Jens Dralle stimmt für den Mini Cooper S
Neulich in Wolfsburg: Hey, wir hier im niedersächsischen Outback sind total trendy. Einem drögen Auto mal eben ein neues Image verpassen? Klaro, einfach eine alberne Hülle über fade Technik stülpen, den Namen veranglizismieren und fertig. Gut, das mit dem New Beetle hat irgendwie nicht ganz so geklappt. Also nennen wir seinen Nachfolger 21st Century, schmeißen die olle Plaste-Vase raus, klopfen ihm einmal kräftig aufs Dach und spaxen das Golf GTI-Triebwerk unter die kugelporschige Haube. Und dann, ja dann rennen sie uns die Bude ein wie damals, neunzehnhundertkalterkaffee.
Schnitt. Und jetzt stellen Sie sich mal den VW-Händler in Oberschnitzelbach vor, dort wo der Cappuccino noch richtig zubereitet wird, also mit Sahne. Noch nicht einmal den Scirocco hat er verkraftet, jetzt soll er wieder so einen vom Marketing emotionsgetränkten, im Kern seines längsmodularen Querbaukastens aber teutonisch-klinisch-perfekten Großserienwagen verticken? Der dazu noch klingt, als habe der Krümmer einen Riss, bloß weil der 21st-wasweißichwas-Käfer unbedingt seinen Opa kläglich zu imitieren versucht?
Und genau das muss der Mini nicht – irgendetwas versuchen. Ein solides, aber biederes Produktportfolio aufpeppen? Ungeachtet eines diametral entgegengesetzten Antriebslayouts dem Urahn nacheifern? Kein bisschen. Er versucht noch nicht einmal, mit einer ordentlichen Qualitätsanmutung dem hohen Anspruch seines Mutterkonzerns gerecht zu werden. Was seine Schöpfer von ihm verlangten, war nichts weiter als Perfektion – beim Fahrspaß. Eine Vokabel, die von BMW-Entwicklern selbst nachts um halb drei nach der vierten Maß Bier innerhalb von zwei Sekunden fehlerfrei buchstabiert werden konnte, als sich der Wolfsburger an sich nach dem Aussprechen des Wortes Frontmotor sofort die Beichte abnehmen ließ – wenn denn dort oben jemand katholisch wäre.
Aufs Fahrwerk kommt es an, nicht auf die Motorisierung
Der Mini bekam bei seiner Wiedergeburt jedenfalls das aufwendigste Fahrwerk, das dieses Fahrzeugsegment je gesehen hatte, und ein Design, das sich nicht erst neben anderen Modellen rechtfertigen musste. Drumherum strickten die Verantwortlichen geschickt eine nationalflaggenbeklebte und bis ins Detail des portablen Interieur-Kamins durchdesignte Erlebniswelt, in die der Mini-Fahrer eintauchen, die er aber auch geflissentlich ignorieren kann. Denn das filterlose Fahrgefühl, das mit der tiefen Sitzposition und dem weit nach vorne gezogenen Dach schon lange vor der ersten Kurve beginnt, steckt bei jedem kleinen Briten unter dem Blech.
Sogar so viel davon, dass es zunächst gar nicht auf die Motorisierung ankommt. Dachte sich auch BMW und jubelte den Kunden zunächst die öddeligen Chrysler-Nähmaschinen unter. Inzwischen passt unter der Haube (fast) alles, besonders dann, wenn das Budget den unanständig sprotzelnden Mini Cooper S erlaubt. Mit dem Hintern über die Straße schubbern, mit der rechten Hand Gang für Gang durch die Schaltgassen schnalzen, mit der Lenkung Kurven filetieren, mit dem Gaspedal das Heck steppen lassen – nur im Mini erlebe ich Tempo und Dynamik. Im Käfer-Aufguss weiß ich, dass ich schnell bin, merke davon aber nichts.
Platz und Komfort? Mal unter uns, Kollege, so doll ist das im VW Beetle nun auch wieder nicht. Und was die Modellpolitik betrifft: Hoffentlich kommen sie in Wolfsburg nicht auf die Idee, den Beetle zur Großfamilie aufzublasen.
