MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"12201862","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"12201862","configName":"ads.vgWort"}

Im Opel Ascona A nach Italien in den Urlaub
Nostalgie-Reise wie in den 70er-Jahren

Wann es mal wieder richtig Sommer und 1975 wird? Genau jetzt. Aus den Erinnerungen an die gute alte Zeit machen wir das Beste. Wir packen unsere Koffer und fahren los: mit dem Opel Ascona A nach Italien.

Opel Ascona A
Foto: Hans-Dieter Seufert

Aufbruch duftet nach Filterkaffee. Der letzte heiße Wasserschwall plätschert durch den Filter direkt in die Thermoskanne, Kaffeedampf kräuselt in den dunklen Morgen, der nur ein paar kurze Stunden von gestern Abend entfernt ist. Fast alles Gepäck liegt schon im Auto, das wir nachmittags in dieser urlaubsvorfreudigen, geradezu operettenhaften Aufgeregtheit vollgepackt haben, die auch die Nachbarschaft schon auf die anstehende Abfahrt einstimmt. Thermoskanne zuschrauben, Stullen und hart gekochte Eier in die Kühltasche, dann die Wohnungstür zweimal abschließen, dagegendrücken, um zu sehen, ob sie ganz sicher zu ist.

Unsere Highlights
Opel Ascona A
Hans-Dieter Seufert
Das Auto gepackt, die Thermoskanne voller Filterkaffe, die Uhr schlägt fünf in der Früh und die Sonne macht sich gemächlich auf den Weg Richtung Himmel - wer erinnert sich nicht gern an das Aufbrechen in den Urlaub wie früher?

Die Treppe halb runter. Dann noch mal hoch, zweimal aufschließen: Doch, das Küchenfenster war zu, Herd und Wasserkocher wirklich aus. Wieder zweimal abschließen, dagegendrücken, Treppe runter und für drei Wochen die Haustür zum letzten Mal zuziehen. Ins Auto steigen, Thermoskanne und Kühltasche – darüber besteht seit Jahrzehnten gesamtgesellschaftlicher Konsens – haben im Beifahrerfußraum zu lagern. Schlüsseldreh, der Vierzylinder startet, fällt in einen aufgeregten Leerlauf. Einen Augenblick hältst du inne, siehst im Osten die ersten Sonnenstrahlen aufglimmen, die der Welt einen neuen Tag schenken. Für die anderen ist es ein Alltag, für dich der erste Urlaubstag. Vielleicht ist das der größte Moment, wenn du dem eigenen Mut traust, die Kupplung kommen lässt und losfährst, dem Bekannten davon, der Ferne und deinen Erwartungen entgegen. Die große Sommerreise, sie beginnt.

Folge dem Horizont nach früher

Doch müssen wir erst kurz zwei, drei, vier Jahrzehnte zurück, zurück zu unseren Erinnerungen, die ja mit der Zeit eine eigene Geschichte entwickeln. Damit beleuchten sie das Früher in einem sanft-verblendeten Licht: die Sommer heller, warm, aber nie schwül (Schwüle hatte erst Mitte der 1990er ihren großen Durchbruch), die Sommerreise in den Urlaub ein großes Abenteuer, das die Eltern als Pioniere der Kraftfahrt mit kühnem Mut angehen. Das Abenteuerliche von einst fehlt heute. Das Navi kennt den Weg, Turbomotoren walzen alle Berge platt, die Welt witscht nur mehr wie eine Kulisse vorbei. Es gibt keine Irrwege, keine Steigungen mehr, die zur Umkehr zwingen, nur noch den Versuch, die vorkalkulierte Ankunftszeit zu unterbieten.

Opel Ascona A
Hans-Dieter Seufert
"Da hinten schaut es mehr nach Italien aus." Nach Navi kann jeder fahren, nach Gefühl nur wenige.

