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NASCAR selber fahren
600 PS, das Oval und ich

Freie Fahrt mit 600 PS: Auf dem Las Vegas Motor Speedway kann jedermann ans Steuer eines NASCAR-Renners. Möglich macht es die Richard Petty Driving Experience. Redakteur René Olma ließ sich das nicht entgehen.

NASCAR, Richard Petty, Theke
Foto: Dino Eisele

Die meinen es ernst, das wird mir auf dem Parkplatz klar. Infernalischer Lärm empfängt mich vor dem Gebäude der Richard Petty Driving Experience im Infield des Las Vegas Motor Speedway. Auf dem Oval ziehen bereits einige NASCAR-Autos ihre Runden, brüllen wie bei einer automobilen Urschreitherapie. Der anfangs gehegte Verdacht, dass die sicherheitsverliebten Amis hier nur so tun, als ob Gas gegeben wird, ist damit verflogen. Dafür wird mir langsam ein wenig flau im Magen. NASCAR steht übrigens für National Association for Stock Car Auto Racing, mit Serienmodellen haben die Rennwagen jedoch lediglich die Silhouette gemein.

Nur noch eine halbe Stunde, dann übernehme ich das Steuer. Dann gehört der Speedway mir – zumindest für acht Runden auf dem 1,5 Meilen langen Kurs. Was mir und vier weiteren Teilnehmern wie die Kombination aus Weihnachten und Geburtstag vorkommt, ist für das Team daily business. An vier Tagen der Woche darf jeder mal ran, der 500 Dollar löhnt.

Doch bevor man zum Auto darf, präsentiert Instruktor Corrie jedem Besucher ein zwei Seiten langes Formular. Im Land der streitlustigen Anwälte, die ihre Dienste auf Reklamewänden preisen, geht man besser auf Nummer sicher. Denn auch wenn der Spaß im Vordergrund steht: Die Kombination aus Otto-Normal-Autofahrer und einem 600 PS starken Rennwagen muss geregelt sein. Nach dem lästigen Papierkram geht es zügig: feuerfesten Rennanzug anziehen, und schon folgt die Einweisung im Schulungsraum. Im Einführungsvideo grüßt der King of NASCAR, Richard Petty. Nicht nur in den USA gilt der Mann mit einer Vorliebe für ausladende Cowboyhüte als Legende: 200 Siege fuhr er im Laufe seiner Karriere ein. Nun erlaubt er jedermann, die Power der Boliden zu erfahren.

Acht Runden NASCAR-Feeling für 500 Dollar

Um alle Zweifel zu beseitigen: Hier werden keine zugeschnürten Attrappen bewegt. Unter der Haube sitzen 5,7-Liter-V8 mit rund 600 PS. Elektronische Fahrhilfen: Fehlanzeige. Dafür sitzt in jedem NASCAR als Copilot ein Instruktor. Der soll nicht nur Fahrtipps geben, sondern im Bedarfsfall allzu forsche Piloten einbremsen. Nicht per Pedal, wie in der Fahrschule, sondern via Drehregler. Per Throttle Control Device last sich die Motorleistung reduzieren, wovon der Fahrer nichts mitbekommt. Schließlich soll er sich hier als Held fühlen.

Ein Vorteil des Speedway für Laien: Mangels Kurven müssen wir uns um die Bremspunkte keine Gedanken machen. "Die Bremse werdet Ihr nicht brauchen, einfach Gas wegnehmen reicht", erklärt Corrie. Problematischer ist für viele Hobbyracer im Land der Automatik das Vierganggetriebe. "Keine Sorge, das klappt schon, ihr müsst nur anfahren und beschleunigen, bis ihr im vierten Gang seid, auf der Strecke macht ihr alles per Gas."

Nicht irritieren lassen dürfen wir uns davon, dass die Autos nach links ziehen. Da es immer mit Vollgas links rum über die nach innen hängende Piste geht, ist das Fahrwerk entsprechend asymmetrisch abgestimmt. Daher greift man das Volant nicht wie üblich auf der Viertel-vor-Drei-Position, sondern auf Zehn-vor-Drei. Alles klar?

