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Restaurierung 66er Ford Mustang
In 365 Nächten zum Traumauto

Unser Autor Dani Heyne träumte lange Zeit von einem frühen Ford Mustang. Irgendwann fand er dann ein liebenswürdiges Exemplar und restaurierte es in 365 Nächten zu seinem Traumauto. Klar, tagsüber musste er ja auch seinen Job in der Redaktion machen.

Ford Mustang, Garage, Heckansicht
Foto: Dirk Gulde

Wie nah mir die Restaurierung ging, bemerkte ich an einem lauen Sommerabend. Im Freien war ein Tisch gedeckt, und nach einem langen Blick sagte meine Freundin erschrocken: "Du hast da was." Ein Augenarzt entfernt kurz darauf einen Drahtschiefer – er hatte sich vom Bürstenaufsatz des Winkelschleifers gelöst ...

"Sonst geht es Ihnen gut?" Es ging mir nie besser, ich restauriere mein Traumauto, einen Ford Mustang von 1966.

Die Ausgangsbasis war ein verblasstes Coupé mit 289er-V8 und Dreigang-Schaltgetriebe, das man mit Leopardensitzbezügen quälte. Rost blühte an den typischen Stellen wie den Türunterkanten, den Endspitzen der hinteren Kotflügel und den Regenrinnen. Aber die Karosse war gerade, und der Motor lief.

Ford Mustang wird komplett zerlegt

Es kostete den Mai, das Ford Mustang Coupé mithilfe von zölligem Werkzeug komplett zu zerlegen. Wenn man wie ich in einer Gegend und Zeit aufwächst, in der Neuwagen 15 Jahre auf sich warten ließen, lernt man das Schrauben an alten Karossen meist noch vor dem ersten Kuss. Damals gilt wie heute: Gute Tipps sind Gold wert. Im Zeitalter des Internets stehen sie in Foren, zum Beispiel wie man sich ein Spezialwerkzeug selbst baut und damit die Chromleisten der Front- und Heckscheibe eines Mustang entfernt. Nachdem die meisten Anbauteile gut verstaut waren, wurde der Motor ausgebaut und die fettverkrusteten Achsteile mit einem Warmwasser-Hochdruckreiniger gesäubert. Sämtliche Schrauben wanderten zum Entfetten in eine kostengünstige Mischung aus Essigreiniger und Wasser und anschließend zum Verzinken. Überraschungen? Alles ließ sich ohne Gewalt öffnen, der Unterboden war teilweise unlackiert und trotzdem nicht durchgerostet und dem Vorbesitzer kein Centstück aus der Hosentasche gerutscht.

Anfang Juni stand die Karosse auf einem Rollgestell und die erste Glaubensentscheidung an: Wie den Lack entfernen? Abschleifen? Abbeizen? Oder doch ein teures Tauchbad bestellen? Ich entschied mich für eine Kombi-Lösung, pinselte die sensiblen Formflächen der Hauben, Türen, Kotflügel und des Daches mit einem Gel ein und bedeckte sie mit Frischhaltefolie – das intensiviert den Prozess des Abbeizens. Nach einer Nacht runzelte sich die alte Farbschicht, nach der zweiten ließ sie sich leicht abziehen. Die Grundierung und die Farbschichten auf den Sicken, Kanten und Falzen strahlte anschließend ein Fachmann vorsichtig ab und grundierte die Karosse elektrostatisch. Dabei werden das Metall und die Farbpigmente unterschiedlich geladen. Beim anschließenden Aufsprühen kommt es zu einer Art magnetischem Effekt; dabei werden die Lackpartikel an die Karosse gezogen – auch an die schlecht zugänglichen Stellen.

Unterboden und Achsteile wurden mit einem extrem widerstandsfähigen Schutzlack verwöhnt. So kann auf Unterbodenschutz verzichtet werden, lediglich die Hohlräume, Kanten und Falze werden später mit Fett versiegelt. Der Weg dahin glich jedoch einem Marathon, denn die Farbe wollte sich nur mit Schaumstoffpinseln einigermaßen gut verteilen lassen, und es waren drei Anstriche nötig, um perfekten Schutz zu gewährleisten. Pinseln Sie mal zwölf Nächte lang in gehockter Stellung über Kopf, ohne Schimpfwörter zu verlieren.