Wir reisen nicht mehr, wir wollen nur ankommen und haben uns dafür all die Ungewissheit wegorganisiert. Der Ascona rollt an, schon am Ende der Straße ändert sich der Blick auf die Reise. Das ungewisse Etwas macht dich frei. Kein Navi rechnet uns vor, wann wir ankommen müssten. Oder wo. Anstatt sich jetzt schon über einen Stau in München zu sorgen, den Google Maps melden könnte, fahren wir einfach los, der aufgehenden Sonne entgegen. Wir sind unterwegs und werden es lange sein. Langsam groovt sich der Opel auf die Tour ein. Beim Albaufstieg hat sich die Unwucht seiner Vorderräder von selbst auskuriert, der Motor – jaja, der starke 1.6 S mit 80 PS – dreht freier hoch, drückt die 985 Kilo Ascona wacker zum Lämmerbuckeltunnel hinauf – wo die Autobahn sich noch immer so gewagt die Bergflanke entlanghangelt wie damals, als der Ascona vom Band lief.

Im Sommer 1975 war das und auf der gleichen Produktionslinie, auf der auch der Kadett B entstand, mit dem er sich das meiste Unterzeug teilt. Im Radstand ist er einen, in Länge und Breite je zwei Zentimeter üppiger als der Kadett, doch die Stattlichkeit einer Mittelklasse-Limousine bemisst sich nicht nur in reiner Größe. Wir sitzen auf knautschig-breiten Vordersitzen, lauschen den Klängen des Radios. Es empfängt neben Rauschen mitunter Sender der Lang-, Mittel-, Kurz- und Ultrakurzwelle. Bald knipsen wir das Radio aus, erzählen uns Geschichten und schauen raus.

Die Fenster zur Welt

Ja, rausschauen. Noch so eine Sache, die etwas in Vergessenheit geraten ist. Vor der Ausfahrt Adelsried erblicken wir so die Autobahnkirche Maria, Schutz der Reisenden. An der halten wir mal kurz, aus Neugier – und ein wenig aus Demut, die ja auch nie falsch ist auf einer langen Reise. Weiter Richtung München, wo wir kurz im Pendlerstau stehen, was das Gefühl der Freiheit nur verstärkt: All die anderen hetzen zur Arbeit, wir aber fahren, wohin wir wollen – fühlt sich am Urlaubsanfang immer ein wenig nach Schwänzen an. Wir umrunden München, und weil es schon warm wird unter dem Vinyldach, stoppen wir am Seehamer See, lassen die Füße ins Wasser baumeln. Dann tanken und Öl checken, bevor wir auf die Inntalautobahn abbiegen.

Opel Ascona A
Hans-Dieter Seufert
802 Kilometer sind es bis in den Urlaub. Aber dann sind wir über alle Berge - vor allem über den Großglockner. Die Bergerklimmung kostet 33,50 Euro und den Ascona etwas Überwindung.

In Oberaudorf runter von der A 93 und über den Inn nach Österreich. Wir durchstreifen das Hochtal. Aus dem Ascona A heraus denkst du dir, dass es eine schöne Zeit gewesen sein muss, in denen es genügte, Kufstein, St. Johann in Tirol oder Kitzbühel zu sehen, um als mondän zu gelten. Von etwas ausgeprägterer Dauerhaftigkeit erweisen sich Ruhm und Bestand des Großglockners. Schon die Kelten kraxelten hier über die Alpen, zwischen 1930 und 1935 hackten die Österreicher die Straße in den Großglockner. Jede andere Nation hätte verpasst, solch ein Bauwerk mit einer angemessenen Komposition zu würdigen. Hier aber bejubelt der von Militärkapellmeister Rudolf Kummer geschriebene Großglocknermarsch den Ruhm der höchsten befestigten Passstraße des Landes.

35,50 Euro kostet die Maut. Klingt nach viel, ist aber wenig für dieses Erlebnis, das in 36 Kehren nach Italien führt. Außerdem untergraben Tunnel nicht nur die Berge, sondern auch die Reisemoral. Wer über die Alpen will, soll auch über die Alpen fahren, denken wir uns, als sich die Schranke hebt. Entschlossen beschleunigt der Opel in den zweiten Gang, ruckelt dabei ein wenig – ist eben heiß. Wobei der Wind nun frischer durch Fenster und Schiebedach weht. In unserer permanenten Vollklimatisierung haben wir vergessen, wie schön sich das anfühlt, aufgekurbelt herumzufahren.