Dani Heyne ergreift Partei für den VW Beetle Sport
Halt! Stopp! Ich kann sie nicht mehr hören, diese ewigen Lobeslieder auf den Mini. Den Kurvenstar. Den coolen, hippen, unheimlich angesagten Kleinwagen mit Streifendekor und Union Jack auf den Spiegelkappen. Gehts eigentlich noch? Sieht denn keiner, dass aus der anfänglichen Oh-is-der-niedlich-Schwärmerei eine ansteckende Krankheit geworden ist? Ihre Auswirkungen erlebe ich jeden Morgen vor der Haustür. Rechts parkt die hübsche Rothaarige vom Reifenhändler ihren – na klar – Mini. Links winkt die fröhliche Rentnerin aus ihrem Cooper S Cabrio, und zwei Meter dahinter streicht der Sohn des Apothekers über seinen Clubman – dass sie alle drei für Männer schwärmen, stört mich nicht.
Grenzwertig finde ich dagegen die Mini-Übersättigung auf unseren Straßen, denn mein tägliches Haustür-Schauspiel gibts überall zu erleben. "Was sollen wir denn anderes fahren?", plappern empörte Mini-Besitzer gern los, wenn ich sie mit wenig Stil und viel Nachmach-Image konfrontiere. Schon mal einen Suzuki Swift Sport probiert?
Meine Mini-Alternativen-Liste führt seit zwei Wochen der VW Beetle an. Nein, nicht der alte mit den Glubschaugen, der Blumenvase und dem Gemüt eines vollgefressenen Bernhardiners. Vom neuen VW Beetle Sport rede ich, der auf den Vornamen New verzichtet und bis auf den Schatten nichts mit seinem Vorgänger zu tun hat.
Völlig egal, dass Volkswagen 13 Jahre gebraucht hat, um mich als Fan des Käfer-Enkels zu gewinnen, den ich übrigens Raketenkäfer getauft habe, jetzt geht es darum, die neuen Talente des VW Beetle Sport zu erkennen – so heißt die derzeit potenteste Ausführung mit dem gut genährten 200-PS-Benziner. Der Vierzylinder (stammt aus dem alten GTI) bildet zusammen mit dem Fahrwerk des aktuellen Golf die lobenswerte Basis, die dir in jeder Kurve gute Laune beschert, ohne dich danach bei Tempo 180 wie ein zu großes Steinchen auf einer Sandsiebmaschine durchzurütteln.
VW Beetle Sport sammelt Blicke von Mini-Fahrern
So was macht nämlich dieser ach so niedliche Mini nur zu gern. Komfortabel federn kann er genausowenig wie sich ordentlich einkleiden. Schaut ihm innen doch mal auf die Spaltmaße und fragt euch völlig losgelöst, ob ihr dafür 23.560 Euro (Cooper S) hinblättern möchtet. Wenn das nicht sofort klappen will, wiederholt die Frage und schaut dabei auf die Rückbank, also auf das schmale, dünn gepolsterte Brett hinter den beiden mäßig konturierten Vordersitzen.
Liebe Mini-Besitzer, bevor Ihr mir nun gleich mit bösen E-Mails kommt – auch ich war dem Zwerg mal verfallen, konnte es hinter seiner steil stehenden Frontscheibe kaum erwarten, bis Straßen ihren ersten Knick machten. Dann flog ich mit ihm zur Erholung nach Südtirol, fühlte mich dabei bei jeder Kaffeepause wie auf einem Minitreffen und bekam nach der Reise Kreuzschmerzen.
Im neuen VW Beetle Sport gibt es so was nicht. Stattdessen spüre ich hier neugierige Blicke – auch von Mini-Piloten –, wie sie langsam über den schönen Rücken des ausgefallenen Coupés rutschen. Wie sie das kleine Armaturenbrett entdecken, unter die große Heckklappe huschen und auf der bequemen Rücksitzbank hängen bleiben.
Mini? Das war mal ein echt cooles Gefühl. Heute ist daraus eine Massenplage geworden – nicht zuletzt durch die übermütige Modellpolitik. Für mich ist der VW Beetle Sport auch deshalb eine willkommene Alternative.