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Miniaturauto-Fotografie von Stephan Garçon
"Mehr als nur Spielzeug“

Die Prospekt-Fotos fand er uninspiriert und langweilig. Also inszenierte Stephan Garçon Spielzeug-Autos so, dass sie täuschend echt aussehen. Jedes seiner Werke erzählt eine eigene Geschichte.

Miniaturmodelle, Modellautos, Spielzeug, Fotografie, Stephan Garçon
Foto: Stephan Garçon

Ein verlassener, staubiger Mercedes 300 SL Flügeltürer steht in der Wüste neben einem rostigen BMW 323i. Beide rotten vor sich hin. Der Lack ist ausgeblichen, die Reifen platt: Die Natur hat sich in den Silberpfeil reingefressen. Die Fenster sind blind vor Dreck. Vor der legendären Schnauze liegt noch ein Benzinkanister. Ist der Crew der Sprit ausgegangen?

Wenn Stephan Garçons Inszenierungen realistisch wären, könnten sie direkt aus Hollywoodklassikern wie "Vanishing Point" stammen. Oder von einem Autofriedhof. Wie hat der 51-jährige Fotograf aus der Eifel es geschafft, kleine Modellautos so echt wirken zu lassen?

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Auf die richtige Location kommt es an

Er bedient sich einiger Tricks und Kniffe, um die Wirkung seiner Fotos zu erzielen. "Wichtig ist vor allem die Location", sagt der jetzt als freier Fotograf arbeitende, studierte Volkswirt und Kommunal-Politiker. Eine ganz normale Wiese mit den feinen Grashalmen würde der Betrachter sofort als solche erkennen. "Dort sehen die kleinen Modelle sehr verloren aus," erklärt er. Und wo wäre dann der beste Platz zum Fotografieren? "Da, wo du die Proportionen und Details der Modelle beachtest, und nicht auf die Größe schaust," sagt Garçon.

Zum Beispiel auf dem ehemaligen US-Militärstutzpunkt in der Nähe von Bitburg, seiner Heimatstadt. Der von Munitionsresten und von Granatenkratern übersäte Schießstand eignet sich ideal für Wüstenszenen. Dort entstand auch die Aufnahme mit dem heruntergekommenen Mercedes 300 SL, der künstlich gealtert wurde. Der Fotograf erklärt, wie er die Modelle älter aussehen lässt: "Der Look entsteht, indem ich Sand durch ein Sieb auf die Autos rieseln lasse, sie durch den Matsch fahre. Die Rostlöcher füge ich mit dem Lötkolben dazu."

Nicht ganz billig. Die Preise für ein Modell-Fahrzeug variieren zwischen 50 und 200 Euro – je nach Hersteller und Maßstab. Die gängigsten Maßstäbe für die Miniaturen sind 1:18, 1:24, 1:43 sowie 1:87. Der Bitburger Garçon besitzt mittlerweile rund 50 Spielzeug-Autos, wobei er das so nicht bezeichnen würde. "Für mich sind die Autos mehr als nur Spielzeug, ich lasse sie in meinen Szenen lebendig werden und eine Geschichte erzählen. Das zeichnet meine Fotografien aus."

Doch auch die Technik entscheidet, ob eine Aufnahme gelingt

Garçon gestaltet seine Szenen sehr aufwendig. Oft positioniert er kleine Figuren neben die Miniaturmodelle, das haucht den Bildern noch mehr Leben ein. Außerdem haben die Fotografien eine Besonderheit, die man sehr oft übersieht: die Perspektive. Auch deshalb sehen die Modellautos aus wie ihre realen Vorbilder. "Dafür liege ich mit meiner Kamera meist auf dem sandigen Boden, nur so funktionieren meine Bilder," sagt Garçon. Recht hat er, der Blick von Oben würde die Modelle so klein erscheinen lassen, wie sie wirklich sind.

Einen weiteren wichtigen Part spielt auch die Aufnahmetechnik. Garçon nutzt eine digitale Spiegelreflexkamera mit Vollformatsensor. Das erleichtert das Spiel mit der Tiefenschärfe, also welcher Bereich im Bild scharf dargestellt werden soll, und was in den Hintergrund, sprich ins Unscharfe rückt. "Viele meiner Bilder entstehen mit offener Blende, mit einem kleinen Schärfebereich," sagt er.

Mercedes und der SWR wurden auf Garçon aufmerksam

Garçon befand seine Werke für einzigartig – und beschloss, Mercedes darauf hinzuweisen. Nach einem Jahr bekam er endlich eine Antwort. Heute sind seine Werke im Mercedes-Benz Classic Magazin zu bewundern. Auch der SWR hat ein kleines Special zur Leidenschaft des freien Fotografen gezeigt, der sonst auf Hochzeiten und Events unterwegs ist. Da herrscht Stress, entspannend ist diese Arbeit meistens nicht.

So richtig zur Ruhe kommt Stephan Garçon nur, wenn er auf seinem Schießstand im Staub liegt und eine Szene mit seinen Spielzeug-Autos fotografiert. "Letzten Endes ist es dann doch Spielzeug für Männer, die nicht erwachsen werden wollen." Das sind echte Autos aber auch manchmal, oder?

In unserer Bildergalerie stellen wir Garçons Werke genauer vor. Mehr von ihm finden Sie auch auf seiner Webseite.

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Erscheinungsdatum 10.09.2024

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