Der Ascona erklimmt Kehre für Kehre

Mit bester Stimmung also gehen wir die erste Kehre an, hinter der ein Wohnmobil mit qualmenden Bremsen steht. Eine Kehre weiter kräuselt Rauch aus einem Clio, und hinter der dritten löscht die Feuerwehr gerade die kokelnden Überreste eines Audi A7. Nicht das Hoch-, sondern das Runterfahren dürfte schwer werden, denken wir uns, als wir zwei Kehren weiter zu einem kleinen aussichtsreichen Picknick halten.

Danach springt der Ascona mühsam an, ruckelt aus jeder Kehre kurzatmiger. Der Wind weht nun kalt, am Hang stehen noch Schneewände. Langsam, keuchend, trotzig erklimmt der Opel Kehre um Kehre, biegt oben am Fuscher Törl links ab. Die letzten sieben kopfsteingepflasterten Kehren zur Edelweißspitze kämpft er sich im ersten Gang empor. Der Wind fegt eisig, die Sonne aber glänzt, lässt das Alpenpanorama aussehen wie eine Fototapete. Aber alles echt: die Berge, der Gletscher, der Schnee, der Ascona stolz auf dem Gipfel. Auf solchen Reisen werden Gefährte zu Gefährten

Ein bisschen Pass muss sein

Vorsichtig steigt der Opel den Berg herunter, 23 Kilo- und 1.284 Höhenmeter nach Heiligenblut und weiter, immer weiter. Wir sind schon lange unterwegs, aber noch lange nicht da. Schwere Wolken drängen über den Plöckenpass, es regnet, als wir über die verlassene Grenze fahren und die B 110 zur Strada Stadale 52 umfirmiert. Träge schubsen die Wischer den Regen über die Scheibe, während die Straße dem Fluss ins Tal folgt. Die kühle Luft erfrischt den Ascona, der nun wieder beherzt und homogen durchzieht und munter durch seine vier kurz übersetzten Gänge dreht, die sich über den langen Schalthebel so leicht durchsortieren lassen. Der Regen geht, und die Hitze kehrt zurück, brennt mit Spätnachmittagswucht auf das Dach. Am Kreisel von Amaro halten wir an einer Bar für etwas Abkühlung und den ersten Espresso, was zur Folklore jeder Italienreise gehört.

Opel Ascona A
Hans-Dieter Seufert
Es wird warm unterm Vinyldach. Also Fenster und Schiebedach auf: So bist du auch mehr draußen, mitten im Sommer.

Anderswo mag Kaffeetrinken fescher aussehen, aber nirgends gibt es besseren Espresso als in Italien an jeder Ecke. Kurz vertüddeln wir uns am Kreisverkehr mit dem großen, nicht mehr gar so aktuellen Shell-Atlas, finden aber doch noch die A 23, die Autostrada Alpe-Adria. Sie schwingt sich in weiten Bögen nach Süden. Trotz Tempolimit fühlen sich Autostradas immer schneller an – wobei der Ascona das rasante Tempogefühl mit seinem Tacho zu unterstützen versteht, der der echten Geschwindigkeit des Autos immer weit voraus ist. So schunkelt der Opel sacht über die Bodenwellen, an denen es hier nicht mangelt, und ist überhaupt das weltbeste Urlaubsauto: zuverlässig, lässig, unermüdlich, bequem und so wunderbar orange.

Es zieht sich aber, wir sind schon fast den ganzen Tag unterwegs. In Palmanova biegen wir endlich auf die Strada Regionale 352, die direkt zur Adria führt. Und dann über sie hinweg. Na gut, zumindest die fünf Kilometer über die Laguna von Grado. Fast keiner mehr unterwegs jetzt, da sich die Sonne im Westen langsam in die Adria duckt. Eine Runde durch Grado, das in der Vorsaison döst, vorbei an leeren Hotels, dem Strand, an dem die Sonnenschirme und Liegen schon penibel aufgereiht stehen, und an der kleinen Piazza bis zum Hafen. Wir klettern aus dem Ascona und schauen zu, wie die Sonne untergeht. Kleine Wellen patschen an die Hafenmauer. Ankommen duftet nach Meer.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten