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Renault Twizy im Wintereinsatz
Kalter E-Spaßmacher mit Drifttalent

Im Sommer kann ja jeder mit dem offenen E-Renault herumstromern. Deswegen haben wir ihn auch im Winter rangenommen. Und ihm sogar Seitenfenster verpasst.

Renault Twizy, Seitenansicht, Jön Thomas
Foto: Hans-Dieter Seufert

Jörn Thomas im Renault Twizy bei Schnee-Treiben

Wer nur lange genug Motorrad gefahren ist, der lernt auch die kleinen Freuden des Lebens zu schätzen. Etwa nicht gleich auf die Nase zu fliegen, wenn man auf einer Eisplatte abbiegt. Oder bei Matschwetter keine Brocken an Stiefeln und Schienbein kleben zu haben. Mit dieser Einsicht ist der Renault Twizy im Winter ein toller Kumpel. Er transportiert dich buchstäblich trockenen Fußes ans Ziel, pustet mit viel frischer Luft trübe Gedanken aus dem Kopf und zieht auch dem wintergrau-depressivsten Passanten die Mundwinkel nach oben.

So brachte mich der Elektro-Doppelsitzer nicht nur zu den begehrten Joggingstrecken am Ortsrand, sondern shuttelte bei Bedarf auch Finja (4) in den Kindergarten. Allerdings von deutlichem Widerwillen begleitet - also bei Finja. Vielleicht ahnte sie als erprobte Fahrensfrau, dass der Renault Twizy - noch ohne die optionalen Seitenscheiben - gern schmutzt, genauer: ab Tempo 20 km/h ungeniert Schneematsch Richtung Oberkörper des Fondpassagiers schleudert.

Schleudern, ansonsten ein erquickliches Kapitel mit Twizy. Jenem hinterradgetriebenen Schlitzohr mit der Gewichtsverteilung eines Porsche Boxster, das per gezielten Gas-, pardon Stromstößen zu hübschen Drifts ansetzt. Dabei lässt sich die Kraft des 18-PS-Elektromotors erstaunlich fein dosieren, die direkte Lenkung sowie die Abwesenheit elektronischer Hilfsmittel fördern den Fahrspaß zusätzlich.

Doch keine Sorge, bei Bedarf spurt der Renault Twizy ganz brav, baut ordentlich Traktion auf und erklimmt auch die kleinen Hügel Stuttgarts problemloser als mancher Smart. Komfortabler als ein Motorrad sowieso.

Claus Mühlberger über Twizys Spurtkünste

"Einen Helm willst du aufsetzen?" Die Kollegen in der Redaktion biegen sich vor Lachen. "Der Twizy ist doch kein Rennauto!" Also trotte ich ohne Kopfschutz, aber mit zwei dicken, übereinander angezogenen Anoraks zur Winter-Erprobung.

Zugegeben, meine Erfahrungen mit E-Vehikeln waren bislang bescheiden. Sie beschränkten sich auf eine Testfahrt mit jenem Toyota-Rennauto, das Ende 2011 einen Rundenrekord für Elektroautos auf der Nordschleife des Nürburgrings aufgestellt hatte. 280 Kilowatt und 800 Newtonmeter waren dafür nötig, verpackt in ein ultraflaches Chassis von Radical.

Vom Fahrkomfort ist der 260 km/h schnelle Toyota durchaus vergleichbar mit dem Renault Twizy - bei beiden E-Vehikeln glänzt er schlicht und einfach durch Abwesenheit. Stattdessen gibt es einen äußerst karg gepolsterten Sitz und eine Federung, die diesen Namen nicht verdient. Wahrhaft erschütternd, wie brutal Toyota-Radical und Twizy mit ihren Fahrern umspringen.

Doch damit hat es sich auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Denn während der Toyota davonsprintet, als wäre er von einem Katapult abgeschossen, setzt sich der Renault Twizy nur sehr behäbig in Marsch. Klar, mit 13 Kilowatt Spitzenleistung ist er kaum kräftiger motorisiert als ein Krankenfahrstuhl. Im Dauerbetrieb wird die Leistung gar auf acht Kilowatt gedrosselt. Auf den Steigungsstrecken im hügeligen Stuttgart kratzt der Twizy deswegen nur mit viel Mühe an der 50-km/h-Marke.

Heizung? Fehlanzeige im 8.000 Euro teuren Renault Twizy. Immerhin bieten die optionalen Seitenscheiben Schutz vor grimmigem Fahrtwind und fiesem Spritzwasser. Dennoch fröstelt mein Popometer. Ich schwöre mir: "Beim nächsten Mal bringst du ein kuscheliges Lammfell als Sitzauflage mit."

Edwin Meister bevorzugt Winterkleidung im Renault Twizy

Eigentlich wollte ich vor dem Heimweg nur kurz bei Kollege Katemann den Computer flottmachen. Da bietet sich der Parkplatzkönig von Renault an - fünf Minuten im seitenscheibenlosen Flitzer bei minus sechs Grad müssten auszuhalten sein. Nach Hause geht es dann mit der S-Bahn. Wie immer bei kleinen Computerproblemen dauert es länger, und bis endlich alles läuft, ist die letzte Bahn schon weg. Also geht es mit dem Renault Twizy bei Schneetreiben und dünner Winterbekleidung die 18 Kilometer nach Hause. Nach rund fünf Kilometern bedauere ich, keine Handschuhe dabei zu haben. Meine Hände am Lenkrad wandern von einer Zehn-vor-drei in eine Kurz-nach-halb-sechs-Stellung. Auch die fehlende Mütze macht sich ab Kilometer zehn unangenehm bemerkbar, bei Kilometer 15 wünsche ich mir lange Unterhosen. Am Ziel schaue ich zum ersten Mal auf die angezeigte Restreichweite: 18 Kilometer.

Bei meinen Sommer- und Herbstfahrten waren es immer über 50. Nachladen ist nicht möglich, es sei denn, ich lege noch ein Stromkabel vom dritten Stock meiner Wohnung auf die Straße, nachts kurz nach ein Uhr.

Nachdem ich den Schnee innen und außen weggewischt habe, trete ich winterlich gerüstet die Fahrt in die Redaktion an. Der schneegekühlte Sitz des Renault Twizy ist glücklicherweise nicht nass, aber im wahrsten Sinn a....kalt. Während der Fahrt schweift mein Blick ständig auf die angezeigten Restkilometer, die bedrohlich abnehmen. Mit einem Kilometer Reserve auf der Uhr komme ich leicht angefroren in der Redaktion an

Luxus-Zubehör für den Twizy: Seitenscheiben

Kein Radio, keine Heizung, keine Seitenscheiben. Letzteres Manko wollen wir dem kleinen Stromer nehmen und rüsten nach. Zitternde Hände und kalte Nase - damit soll künftig Schluss sein. Hersteller Elia bietet für 499 Euro Makrolon-Scheiben für den fensterlosen Stromer an. Der Einbau gelingt fleißigen Hobbyschraubern in einer Stunde. Die Handhabung im Alltag ist gewöhnungsbedürftig. So muss sich der Pilot vor Fahrtantritt mit dem Arm in den Innenraum hangeln, um die Tür zu öffnen. Zudem sollte man sich vor der Fahrt überlegen: mit oder ohne? Denn das Verstauen der Anbauteile im Renault Twizy ist schier unmöglich.

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AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten