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Mit dem Porsche 911 durch die Mongolei
Mongolei, aber schnell

Geschichten über die Karriere deutscher Traumwagen in China wurden schon viele erzählt. In der Inneren Mongolei spielten bislang allerdings die wenigsten. Wie fährt sich denn so ein Porsche 911 ganz oben im Nordosten der Volksrepublik?

Porsche 911 Carrera, Mongolei
Foto: Porsche

Wer heute nicht mal eben eine App programmiert und damit über Nacht zum Millionär wird, der ist dämlich oder ignorant oder gar beides – zumindest könnte dieser Eindruck entstehen, wenn eine Geschichte vom explodierenden Wohlstand in China erzählt wird. Doch das passiert in Peking und Shanghai, dort wo nicht nur der Wohlstand, sondern auch Verkehr und Luftverschmutzung explodieren. Die Vorbilder entsprechen denen des Westens, der Lebensstil entwickelt sich entsprechend. Hier in der Inneren Mongolei hingegen ist der Wohlstand dreckig.

Im Norden droht mit Russland ein weiteres Riesenreich, im Süden und Südosten gähnen die unendlichen Weiten der Volksrepublik. Rund 1.000 Kilometer nordöstlich von Peking, in der kreisfreien Stadt Yakeshi, ermöglichen Bodenschätze wie Zink, Eisenerz und Kupfer einem Großteil der 400.000 Einwohner ein Auskommen, das mit dem westeuropäischen Begriff für Wohlstand vermutlich nicht viel gemein hat. Immerhin funktioniert hier das Nahverkehrssystem.

Porsche 911 Carrera bringt Verkehr nicht zum Erliegen

Es basiert vornehmlich auf Zügen, gezogen von stampfenden Dieselloks, die vermutlich schon fuhren, als es noch gar keinen Diesel gab – und Taxis, vielen Taxis. Jetzt kommt nicht schon wieder die Geschichte vom ewigen VW Santana, nein, wie gesagt, Peking liegt über 1.000 Kilometer entfernt. Stattdessen wuseln grün-weiß lackierte Stufenheck-Limousinchen, gegen deren zweckmäßiges Design selbst ein Lada Samara wie ein Auto aus einer fernen Galaxie und ein Suzuki Liana wie die Kreation eines italienischen Meisters wirkt, furchtlos über die schnee- und eisbedeckten Straßen.

Die Marke? Nicht zu entziffern. Jedenfalls drücken sie sich in großer Zahl durch die breiten Straßen, chinesische Leuchtreklame spiegelt in ihren Scheiben die Reize der für hiesige Verhältnisse kleinen Stadt, durch die kalte, trockene und schwere Luft streift. Privat-Pkw befinden sich in der Unterzahl, edlere sowieso. Ein Ford F-150 Raptor bollert vorbei, vor ihm spritzen Taxis zur Seite, schnatterndem Federvieh nicht unähnlich. Ein Range Rover Evoque – von einem Minenbesitzer vielleicht? – trödelt etwas verschämt durch eine schmutzige Seitengasse, gesäumt von angeschraddelten Häusern mit abenteuerlich verlegter Elektrik. Dennoch bringt selbst der knallgelbe Porsche 911 Carrera den Verkehr nicht zum Erliegen, sorgt beim Fotografieren vor dem Bahnhofsgebäude im Zarenstil (ja, der Zar gehört zu Russland, schon klar) dann aber doch für ein bisschen Aufsehen. Das Versäumnis des Autors, sich Mandarin-Kenntnisse angeeignet zu haben, verhindert die detaillierte Wiedergabe der Gespräche, doch hiermit sei Begeisterung unterstellt.

Tatsächlich spielt sich in China das Aufblühen europäischer Nobelmarken wie Porsche ebenfalls in den bekannten Metropolen ab. Dort zählen Menschen zu ihren Kunden, deren Durchschnittsalter sich beschämend weit diesseits dem der üblichen Klientel einpendelt. 911-Käufer beispielsweise sind zu einem Drittel unter 30. Schade nur, dass die Sportwagen lediglich zehn Prozent der Gesamtverkäufe ausmachen.

Porsche? Ein Sportwagen?

