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Oldtimer S.S. 90 Prototype
E-Type-Urahn sollte Hot Rod werden

Der S.S. 90 von 1935 gilt als Urahn aller sportlichen Jaguar-Modelle. Den Prototyp besitzt heute der Schweizer Christian Jenny.

S.S. 90 Prototyp, Cockpit
Foto: Achim Hartmann

Winston Churchills vermeintliches Motto „No sports“ gilt in den zwanziger und dreißiger Jahren offenbar auch für die S.S. Car Company. Deren frühe Modelle sehen zwar sportlich aus, können diesen Anspruch mit ihren 16 oder 20 PS unter der langen Haube aber kaum einlösen. Das ändert sich am 15. März 1935, als Firmenmitbegründer William Lyons der englischen Presse den S.S. 90 Prototype präsentiert – den ersten offenen Zweisitzer der Marke und Urahn des E-Type, denn nach dem Krieg firmierte das Unternehmen um in Jaguar.

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Das Chassis stammt wie beim Vorgänger S.S. 1 vom Zulieferer Rubbery Owen, hat jedoch einen kürzeren Radstand: 381 Millimeter (15 Zoll) schneiden die Arbeiter aus den Längsholmen in der Wagenmitte. Das spart nicht nur Gewicht – immerhin ist der S.S. 90 bis zu 400 Kilogramm leichter als ein S.S. 1 -, sondern erhöht zugleich die Wendigkeit des neuen Sportwagens.

90 Meilen pro Stunde mit dem S.S. 90 Prototype

Schließlich meint es der Hersteller aus Coventry ernst. Schon die Modellbezeichnung ist eine klare Ansage: 90 Meilen pro Stunde soll der 3,82 Meter lange Roadster S.S. 90 erreichen. Keine Übertreibung, wie sein heutiger Besitzer Christian Jenny aus eigener Erfahrung weiß. Denn der Zürcher Jaguar-Enthusiast liebt es, seine Klassiker regelmäßig zu fahren.

Möglich werden die sportlichen Fahrleistungen durch diverse Tuningmaßnahmen am 2,7-Liter-Reihensechszylinder wie die neue Zweivergaser-Anlage von RAG, die die Leistung des bekannten Triebwerks auf 90 PS hebt. Da die Marke jedoch zu dieser Zeit keinen allzu guten Ruf hat, werden „wohl die meisten S.S. 90 gleich nach der Auslieferung auf die weit besseren englischen Solex-Vergaser umgerüstet“.

Noch im Monat seiner Vorstellung soll der S.S. 90 Prototype bei der Royal Automobile Club Rallye seine Qualitäten beweisen. Laut Jenny eine doppelte Premiere, denn zum ersten Mal bringt der Hersteller selbst ein Auto an den Start und unterstützt nicht nur Privatfahrer. Pilot Brian Lewis begeht aber zu viele Fahrfehler, zudem reißt noch das Kupplungsseil. Diesen Patzer macht er jedoch einen Monat später beim Hill Climb in Shelsley Walsh mit dem dritten Rang im Gesamtklassement vergessen.

395 Pfund Kaufpreis war sensationell

An der Sportlichkeit kann es nun also keine Zweifel mehr geben. Die eigentliche Sensation ist nicht, dass „er es mit Sportwagen wie Mercedes SSK oder Alfa Romeo 6C 1750 aufnehmen kann“, sondern dass er nur 395 Pfund kostet – rund ein Viertel dessen, was die etablierten Marken verlangen. 23 Exemplare werden nach dem Prototyp S.S. 90 gebaut, allerdings mit einem kantigeren Heck und Faltverdeck. Dann wird er vom Nachfolger S.S. 100 Jaguar abgelöst.

Der S.S. 90 Prototyp landet nicht im Museum, sondern wird verkauft. An wen und wann, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Klar ist nur, dass ihn 1937 Wing Commander Hugh Kennard von der Royal Air Force erwirbt. Der Pilot – der übrigens die erste Spitfire der englischen Luftwaffe fliegt – montiert während des Krieges ein behelfsmäßiges Verdeck und verhüllt die markanten Lucas-P8-Scheinwerfer, denn Tarnlicht ist damals Vorschrift.

1944 trennt er sich von seinem Sportwagen. 1952 kommt ein Austauschmotor unter die Haube, eine Zweifarb-Lackierung in Beige und Braun verleiht dem S.S. 90 Prototype eine andere Optik. Einer der folgenden Besitzer beginnt sogar, ihn zum Hot Rod umzubauen, lässt aber schnell von der Idee ab. Und so entdeckt David Barber – ein Spezialist für S.S.-Modelle – 1961 das Chassis in einem Garten. Er erkennt, was er da vor sich hat, und kauft es zusammen mit den in Schachteln verstauten Resten. Erst 1994 beginnt der Wiederaufbau. Das dabei verwendete Eschenholz stammt sogar aus einem Forst, aus dem in den dreißiger Jahren die S.S. Car Company beliefert wurde.

Zweiter Platz beim Concours d'Élégance in Pebble Beach

Es soll das schönste Projekt seines Lebens werden, doch Barber erkrankt an Krebs und stirbt vor der Vollendung 1996. Jenny erwirbt den S.S. 90 Prototype von der Witwe und verschifft ihn per Container in die USA, wo Jaguar-Spezialist Terry Larson aus Arizona die Restaurierung zu Ende bringt. Der Lohn seiner Mühen: 1998 honoriert die Jury beim Concours dÉlégance in Pebble Beach den wiedererstandenen Roadster mit dem zweiten Platz in seiner Klasse. Weitere Auszeichnungen folgen.

Doch die wohl größte Ehre dürfte sein, dass der S.S. 90 Prototype als Urahn aller sportlichen Jaguar wie XK 120 und E-Type in die Automobilgeschichte eingeht.

Hier erleben sie den S.S. 90 Prototype live

Vom 7. bis zum 9. September verwandelt sich der Hof des Grandhotels Schloss Bensberg zum vierten Mal in einen der teuersten Parkplätze der Welt. Getreu dem Motto „Very important cars only“ treten beim Concours d’Élégance rund 40 edle Raritäten in 16 Kategorien an. Die Veranstaltung wird vom Oldtimerverband FIVA in der höchsten Kategorie A gewertet. Außerdem steht eine prominent besetzte Rallye Historique auf dem Programm. Kurz: eine Veranstaltung, bei der Freunde klassischer Autos voll auf ihre Kosten kommen und auch den S.S. 90 Prototype sehen.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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