Farbe für den Ford Mustang

Ende September kommt ein erfahrener Karosseriebauer zu Besuch, ersetzt Teile der hinteren Radläufe und der Endspitzen und schweißt kleine Löcher an den Türen zu. Um die vorderen Frischluftkanäle hatte ich mich schon gekümmert – sie sind bei den meisten frühen Mustang löchrig, so dass Regen den Fußraum rosten lässt. Die zylinderähnlichen Bleche zu ersetzen dauert keine Stunde, allerdings muss dafür das Windleitblech ab – und das wird von rund 300 Schweißpunkten gehalten. Sie alle aufzubohren und wieder zu verschließen ist fast so nervenaufreibend, wie Ordnung in eine Damenhandtasche zu bringen.

Als anschließend Türen, Hauben und Kotflügel an ihre alten Plätze fanden, um die Spaltmaße zu prüfen, besserte sich die Stimmung. Dann kam das Kapitel Lackierung, ein Prüfstein in puncto Vertrauen. Schließlich hat es ab hier der Profi mit der Farbpistole in der Hand – egal, wie sehr man sich zuvor angestrengt hat. Um es abzukürzen: Nach zu vielen Monaten des Wartens, Fluchens, Hoffens und einer gründlichen Nachbehandlung glänzte das originale Raven Black so auf dem Mustang, wie es vermutlich auch 1966 geschimmert hätte.

Mustang komplettiert, Freude groß

Ein Gutes hatte die Verzögerung beim Lackierer: Die beiden Schiffspaletten Neuteile waren bereits ausgepackt. Zudem wurden das neue Teller- und Kegelrad ins Differenzial eingesetzt und laut Werkstattbuch eingestellt – eine prima Beschäftigung für den zweiten Weihnachtsfeiertag. Im Februar sind die Achsen komplettiert sowie die Bremsleitungen gebogen, gebördelt und befestigt. Entlüftet wird wie früher im Team, der eine pumpt mit dem Bremspedal, der andere liegt unterm Auto und lässt die Flüssigkeit aus den Radbremszylindern durch einen Schlauch fließen. Sind keine Bläschen mehr zu sehen, wird der Entlüftungsnippel festgeschraubt, fertig.

Aus dem originalen Einkreis- wurde ein Zweikreissystem mit Bremskraftverstärker, denn es wollen bald 180 Pferde gezügelt werden. Am V8 musste nur die Kurbelwelle neu geschliffen und gelagert werden. Der Einbau des Blocks kostete einen Nachmittag – inklusive Getriebe und neu gewuchteter Kardanwelle. Der Sattler spannte den Himmel ein, danach wurden Front- und Heckscheibe mit Dichtmasse eingesetzt. Wenig länger dauerten Verlegen und Anschließen des Kabelbaums, der beim Mustang eher ein Bäumchen ist. Wichtig dabei: Scheinwerfer und Hupe über separate Relais ansteuern; so müssen sie nicht ungesichert Dauerplus ertragen.

Mitte März war dann alles soweit angerichtet: Zündung und Vergaser grundeingestellt, Kühler montiert, Wasser aufgefüllt und genug Öldruck über den Verteiler aufgebaut. Der Anlasser schnurrte keine halbe Minute, da brummte der Achtzylinder sein erstes Hallo. Kurz die Zündung etwas auf früh gedreht, und schon klang der Smallblock, als wäre nichts gewesen. In jenem Moment lief ich zum Heck und lauschte andächtig dem tiefen Bollern. Das Gefühl tiefen Glücks sollte sich erst nach einer H-Abnahme beim TÜV einstellen. Abgesehen von ein paar Kleinigkeiten – unter anderem musste das Getriebe noch einmal raus, weil ein kleiner Simmerring nicht so richtig abdichten wollte – lief der Ford wie ein Uhrwerk.

Wie man sich nach getaner Arbeit fühlt? Reich an Wissen – und das macht wohl jede Restaurierung unvergesslich. Wenn ich heute im Mustang durch eine Allee cruise, ist es wie mit einem alten Freund spazieren zu fahren. Man kennt sich in- und auswendig.

Eigenimport aus den USA

Der Import aus den USA ist denkbar einfach. Mittlerweile gibt es zig deutsche Firmen, die diesen Service anbieten – inklusive der Fahrzeugbegutachtung und des Transports in Amerika. Da die Kosten für die Einfuhr jedoch von verschiedenen Faktoren abhängen (Kaufpreis, Dollarkurs, Steuersatz) und immer wieder schwanken, kann keine genaue Summe genannt werden. Als Richtwert sollte mit rund 1.000 Euro für die Verschiffung gerechnet werden. Hinzu kommen die Kosten für Zoll und Steuer. Einen hilfreichen Kalkulator finden Sie zum Bespiel auf www.carsfromusa.de

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