Porsche gilt in China nach wie vor als Cayenne- und Panamera-Marke, woran der Macan vermutlich nicht viel ändern wird. Also wollen die Schwaben nun den Chinesen den Umgang mit einem Sportwagen beibringen – sprichwörtlich. Bereits seit 2006 bietet die Sportfahrerschule entsprechende Lehrgänge an, natürlich in der Nähe der Metropolen. In Yakeshi streunt der Porsche 911 dagegen weiter durch die Straßen, muss immer mal wieder den beliebten dreirädrigen Motorrädern mit Ladefläche ausweichen, die nach den Taxis die zweitbeliebtesten Fortbewegungsmittel darstellen – und ihre Fahrer offensichtlich zu einer Roadmovie-ähnlichen Wildheit verleiten.

Nun, Steppe gibt es hier tatsächlich reichlich, durch die sie reiten könnten, doch an der entweder schneebedeckten oder matschigen Gebirgs-Taiga am Hinggan-Rücken dürften die Dinger scheitern. Der Elfer sowieso, selbst mit den Straßen außerhalb der Stadt sieht es halbwegs mau aus – zu deren Bau wurden nicht Teer und Asphalt, sondern gleich Schlaglöcher verwendet. In den Dörfern durchschneidet permanentes Hundegebell die Ruhe, rot-goldene Schriftzeichen an nahezu jedem Hauseingang die einfache Architektur. Sie verhießen Glück und Zufriedenheit, behauptet zumindest der Fotograf. Möge das auch für die Hunde gelten, denn Restaurants, in denen Hundefleisch auf der Speisekarte steht, zählen zu den Eigenheiten Yakeshis, bedienen zugleich gängige Klischees. Dank chilischarfem Rindfleisch und mit viel Koriander gegrilltem Fisch zählen Dackel-Tatar oder Beagle-Lende im Backteig allerdings nicht zu den Erfahrungen dieser Reise.

Zurück auf die Piste: Einzig die autobahnähnlichen Nationalstraßen lassen den Porsche in Frieden, sie teilen gerade und eben asphaltiert das weite, sanft hügelige Land. Nur das Tempolimit von 120 km/h verdirbt den Spaß, und die zahlreichen wie prächtigen Bauten der Verkehrspolizei, die den Highway säumen, lassen eine ebenso strikte wie humorlose Überwachung vermuten.

Also darf sich der Sportwagen auf dem Yu-Long-See austoben, auf den die Porsche-Truppe ein beeindruckendes Testgelände gefräst hat. Vier verschiedene Handlingkurse, Fahrdynamikflächen, Steigungshügel und Kreisbahnen mit bis zu 1,1 Kilometern Durchmesser ermöglichen der gesamten Porsche-Palette genügend Auslauf, der Streckenaufbau und die Präparation halten locker mit den bekannten Kursen in Skandinavien mit – ebenso wie die Temperaturen. Auf bis zu minus 40 Grad fällt das Thermometer, doch nicht jetzt, jetzt verharrt es bei angenehmen minus vier Grad. Die Nadel des Drehzahlmessers fällt selten unter 4.000/min, meist dreht der 3,8-Liter-Boxermotor heiser und eindringlich darüber, das Heck sucht ständig die Nähe zum Kurvenaußenrand. Was anderes will Chef-Instrukteur Arnd Stollmann auch gar nicht sehen. Seit über fünf Jahren organisiert und plant er die Programme für chinesische Kunden.

Porsche 911 in China gut 50 Prozent teurer

Und? Wie stellen die sich so an? "Zu Beginn war das schon abenteuerlich, da hier der Führerschein mit ein paar Beziehungen auch ohne Prüfung, sagen wir mal, erworben werden kann. Doch die jüngeren Teilnehmer setzen sich intensiver damit auseinander und fahren ziemlich gut."

So gönnen sich auch schon mal 19-Jährige den rund 4.000 Euro teuren Spaß, weil zu Hause in Peking oder Shanghai vielleicht ein Elfer in der Garage steht – der hier in Basisausstattung rund 51 Prozent mehr als in Deutschland kostet. Mit harter Arbeit in einer Mine verdient das niemand. Vermutlich kann sich das nur jemand leisten, der mal eben irgendeine App programmiert hat und damit über Nacht zum Millionär wurde. Herzlichen Glückwunsch.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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