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Reise Saarland-Hunsrück im Triumph Spitfire 1500
Wir sind dann mal weg

Inhalt von

Einfach nur raus, einfach nur fahren. Einen Tag lang die Straße, die Sonne und den Wind spüren – in diesem Fall im Hunsrück. Eigentlich spielt das Ziel kaum eine Rolle. Viel wichtiger ist es, überhaupt unterwegs zu sein. Wir schnappen uns einen Triumph Spitfire - und sind weg.

Reise Saarland-Hunsrück
Foto: Arturo Rivas

Die Strasse wirft sich mächtig ins Zeug, windet sich in lang gezogenen Kurven um Äcker und über Hügel, schlägt unzählige Haken und im nächsten Moment eine Schneise durch einen dichten Nadelwald. Frisch gefallene Stämme liegen neben der Strecke, anstatt nach Blumenladen duftet es nun intensiv nach Holz und Harz. Der Kopf atmet durch, mit jedem Meter wird es besser. Hunsrück oder Alaska? Bundesstraße oder Panamericana? Das spielt im Moment keine Rolle. Was zählt, ist das Gefühl unterwegs zu sein

Unsere Highlights

Unterwegs in der Silbernen Zitrone: Triumph Spitfire 1500
 
Ein angekündigtes Hoch im Südwesten Deutschlands hatte die Entscheidung am Abend zuvor erleichtert, jetzt wirklich alles stehen und liegen zu lassen und einfach loszufahren. Grobe Richtung Saarland also, von mir aus auch bis zum Himalaja. Egal, Hauptsache raus, um nicht noch einen weiteren Sommertag zu verpassen, was bereits viel zu oft geschehen ist. Weil man entweder keine Zeit hatte oder schlechtes Wetter herrschte. Oft kam beides zusammen.
 
Ein Anruf später war die Fahrzeugfrage geklärt. Christoph Dorscheid aus Friedrichtsthal/Saar, Spezialist für alles, was aus England kommt, hatte die Einladung bereits vor einiger Zeit ausgesprochen. Wenn ich mal in der Nähe sei, müsste ich unbedingt eines seiner neuesten Mitbringsel aus dem Königreich Probe fahren: einen Triumph Spitfire 1500 aus dem Jahr 1976. Das Auto sei top gepflegt und würde sich in einem bestechenden Originalzustand befinden.
 
Ein Roadster also, klein und knackig. Und rechtsgelenkt dazu. Der morgige Tag, so scheint es, würde vieles wieder gutmachen, vielleicht sogar Gelegenheit bieten, den seit Langem im Keller deponierten Picknickkorb einzuweihen. Punkt zehn in Friedrichsthal. Der Triumph röchelt bereits seit ein paar Minuten im Standgas vor sich hin. Kaum zu glauben, wie klein und kompakt dieses Auto ist. Auf einmal erscheint selbst ein daneben geparkter MG B so groß und übermächtig wie ein amerikanisches Musclecar. Enge herrscht im Spitfire dennoch nicht. Der Passagierraum wird durch den Getriebe- und Kardantunnel in überraschend großzügige Nischen unterteilt, in denen Beifahrerin Tamara und ich auf bequemen Sitzen knapp über dem Asphalt Platz nehmen. Kleines Gepäck verschwindet auf einer Ablage hinter uns, während neben dem Picknick-Koffer noch erstaunlich viel Luft im Gepäckraum herrscht.
 
Die 69 PS des Triumph Spitfire sind ausreichend
 
"Bring ihn heil wieder", hatte Christoph Dorscheid uns bei der Abfahrt noch hinterhergerufen. Einen Spitfire heil wiederbringen? Ein Auto, dass zu Lebzeiten durch eine ellenlange Mängelliste auf sich aufmerksam gemacht hatte und dafür vom ADAC 1976 mit der Silbernen Zitrone geehrt wurde? War es nicht eben dieser Spitfire 1500, über dessen lausige Verarbeitungsqualität Romane verfasst wurden und über den 1977 in auto motor und sport zu lesen war, dass der Fahrer sich von kleineren Störungen nicht aus der Ruhe bringen lassen sollte? Schließlich fiel der fabrikneue Testwagen mit einer defekten Benzinuhr, einem sich lockernden Auspuffkrümmer, einem klemmenden Choke sowie Kühlwasserverlust auf.
 
Unser Auto hat bereits 33 Jahre auf den Buckel, und wir sehen es als Mutprobe, uns damit auf die A 1 in Richtung Naturpark Saar-Hunsrück zu wagen. Überaschend souverän ordnet sich der Triumph mit Tempo 120 auf der rechten Spur ein, vermittelt zur großen Freude bereits nach wenigen Kilometern viel Vertrauen und strotzt auf Grund seiner guten Verfassung nur so vor Selbstsicherheit. Dorscheid scheint bei diesem Auto einen guten Riecher gehabt zu haben. Seelenruhig zieht der langhubig ausgelegte 1,5-Liter-Vierzylinder den Roadster über die ersten Hügel des Hunsrück. 69 PS sind zwar nicht die Welt, andererseits würde die Kraft, wenn es denn drauf ankäme, für über 160 Sachen reichen. Aber Tempo spielt heute keine Rolle.
 
