfirma Pure Oil. Jeder, der im Großraum Toledo/Ohio bei Pure Oil seinen Wagen betankte, nahm an der Verlosung eines Kaiser Darrin teil. Eine junge Frau war die glückliche Gewinnerin, verkaufte aber den Wagen wieder zügig. Vielleicht war das Einsteigen mit Rock auf den Fahrersitz doch nicht so einfach, wie es die Werbebroschüre für den Beifahrerplatz versprach. Und jetzt parkt dieses einmalige, höchst seltene Automobil im Schlosspark von Ludwigsburg.

Die Muräne, die nicht beißt

Sonder-Karosserien auf Basis eines Mercedes, Rolls-Royce oder Duesenberg kennt man ja. Aber eine neue, geräumige Coupé Karosserie für den Porsche 914 mit Mittelmotor? Das ist nun wirklich eine Rarität, steht in Ludwigsburg und heißt Murène, auf deutsch: Muräne. Sein Schöpfer ist der französische Designer Jacques Cooper, der für seine Firma Brissonneau & Lotz (B & L).ein praktisches Reisecoupé auf Basis des VW-Porsche 914 zeichnete. Cooper entwarf auch den ersten TGV, dem man eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Murène nachsagt.

Der Prototyp auf Basis eines bei Porsche gekauften 914/6 entstand jedoch beim Karosserie-Spezialisten Heuliez, da die B & L-Mutter Chasson in eine finanzielle Schieflage geraten war. Das heute wieder fahrbereite Coupé, dessen Schrägheck man kurioserweise nach hinten hochklappen kann, stand 1970 auf dem Stand von Heuliez. Doch Porsche zeigte keinerlei Interesse an diesem 914, trotz der französischen Haute Couture.

Der Horch 853: In Würde gealtert

Etwas versteckt im linken Bereich vor der Schloss-Freitreppe parkt zwischen anderen Nobelautos aus den Dreißigern ein Achtzylinder-Horch, an dem kein Helfer mit Lappen, Staubwedel und Putzmittel den Lack auf Vordermann bringt. Diesem Horch 853 ist nicht mehr zu helfen: Stoßstangen und Radkappen sind stark vom Rost befallen. Auch die Trittbretter sehen aus, als bestünden sie aus bitterer Schokolade. Und der Lack? Wohl mit Schuhcreme gepflegt. Ob das ausgebleichte Verdeck noch dicht ist? Immerhin ist das Interieur noch in Ordnung. Hier hängt nichts in Fetzen, man könnte sofort losfahren.

Der für die Ewigkeit gebaute, gigantische 2,7-Tonner ist voll einsatzbereit. Der Wagen wurde an den Konsul A.T. Holm nach Norwegen ausgeliefert, wo er den Hauptteil seines Lebens auf einer kleinen Insel verbrachte. Der Horch von 1937 nimmt an der neu geschaffenen Concours-Klasse für nicht restaurierte Fahrzeuge teil.

Lincoln Contiental Mk III. Wenn ein Cadillac zu gewöhnlich ist

Der Wagen ist groß, für ein Cabriolet sowieso. Aber die 5,81 Meter Länge sieht man dem Lincoln Continental Mk III von 1958 nun wirklich an. Er war damals das weltweit größte in Serie gebaute Cabrio und ist es vielleicht sogar noch heute. Vielleicht liegt es an dem nach hinten auskragenden Cabrio-Dach, das den Wagen optisch kleiner wirken lässt.. Auch das Coupé und die Limousinen hatten diese typischen, nach hinten gekippten C-Säulen mit der senkrecht stehenden Heckscheibe, die man elektrisch runterfahren konnte („Breezeway-Window“).

So auch bei diesem Cabrio mit Siebenliter-V8, der über 2,5 Tonnen Gewicht schleppen musste. Ebenso typisch für Lincoln: Bitte nur kleine Heckflossen. Wir wollen ja nichts übertrieben und überlassen diese Kinderei der stillosen Konkurrenz von Cadillac.

Diese vier grandiosen Autos und noch weitere interessante Auto-Typen präsentieren wir in der Foto-Show. Klicken Sie sich durch und dann ab nach Ludwigsburg. Am Samstag und Sonntag ist ab 10 Uhr geöffnet.

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