NASCAR-Spaß ist viel zu schnell vorbei

Los geht‘s in die Boxengasse. Da warten schon drei Boliden und die Crew. Aus den Lautsprechern dröhnt Mainstream-Rock von Survivor. Kurz ein Erinnerungsfoto, dann wird es ernst. Der blaue Rennwagen mit der Startnummer 43 – ganz im Design wie Pettys Racer – steht bereit. Helm auf, Kopf- und Nackenstütze HANS anlegen und durchs Fenster ins Cockpit zwängen. Hier sitzt schon Copilot Mark. Ich werde in den Sitz geschnallt, ein Assistent reicht das Lenkrad, einklinken, Schutznetz vors Fenster. Wo war noch mal die Betätigung für den Feuerlöscher? Egal.

"Schon mal mit Schaltgetriebe gefahren?" "Natürlich, ich komme aus Deutschland", grinse ich. Jetzt wird es wirklich ernst. Anlasserknopf drücken, der V8 springt brabbelnd an, ich bekomme Gänsehaut. "Let’s go", tönt es über den Helmlautsprecher. Kupplung, Gas, Motor abgewürgt. Super. Hochmut kommt vor dem Fall. Noch mal starten, jetzt die Drehzahl nicht unter 2.000 sacken lassen. Der Chevy-Motor dreht laut grollend hoch. Wir rollen an. Zweiter, dritter, vierter Gang, und ab auf den schrägen Kurs. Irgendwie fühlt sich das Auto schwerfällig an. Zum Glück muss ich mir um die Ideallinie keine Gedanken machen: Auf dem Asphalt sind mit weißer Farbe Tore aufgepinselt. Die gilt es zu treffen.

Per Handzeichen und Kopfhörer erteilt Mark Anweisungen. "Up, down." Und von wegen "bei NASCAR fährt man im Oval nur geradeaus": Aus dem Cockpit wirkt der Kurs ganz schön eckig. Am Ende der Geraden geht die Ideallinie knapp am unteren Ende der Piste vorbei. Dann folgt auch schon per Daumen das Kommando zum Gasgeben. Der Wagen schiebt unter lautem Brüllen voran, nähert sich der Betonwand, dann Fuß lupfen, einlenken und erneut aufs Pedal.

Mit jeder Runde steigt das Selbstvertrauen, erscheint die graue Wand, die rechts vorbeirauscht, nicht mehr ganz so bedrohlich. Immer länger bleibt das Pedal vor dem Einlenken am Boden. Viel zu früh gibt Mark das Signal zum Abbruch. Wir rollen in die Box. Zündung aus, High-Five zum Abschied und nix wie raus. Der Nächste wartet schon. Am Souvenirstand gibt es die Urkunde mit den Rundenzeiten und der persönlichen Top Speed: 123 Meilen pro Stunde, also 197 km/h. Das nächste Mal ist mehr drin.

So kommen Sie in ein NASCAR-Auto

1.Wo kann ich NASCAR fahren?
Die Richard Petty Driving Experience (www.drivepetty.com) bietet die Möglichkeit auf derzeit 20 Rennstrecken in den ganzen USA.
2.Brauche ich eine Rennlizenz?
Nein, der Führerschein genügt. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre. Erfahrung auf der Rennstrecke ist nicht erforderlich.
3. Was muss ich beachten?
Da man durch das Fenster auf den Sitz klettert, ist ein Mindestmaß an Gelenkigkeit nötig. Geschlossene Schuhe sind obligatorisch. Rennanzug und Helm werden gestellt.
4. Gibt es unterschiedliche Angebote?
Ja, neben der hier vorgestellen Rookie-Experience, bei der acht Runden zurückgelegt werden (Preis: rund 500 Dollar), gibt es weitere Programme. Die Bandbreite reicht bis zum intensiven Renntraining über 50 Runden. Wer nicht selbst ans Steuer möchte, kann sich beim Ride-Along drei Runden lang von einem Profi über den Kurs kutschieren lassen (110 Dollar.)

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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