IIlingen, Eppelborn, Tholey. Ungehindert wischt das Land vorbei, dringen der warme Fahrtwind und die Sonne ins offene Cockpit. In Sachen Cabrio-Feeling macht dem Spitfire kaum jemand etwas vor, was an seinem gnadenlos offenen Wesen als Roadster liegt. Genau so hatten sich das der Triumph-Entwicklungschef Harry Webster und der Designer Giovanni Michelotti wohl auch vorgestellt, als sie dieses Auto auf der Basis eines Triumph Herald entwarfen und es 1962 präsentierten. Klein, knackig und agil.
 
18 Jahre lang wurde der Triumph Spitfire gebaut
 
Und selbstverständlich ohne festes Dach. Mit diesem Rezept begeisterten britische Automobilhersteller über Jahrzehnte den Rest der Welt. Es sollte auch beim Spitfire aufgehen, darum wurde er 18 Jahre lang nahezu unverändert gebaut. Doch nach ihm war Schluss - mit dem Spitfire 1500 endete 1980 die Roadster-Story aus dem Hause Triumph. Die Gattung "sportliches Vollcabrio für zwei Personen" geriet für eine Weile offen sichtlich vollkommen aus der Mode - aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar.
 
Ausfahrt Nonnweiler-Primsta. Der Bostalsee sei wunderbar, genau das richtige Ziel für einen Badeausflug mit anschließendem Picknick, hatte Dorscheid uns noch mit auf den Weg gegeben. Die Landstraße verschwindet in einem Waldstück, fällt in engen Radien sogleich über die erste Anhöhe her. Ein guter Einstieg, um endgültig mit dem kleinen Triumph warm zu werden. Man sitzt schließlich nicht jeden Tag als Steuermann auf der rechten Seite. Mit Links zu schalten entpuppt sich jedoch als noch gewöhnungsbedürftiger.
 
Doch das Auto befindet sich spätestens ab jetzt in seinem Element, es lenkt spontan ein und reagiert prompt auf die Befehle des Fahrers. Davon, dass so ein Spitfire süchtig machen kann, hatte ich bereits gehört. Und heute könnte so ein Tag sein, an dem man einem Auto leichter als sonst verfällt.
 
Die Strecke folgt dem Motto "Einsam in Deutschland"
 
Kurz darauf tritt der Wald zurück, und wir müssen uns an einer Kreuzung in Sellbach entscheiden. Links käme bereits in wenigen Kilometern der See, doch eigentlich ist es dafür noch zu früh. Also nach rechts in Richtung Tholey, dessen ungewöhnlicher Name sehr wahrscheinlich keltischen Ursprungs ist. Ein netter Kurort am Fuße des markanten, 569 Meter hohen Schaumberg, in dessen Schatten sich einst auch die Römer wohlfühlten. Zwei ihrer wichtigsten Handelswege in diesem Teil des Imperiums kreuzten sich hier: die Salzstraße von Metz nach Mainz und die Straße von Trier nach Straßburg.
 
Uns locken dagegen eher die weißen und grauen Sträßchen, jene dünn gestrichelten Ortsverbindungen, die auf Landkarten kaum noch zu erkennen sind. Von Tholey nach Oberthal zum Beispiel. Auf der Suche nach einer Location für einen Film zum Thema "Einsamkeit in Deutschland"? Dann bitte hier vorbeischauen.
 
Oder der Weg von Güdesweiler in Richtung Neunkirchen. Eine kurze Etappe, die an goldglänzenden Weizenfeldern vorbeiführt, an deren Rändern vielerlei Blumen in prallen Farben leuchten. Der tiefblaue, mit weißen Wolkenfetzen verzierte Himmel tut sein Übriges, und für einen kurzen Moment fühlen wir uns irgendwo auf halber Strecke zwischen Saarbrücken und Trier in die Toskana versetzt. Das muss man erst einmal hinbekommen.
 
Gleich darauf kommt der Bostalsee in Sichtweite. Surfer und Segelboote kreuzen über das dunkle Wasser, und auf den beiden Sandstränden herrscht jetzt während der Sommerferien beinahe so viel Trubel wie am Mittelmeer, inklusive Beachvolleyball-Meisterschaften und zweitägigen Indianer PowWow für die ganze Familie.
 
Wir finden eine ruhige Wiese mit Seeblick - im nächsten Moment machen Sonnencreme, Kaffee und ein paar Brötchen die Runde. Sommer. Endlich. Und wir sitzen mittendrin.


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Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten